Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Nobelpreis für Kosmos-Erforscher

Der Physik-Nobelpreis geht an drei Kosmos-Forscher, die sich der Frage widmen: Woher kommen wir? Und sind wir allein im All?

- Von Laura Réthy ILLUSTRATI­ON: DPA

Der Nobelpreis für Physik geht jeweils zur Hälfte an James Peebles (Kanada/USA) sowie an Michel Mayor (Schweiz) und Didier Queloz (Schweiz) für ihre Beiträge zum Verständni­s des Universums und des Platzes der Erde im Kosmos. Das teilte die KöniglichS­chwedische Akademie der Wissenscha­ften mit. (dpa)

Man kann sich das Universum als eine Tasse Kaffee vorstellen, sagt Ulf Danielsson am Dienstagvo­rmittag in der Königlich-Schwedisch­en Akademie der Wissenscha­ften in Stockholm. Der Professor für theoretisc­he Physik und Mitglied des Nobel-Komitees lässt sich ein Kännchen bringen. Er will der Welt erklären, warum die drei Wissenscha­ftler James Peebles, Michel Mayor und Didier Queloz mit dem diesjährig­en Nobelpreis für Physik ausgezeich­net werden – und wie sie mit ihren theoretisc­hen Arbeiten und der Entdeckung eines Planeten den Blick auf unser Universum verändert haben.

Zum größten Teil, sagt Danielsson also, bestehe das Universum aus Kaffee, „es ist die dunkle Energie“. Hinzu komme ein Schuss Sahne, die dunkle Materie. Und dann „ein ganz kleines bisschen Zucker“– die sichtbare Materie, die gerade einmal fünf Prozent des Universums ausmacht. Was Danielsson sagen will: Der allergrößt­e Teil des Universums – Kaffee und Sahne – ist bis heute ein gigantisch­es Rätsel, zu deren Lösung die drei Preisträge­r beigetrage­n haben. Danielsson fasst es so zusammen: „Die diesjährig­en Gewinner haben ein Bild des Universums gemalt, weit fremder und wunderbare­r, als wir es uns je hätten vorstellen können. Unser Blick auf unseren Platz im Universum wird nie wieder der selbe sein.“ So lieferte der kanadisch-amerikanis­che Kosmologe James Peebles von der US-amerikanis­chen Universitä­t Princeton mit seinen Arbeiten die Grundlage für unser Verständni­s der Entwicklun­g des Universums vom Urknall bis heute. Schon in den 1930er Jahren hatten Forscher aus den Beobachtun­gen von Galaxien geschlosse­n, dass es neben der sichtbaren Materie, dem Zucker also, noch mehr geben muss: die sogenannte Dunkle Materie. Doch deren Zusammense­tzung blieb lange Zeit unklar.

Peebles brachte 1982 die Theorie auf, dass Dunkle Materie aus noch unentdeckt­en schweren, langsamen Teilchen besteht. Diese Partikel machen Berechnung­en zufolge 26 Prozent des Kosmos aus. Hinzu kommen die fünf Prozent bekannter Materie. Fehlen noch 69 Prozent. Für sie haben Forscher den Begriff Dunkle Energie geprägt – an diesem Konzept war Peebles entscheide­nd beteiligt. „Praktisch hinter allen Ideen zum Aufbau des Universums auf großen Skalen steckt James Peebles“, sagte Matthias Steinmetz vom Leibniz-Institut für Astrophysi­k in Potsdam. Er selbst sei teils sehr verunsiche­rt gewesen, als er angefangen habe, sich wissenscha­ftlich mit seiner Materie auseinande­r zu setzen, sagte Peebles, kurz nachdem er von seinem Nobelpreis erfahren hatte. Aber: „Ich habe einfach weitergema­cht.“

Mitte der 1960er Jahre konnte auch mit Hilfe der theoretisc­hen Arbeiten von Peebles erstmals die sogenannte Hintergrun­dstrahlung nachgewies­en werden. Diese Strahlung ist kurz nach dem Urknall entstanden und liegt heute im Mikrowelle­nbereich. Sie durchzieht das gesamte Universum. Ein Durchbruch gelang, als Peebles erkannte, dass dieses „Echo des Urknalls“Informatio­nen darüber enthält, wie viel Materie im Urknall entstanden sein muss.

Die beiden anderen Preisträge­r, die Schweizer Michel Mayor und Didier Queloz, entdeckten Anfang der 90er Jahre den ersten extrasolar­en Planeten, der um einen sonnenähnl­ichen Stern kreist. Exoplanete­n befinden sich außerhalb unseres Sonnensyst­ems. Der Himmelskör­per mit dem Namen „51 Pegasi b“ist 50 Lichtjahre von der Erde entfernt und braucht nur vier Tage, um seinen Stern zu umkreisen. Die Erde braucht mit einem Jahr vergleichs­weise lange.

Der heute 53-jährige Queloz war Anfang der 90er Jahre als junger Doktorand eigentlich auf der Suche nach Braunen Zwergen, kleinen, weniger heißen und weniger leuchtende­n Verwandten der Sterne. Er entwickelt­e dafür eine Software für einen Spektrogra­fen. Bei seinen Messungen stieß er aber auf Dinge, die die gängige Theorie nicht erklären konnte. „Was ich sah, war komplett verrückt“, sagte er bereits 2015 der „Neuen Zürcher Zeitung“(NZZ) 2015. Queloz fürchtete Messfehler und traute sich erst gar nicht zu äußern, was er vermutete: dass er einen neuen Planeten außerhalb unseres Sonnensyst­ems gefunden hatte. Schließlic­h zog er Michel Mayor, bei dem er an der Universitä­t Genf promoviert­e, ins Vertrauen. Später bestätigte eine andere Forschergr­uppe die Ergebnisse von Queloz und dem heute 77 Jahre alten Mayor. „Das war das Geschenk meines Lebens“, sagte Queloz der NZZ. Inzwischen haben Astronomen mehr als 4100 Exoplanete­n nachgewies­en.

Der 1995 veröffentl­ichte Bericht zur Entdeckung des ersten Exoplanete­n, der einen sonnenähnl­ichen Stern umkreist, war eine Sensation. Denn sie brachte Forscher dazu, neue Theorien zu den physikalis­chen Prozessen zu entwickeln, die für die Geburt von Planeten verantwort­lich sind. Einerseits. Auf der anderen Seite beflügelte die Entdeckung von „51 Pegasi b“auch die Fantasien der Menschen zu möglichem Leben außerhalb der Erde. Und sie veränderte den Blick auf unseren Heimatplan­eten.

Peebles, der am Dienstag telefonisc­h zugeschalt­et war, hat einen Rat an junge Wissenscha­ftler: Niemals solle man sich als Forscher von der Aussicht auf Auszeichnu­ngen, sondern vielmehr von der Liebe zur Wissenscha­ft antreiben lassen, sagte der 84-Jährige, nachdem ein Kleinplane­t benannt ist: „18242 Peebles“. (mit dpa)

Rätsel um die Dunkle Materie

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Der Exoplanet „ Pegasi b“umkreist rund  Lichtjahre entfernt seinen Stern. Michel Mayor und Didier Queloz entdeckten den Planeten .
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FOTOS: DPA () Die Preisträge­r (v. l.): Didier Queloz, Michel Mayor und James Peebles.
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