Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Eichplatz, Chefgehalt und Objektivität
Im Historischen Rathaus in Jena diskutieren Bürger mit ZDF-Vertretern über das Programm. „MoMa“heute vor Ort
Jena. Die Debatte hat noch gar nicht richtig Fahrt aufgenommen, da liegt eines der ungeliebten Themen aus Jena mitten auf dem Tisch – der Eichplatz.
Im Historischen Rathaus der Stadt diskutieren die stellvertretende ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten, Marlehn Thieme, die Chefin des Fernsehrates des Senders, und Andreas Wunn, Redaktionsleiter des Morgenmagazins (MoMa), mit mehr als 100 Bürgerinnen und Bürgern aus der Stadt. OTZChefredakteur Jörg Riebartsch moderiert die lebhafte Debatte.
Die nimmt ihren Ausgang am Jenaer Eichplatz. Obwohl es eigentlich um das Programm gehen sollte unterstreicht dieser Debattenbeitrag sehr schnell, dass der Bürgerdialog des Morgenmagazins sein Ziel erfüllen kann. Bettina Schausten hatte das damit beschrieben, dass es darum gehe, „Bürger und Politik miteinander ins Gespräch zu bringen“. Darum soll es vor allem heute gehen, wenn das Morgenmagazin aus Jena sendet. Aber das klappt am Montagabend auch schon. Die Frage zum Eichplatz und seiner Zukunft beantwortet Eberhard Hertzsch, der als Sozialdezernent den Jenaer Bürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) vertritt. Hertsch verweist auf Workshops, die in der Vergangenheit zur Bebauung des Platzes stattgefunden hätten und darauf, dass man aus der mangelnden öffentlichen Beteiligung beim zweiten Mal lernen könne.
Es wird nach dem Eichplatz nicht minder emotional, als ein Gast Schausten und Thieme vorwirft, dass man den Chefs des ZDF horrende Gehälter durchgehen lasse. Schausten habe sich, heißt es aus dem Publikum, sogar ein hohes Weihnachtsgeld genehmigt. Die stellvertretende Chefredakteurin pariert passabel und erklärt, dass sie sich natürlich nichts genehmigt habe. Die Gehälter orientieren sich an anderen öffentlichen Berufen. Marlehn Thieme macht deutlich, dass es darum gehe, guten Journalistinnen und Journalisten Anreize zu geben. „Brauchen wir nicht auch im öffentlichen-rechtlichen Rundfunk gute Leute?“, fragt sie und gibt die Antwort, dass die guten Leute nicht ausschließlich zu den privaten Rundfunkanstalten abwandern, gleich mit.
Wer entscheidet, was ins Programm kommt und wie wird die Objektivität sichergestellt? Eine junge Frau, die sich im Freundeskreis darüber beraten hat, was sie fragen soll, fühlt sich mit ihrer Frage bestätigt, als sie einen Einspieler zum Beginn des Abends gesehen hat. Dort, sagt sie, sei schließlich AfD-Chef Alexander Gauland der einzige Politiker gewesen, der etwas sagen durfte. Andreas Wunn sagt: „Das Ringen um Ausgewogenheit findet tagtäglich in der Redaktion statt.“Dass die AfD im ZDF – und insbesondere im Morgenmagazin – häufig vorkommt, sei der Tatsache geschuldet, dass sie Oppositionsführerin im Bundestag ist. Ein Bekenntnis des Redaktionsleiters folgt: „Wir wollen nicht neutral sein. Wir wollen objektiv berichten.“Das bedeute, Themen einzuordnen. Meist geht es auch im ZDF um Berichte zu Dingen, die nicht in Ordnung sind. Was ist eigentlich mit den guten Nachrichten? „Das begleitet mich seit 30 Jahren“, sagt Bettina Schausten. Die Feststellung sei, dass eine Sendung mit „nur guten Nachrichten am Ende niemand mehr schaut“. Andreas Wunn startet sogar eine Gegenrede: „Journalismus, der nicht weh tut, ist PR.“
Heute sendet das Morgenmagazin ab sechs Uhr aus Jena – dabei soll es unter anderem um die Wohnsituation gehen.
Wunn: „Journalismus muss weh tun“