Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Kommunen nehmen Bootsflüchtlinge
Städte- und Gemeindebund unterstützt Vorstoß von Innenminister Seehofer
Berlin.
Horst Seehofer tourt zu den Hotspots von Europas Asylkrise. Erst war der Innenminister auf Malta, zuletzt in der Türkei und Griechenland – und heute geht es für den CSU-Politiker nach Luxemburg. Dort wird sich zeigen, wie viel die Mühen der vergangenen Wochen für Seehofer wert waren. Oder ob sein Plan scheitert, einen europaweiten Verteilungsmechanismus für Geflüchtete zu schaffen, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden.
Vor dem Gespräch der EU-Innenminister zur Verteilung von Bootsflüchtlingen ließ der Minister aber die Erwartungen dämpfen. Die Bundesregierung rechne jetzt noch nicht mit konkreten Beschlüssen zur Verteilung von aus Seenot geretteten Migranten, sagte der Sprecher seines Ministeriums, Steve Alter, am Montag. Das sei schon deshalb nicht möglich, weil das Thema offiziell gar nicht Teil der Tagesordnung des Treffens sei.
Seehofers Sprecher stellte nur klar, dass es dem Innenminister darum gehe, bei seinen Kollegen erst einmal um Unterstützung für die Vereinbarung zu werben, die Deutschland, Frankreich, Italien und Malta im September in der maltesischen Stadt Vittoriosa unterzeichnet hatten.
Unterstützung erhält Seehofer aus Deutschland. Der Städteund Gemeindebund hält die Pläne des Innenministers für sinnvoll, ein Viertel der Geretteten nach Deutschland zu holen und hier über das Asylverfahren zu entscheiden. „Da es sich derzeit um wenige Hundert Flüchtlinge pro Jahr handelt, ist die von Bundesminister Horst Seehofer vorgeschlagene Quote von 25 Prozent durchaus vertretbar“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg unserer Redaktion. „Wenn wir darauf warten, dass alle EU-Mitgliedstaaten von Anfang an dabei sind, wird es auf Jahre keine Lösung geben.“Länder, die sich nicht beteiligen wollten, sollten ihre Solidarität etwa durch stärkeres Engagement beim Schutz der EUAußengrenzen demonstrieren.
Der Malta-Beschluss, den Seehofer im September initiiert hatte, sieht vor, dass Menschen, die aus Seenot gerettet werden, binnen vier Wochen auf die teilnehmenden Staaten verteilt werden. Seehofer selbst hatte vor zwei Wochen noch auf 12 bis 14 Staaten gehofft.
EU-Diplomaten zufolge dürfte diese Zahl längst nicht erreicht werden. Ernsthaftes Interesse haben offenbar nur eine Handvoll Regierungen signalisiert, darunter Luxemburg und Litauen. Polen, Ungarn und Österreich wollen ohnehin keine Migranten aufnehmen. (cu)