Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Seenotrettung: EU-Staaten erteilen Seehofer eine Abfuhr
Bei einem EU-Innenministertreffen schloss sich kein Staat seinem festen Verteilmechanismus an
Luxemburg.
Schwerer Dämpfer für Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei seinem umstrittenen Plan für die Seenotrettung von Migranten im Mittelmeer: Das mit Frankreich, Italien und Malta vor zwei Wochen vereinbarte Vorhaben zur Aufnahme der Flüchtlinge wird von anderen EU-Staaten vorerst nicht unterstützt.
Obwohl Seehofer bei einem Treffen der EU-Innenminister am Dienstag in Luxemburg nachdrücklich für den Plan warb, erhielt er keine einzige verbindliche Zusage – dabei hatte Seehofer bei der Grundsatzeinigung vor zwei Wochen davon gesprochen, dass zwölf bis 14 Länder mitziehen und ebenfalls Bootsflüchtlinge aufnehmen würden. Ungarn, Polen, Tschechien, die Slowakei und Österreich hatten eine Beteiligung schon aus grundsätzlichen Bedenken abgelehnt. Die stärker vom Flüchtlingsstrom betroffenen Länder Griechenland, Zypern und Bulgarien forderten in einer gemeinsamen Erklärung, eine Lösung müsse allen Mittelmeerländern zugute kommen, nicht nur Italien und Malta.
Der Innenminister hat jedoch bereits zugesagt, dass Deutschland jeden vierten Bootsflüchtling aufnimmt, der auf der zentralen Mittelmeerroute gerettet wird; Frankreich will offenbar einen ähnlich hohen Anteil übernehmen. Dies ist Teil der Übergangslösung, die verhindern soll, dass Rettungsschiffe mit Flüchtlingen oft wochenlang im Mittelmeer herumirren, weil sie nirgends anlanden dürfen. Wie die Vereinbarung nun angesichts der Weigerung anderer EU-Staaten umgesetzt werden kann, soll bei einer von der EU-Kommission ausgerichteten Konferenz am Freitag ausgelotet werden.
Seehofer spielte den Misserfolg herunter und sagte, er sei mit den Beratungen „zufrieden“. Die Vereinbarung der vier Staaten habe auch so Bestand. Kritik an der Vereinbarung, wie sie unter anderem in der UnionsBundestagsfraktion laut geworden war, wies Seehofer scharf zurück: Deutschland habe in den vergangenen 14 Monaten 225 Bootsflüchtlinge aufgenommen – angesichts solcher Größenordnungen sei die Debatte „beschämend“und „schräg“. Sollten andererseits aus hunderten Bootsflüchtlingen tausende werden, „kann ich erklären, dass wir den Notfallmechanismus beenden.
Seehofer ging sogar so weit, die Übergangslösung als Blaupause für eine große Reform des EU-Asylrechts zu loben. Bei dem Plan handele es sich um ein „Modell“und ein „Pilotprojekt“für eine gemeinsame große Asylreform in Europa.
Dem widersprach Unionsfraktionsvize Thorsten Frei: Der Notfallmechanismus könne nicht das Modell für ein gemeinsames europäisches Asylsystem sein, sagte Frei im Deutschlandfunk. Es wäre nicht richtig, alle Ankommenden in Europa zu verteilen, ohne zunächst zu prüfen, ob sie eine Bleibeperspektive hätten.