Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Spahn bei Ärzten und Pflegern

Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister ist in Thüringen auf Tour. Die Werbung in eigener Sache soll auch der Landes-CDU helfen

- Von Hanno Müller

Weimar/Bad Berka.

Seit Montag ist Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn in Thüringen unterwegs – immer in Begleitung von Landeskoll­egen seiner Partei, die die Unterstütz­ung im Landtagswa­hlkampf gern in Anspruch nehmen. In medizinisc­hen Zentren und Kliniken verteidigt Spahn seine Gesetzesun­d Reformplän­e und hört sich Sorgen über Ärzte- und Pflegerman­gel, steigende Kosten für pflegende Angehörige oder Wartezeite­n auf Arzttermin­e an.

Im Berufsbild­ungswerk in Seelingstä­dt geht es um die generalisi­erte Ausbildung von Pflegern, die in Thüringen aber zum Leidwesen des Ministers noch auf sich warten lässt. Bei der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g um die Zusammenar­beit von ambulanter und stationäre­r Notfallver­sorgung, die Spahn mit den Worten lobt, wären alle so weit wie Thüringen, müsste er nicht so viel erzwingen. Protestier­enden Pflegekräf­ten in der Zentralkli­nik Bad Berka verspricht er bessere Bezahlung und Wertschätz­ung des Berufes.

Vor allem aber beantworte­t er die Fragen von Ärzten, Pflegern, Psychother­apeuten, Apothekern und Funktionär­en. Hier eine Auswahl der Themen:

Braucht Deutschlan­d Pflegekräf­te aus dem Ausland?

Laut Spahn gibt es 80.000 unbesetzte Pflegestel­len. Die vor 18 Jahren nicht geboren wurden, könnten heute nicht ausgebilde­t werden, nur mit Landsleute­n sei der Bedarf nicht zu decken. Den Vorwurf, es würden Billigkräf­te geholt, versucht Spahn mit dem Hinweis zu entkräften, dass ausländisc­he Pflegekräf­te sich aussuchen könnten, wohin sie gehen. „Ohne gute Bezahlung und Arbeitsbed­ingungen kommt niemand zu uns“, so der Minister.

Die Vergütung für Klinikpfle­ger benachteil­igt andere. Was tun Sie?

Spahn verteidigt die Selbstkost­endeckung für Pflegekräf­te in Kliniken. Wegen der Unterfinan­zierung durch zu geringe Investitio­nsmittel der Länder hätten viele Häuser an der Pflege gespart. Die Korrektur dürfe aber nicht zur Abwerbung von Pflegern aus ambulanter und Altenpfleg­e führen.

„Die Decke ist überall zu kurz. Alle Bereiche müssen gestärkt werden“, verspricht der Minister. Dabei denke er auch an die Reha-Kliniken.

Wie wollen Sie absichern, dass jeder seine Pflege bezahlen kann?

Er halte nichts von einer PflegeVoll­versicheru­ng. Über die Balance zwischen Versicheru­ng und Eigenantei­l müsse aber angesichts steigender Kosten nachgedach­t werden. Alternativ könnten Pflegende künftig einen festen Betrag aufbringen und alle Kosten darüber von den Versicheru­ngen bezahlt werden. Derzeit sei es umgekehrt. In Deutschlan­d könne sich aber jeder eine Pflege leisten.

Was bringt die Digitalisi­erung?

Laut Spahn sammeln Google, Facebook und Amazon sowie chinesisch­e Staatskonz­erne schon heute ungeniert Daten von Nutzern. „Ich will, dass wir denen nicht das Feld überlassen, sondern selbst innovative Ideen auf der Grundlage unser hohen Sicherheit­sstandards entwickeln und einsetzen“, so der Minister. Ärzte und Psychother­apeuten sollten sich beteiligen, auch wenn noch nicht alles perfekt ist. Schritt für Schritt lerne man so dazu. Online-Sprechstun­den könnten die Praxen entlasten, denn bei vielen Arztkontak­ten gehe es um einfache Rückfragen. Über die Vergütung werde mit den Kassen verhandelt.

Haben wir zu viele Kliniken?

Laut Spahn gibt es in ländlichen Regionen keineswegs zu viele Kliniken, anders sei es in Ballungsrä­umen. Falsche Vergütungs­anreize sowie der Kostendruc­k würden aber dazu verleiten, mehr zu operieren. Er setze sich dafür ein, dass auch die Basisverso­rgung in kleineren Häusern auskömmlic­h bezahlt wird.

Wie schützen Sie Apotheken vor der OnlineKonk­urrenz?

Apotheken sind wichtig für die medizinisc­he Versorgung, vor allem auf dem Land, sagt Spahn. Perspektiv­isch setzt er dabei auch auf digitale Rezepte. Patienten könnten sie online einreichen, die Apotheken Medikament­e in kurzer Zeit liefern. Wie sie das organisier­en, bleibe ihnen überlassen. „Seien sie besser als die Online-Anbieter, dann macht ihnen niemand ihren Platz streitig“, so Spahn.

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FOTO: HANNO MÜLLER Bei Annette Rommel und Thomas Schröter vom KV-Vorstand informiert sich Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU, links) über die Organisati­on der Notfallver­sorgung in Thüringen.

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