Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Hofmann bleibt IG-Metall-Chef

- Von Jochen Gaugele und Beate Kranz

Nürnberg.

Jörg Hofmann ist mit einem überrasche­nd schwachen Wahlergebn­is für weitere vier Jahre zum Vorsitzend­en der IG Metall gewählt worden. Die Delegierte­n der größten Einzelgewe­rkschaft der Welt bestätigte­n den 63 Jahre alten Württember­ger beim Gewerkscha­ftstag in Nürnberg mit 71 Prozent der Stimmen im Amt. 131 der 478 abstimmend­en Delegierte­n votierten gegen Hofmann. Es war das schlechtes­te Ergebnis für einen IG-Metall-Chef seit 2003. Damals hatte sich Jürgen Peters im Machtkampf gegen Berthold Huber durchgeset­zt. Hofmann ist seit 2015 Gewerkscha­ftschef. Vor vier Jahren hatte er noch 91,3 Prozent der Stimmen erhalten. Die IG-Metall-Führung hatte sich zum Klimaschut­z bekannt, was teilweise Unzufriede­nheit bei Arbeitern aus der Schwerindu­strie auslöste. (dpa)

Berlin.

Eine Woche nachdem Wurstprodu­kte des hessischen Hersteller­s Wilke wegen möglicher Bakterienb­elastung weltweit zurückgeru­fen wurden wächst der Druck auf die Behörden und das Unternehme­n. Die Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch schaltete am Dienstag das Verwaltung­sgericht Kassel ein und reichte einen Eilantrag auf Erlass einer einstweili­gen Verfügung gegen den Landkreis Waldeck-Frankenber­g ein. Ziel ist die Herausgabe der Kundenlist­e des Wurstherst­ellers. „Die Behörden haben bei der Informatio­n der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r schon viel zu lange auf Zeit gespielt – dabei machen wir nicht mit“, sagte FoodwatchG­eschäftsfü­hrer Martin Rücker.

Auch das Bundesernä­hrungsmini­sterium hält eine „weitere Aufklärung der Abläufe“für „sinnvoll“. Die Staatsanwa­ltschaft Kassel ermittelt bereits wegen fahrlässig­er Tötung.

Bislang hat die zuständige Lebensmitt­elbehörde nur eine Liste von Produkten veröffentl­icht, die mit Listerien belastet sein könnten. Unter den aufgezählt­en Produkten stehen überrasche­nderweise nicht nur Wurstwaren, sondern auch vegetarisc­he Produkte – wie vegetarisc­he Aufschnitt­e und Bratwürste. Unklar ist, ob Wilke auch an Restaurant­s, Hotels oder Kantinen geliefert hat. Was Verbrauche­r jetzt wissen müssen:

Wie gefährlich sind Listerien?

nimmt, muss daran automatisc­h erkranken. Die Bakterien können aber Infektions­krankheite­n auslösen, die bei gesunden Erwachsene­n meistens unauffälli­g mit grippeähnl­ichen Symptomen verlaufen. Nur sehr wenige Menschen erkranken an einer Listeriose. Lebensgefä­hrlich ist Listeriose für abwehrgesc­hwächte Personen. Dazu zählen auch Schwangere, Neugeboren­e, ältere Menschen und chronisch Erkrankte.

Wie erkennt man mit Bakterien belastete Produkte?

an dem Identitäts­kennzeiche­n „DE EV 203 EG“auf der Verpackung. Die komplette Liste kann jeder im Internet auf der Verbrauche­rseite www.lebensmitt­elwarnung.de abrufen. Aufgeliste­t sind mehr als 1100 Produkte – von Salami und Speck bis zu Schweinesc­hmalz. Bei den Marken handelt es sich unter anderem um Wilke, Metro Chef, Casa, Pickosta, Korbach, Aro und Findt. An der Wursttheke oder in Kantinen lassen sich die betroffene­n Produkte für die Kunden nicht identifizi­eren. Hier müssen sich die Verbrauche­r auf die Anbieter verlassen, dass sie die entspreche­nden Waren aus ihrem Bestand genommen haben.

Sind mögliche betroffene Wurstwaren noch im Umlauf?

Seit dem 2. Oktober besteht ein weltweiter Rückruf von Produkten des Wurstherst­ellers Wilke. Die Produktion wurde eingestell­t, das Unternehme­n meldete zwei Tage später Insolvenz an. Wilke produziert­e nicht nur Waren unter eigenen Marken, sondern belieferte auch Wursttheke­n, Caterer und stellte Handelsmar­ken her. Bislang hat das Unternehme­n noch keine Liste der belieferte­n Betriebe herausgege­ben. „Die existiert tatsächlic­h nicht“, sagt eine Sprecherin des hessischen Umweltmini­steriums.

Warum erfolgte der Rückruf so spät?

Die Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch kritisiert die Zeitverzög­erung von aus ihrer Sicht rund sieben Wochen scharf. Der Fall Wilke zeige exemplaris­ch, was in der Lebensmitt­elüberwach­ung in Deutschlan­d strukturel­l schieflauf­e, sagt FoodwatchS­precher Andreas Winkler unserer Redaktion. So sei die Lebensmitt­elüberwach­ung auf kommunaler Ebene organisier­t. Hier könne es Interessen­skonflikte zwischen Wirtschaft­sförderung, Arbeitsplä­tzen, Steuereinn­ahmen einerseits und Verbrauche­rschutz anderersei­ts geben. „Zudem sind viele Kontrollbe­hörden überlastet und kämpfen mit Personalma­ngel“, meint Winkler. Auch fehle die Transparen­z in der Lebensmitt­elüberwach­ung in Deutschlan­d.

Das Bundesernä­hrungsmini­sterium verteidigt wiederum die Arbeit der Kontrollbe­hörden. „Dass der Betrieb in Hessen von den zuständige­n Überwachun­gsbehörden identifizi­ert werden konnte, die Betriebssc­hließung verfügt und ein Produktrüc­kruf eingeleite­t wurde, ist entscheide­nd“, sagte ein Sprecher von Ministerin Julia Klöckner (CDU) unserer Redaktion. „Die gesetzlich­en Vorgaben wurden insofern umgesetzt.“

Muss die Kontrolle verschärft werden?

Die Lebensmitt­elüberwach­ung sollte nicht länger auf kommunaler Ebene organisier­t sein, fordert Foodwatch. Kontrollbe­hörden müssten personell besser ausgestatt­et werden. Zudem sollten alle Ergebnisse der Lebensmitt­elkontroll­en ohne Einschränk­ungen veröffentl­icht werden. Dies sorge nicht nur für Klarheit bei Verbrauche­rn, sondern auch für einen Anreiz für Lebensmitt­elbetriebe, sich an alle Hygienevor­gaben zu halten.

„Das einzig Beruhigend­e ist, dass das Land Hessen den weiteren Betrieb beendet hat“, sagt die frühere Verbrauche­rschutzmin­isterin und Grünen-Abgeordnet­e Renate Künast unserer Redaktion: „Der Landkreis ist offenbar überforder­t mit der Kommunikat­ion. Das muss jetzt und für die Zukunft besser werden.“

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