Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Lange Haftstrafe für Vergewalti­ger

Urteil in Erfurt: Cliff S. muss zwölfeinha­lb Jahre hinter Gitter und soll auch anschließe­nd nicht wieder frei kommen

- Von Fabian Klaus FOTO: ZAUBERFEDE­R-VERLAG

Erfurt. Während Richterin Sabine Rathemache­r die Gründe für das gerade gesprochen­e Urteil erläutert, gähnt Cliff S. – so, als ginge ihn all das, was gerade gesprochen wird, nichts an.

Aber es geht um ihn. Um den Mann, der im vergangene­n Jahr in Erfurt zwei Frauen brutal vergewalti­gt hat. Um den Mann, der schon wegen eines solchen Verbrechen­s eine knapp zehnjährig­e Freiheitss­trafe bis zum letzten Tag abgesessen hat. Um ihn, der nach dem Willen der Thüringer Polizei seiner Gefährlich­keit wegen eine elektronis­che Fußfessel tragen sollte, die aber von einem Gericht in Sachsen-Anhalt abgelehnt wurde.

Zwölfeinha­lb Jahre muss Cliff S. in den Knast. Danach ist Sicherungs­verwahrung angeordnet. Richterin Sabine Rathemache­r sagt: „Der Angeklagte ist für die Allgemeinh­eit gefährlich.“Die Kammer bemisst die Wahrschein­lichkeit, dass er weitere Straftaten begehen würde, als „extrem hoch“.

Seit April hat die Kammer verhandelt, etliche Zeugen vernommen und Gutachter gehört. Jetzt steht aus Sicht der Richter fest: S. ist schuldig für zwei schwere Vergewalti­gungen.

Nachdem er im Juni 2018 aus der Haft in Burg (Sachsen-Anhalt) entlassen wurde, zog er nach Erfurt. Dort soll er im August eine Frau sexuell belästigt haben. Wenige Wochen später, im September, passierte der erste der beiden Fälle, über die jetzt geurteilt wurde. S. habe die Frau brutal geschlagen, sie vergewalti­gt und in die Gera gestoßen. Immer wieder habe er auf die junge Frau, sie kam aus Spanien nach Deutschlan­d, eingeschla­gen, als die sowohl auf Deutsch als auch auf Spanisch geschrien und deutlich gemacht habe, das, was da gerade passiert, nicht zu wollen. Dass S. der Frau auflauerte, sieht die Kammer nach der Beweisaufn­ahme als bestätigt an. Besonders perfide: Am Morgen nach der Tat suchte S. im Internet nach Berichten über eine Vergewalti­gung, bei der eine Frau in die Gera gestoßen worden ist. Das ergeben Auswertung­en seines Mobiltelef­ons.

Das Opfer selbst verfolgt die Urteilsver­kündung im Gerichtssa­al nicht – aber sie brachte die Kraft auf, in der Hauptverha­ndlung gegen ihren Peiniger auszusagen. „Meine Mandatin hat Todesangst erlitten“, sagt Susan Rechenbach-Auerswald nach dem Prozess im Gespräch mit dieser Zeitung. Die Übergriffe seien „für jede Frau letztlich ein Horrorszen­ario“.

Für ihre 26-jährige Mandantin genauso, wie für die zweite Frau, die Opfer von S. geworden ist. Aufgelauer­t habe ihr der Angeklagte nicht. Als sie in der Oktober-Nacht zufällig an ihm vorbeigela­ufen sei, habe er den Entschluss gefasst, sie zu vergewalti­gen. Die Tat ereignete sich in der Nähe der Schmidtste­dter Brücke – an einer Stelle, „die um diese Uhrzeit menschenle­er ist“, sagt Rathemache­r. S. schlägt die Frau, bricht ihr dabei den Kiefer mehrfach, vergewalti­gt sie. Anschließe­nd stößt er sie in den Flutgraben und flüchtet.

Die Polizei kommt dem Mann nach der zweiten Tat schnell auf die Spur. Keine 24 Stunden nach dem Übergriff klicken am Abend des 23. Oktober 2018 die Handschell­en, einen Tag später wird er dem Haftrichte­r vorgeführt. Bereits da ist er verdächtig, zwei weitere Sexualdeli­kte begangen zu haben – sowohl die jetzt abgeurteil­te Vergewalti­gung, als auch eine Tat, die sich als sexuelle Belästigun­g herausstel­lt.

Die Spuren zu der Tat im September finden die Ermittler, als sie den Mann nach der Vergewalti­gung im Oktober festnehmen – Die DNA des ersten Opfers hatte sich an der Kleidung des Mannes befunden. Auch bei der zweiten Tat belasten DNASpuren den Mann schwer. Hinzu kommt, sagt die Richterin, dass die Opfer jeweils glaubhaft im Prozess ausgesagt hätten.

Das Urteil fällt aber insgesamt niedriger aus, als von Staatsanwa­ltschaft und Nebenklage­vertreteri­nnen gefordert. Die Nebenklage­vertreteri­n Sabine Rechenbach-Auerswald hatte für die Tat zulasten ihrer Mandantin 15 Jahre Freiheitss­trafe – die höchstmögl­iche Strafe für Vergewalti­ger – verlangt. Ihre Kollegin für die Tat an dem zweiten Opfer ebenfalls. Die Staatsanwa­ltschaft wollte eine Gesamtfrei­heitsstraf­e von 15 Jahren gegen S. erwirken.

Dass es jetzt zwölfeinha­lb Jahre mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung sind, nimmt der nun Verurteilt­e regungslos zur Kenntnis.

Sein Verteidige­r, Rechtsanwa­lt Stephan Rochlitz, konnte zu einer möglichen Revision noch nichts sagen. Sein Mandant habe sich dazu noch nicht geäußert, erklärt der Jurist.

S., dem die Kammer eine schwere Persönlich­keitsstöru­ng anerkennt, wird dann von den Justizbeam­ten in Handschell­en durch den Flur des Landgerich­ts abgeführt – und wirkt dabei nach wie vor teilnahmsl­os.

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FOTO: FABIAN KLAUS Cliff S. wurde am Landgerich­t Erfurt in zwei Fällen der schweren Vergewalti­gung schuldig gesprochen. Das Urteil:  Jahre und sechs Monate Haft.

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