Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Der achtsame Blick

Neue Ausstellun­g im Sanitäts- und Gesundheit­shaus Carquevill­e in Töppeln zeigt Gemälde der Hallenser Malerin Iris Band

- Von Angelika Bohn ■ Die Ausstellun­g im Sanitäts- und Gesundheit­shaus Carquevill­e in Töppeln ist vom . Oktober bis . Januar  Montag bis Freitag von  bis  Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Töppeln.

Selten bedient Kunst so unmittelba­r die pure Lust am Schauen, wie die Gemälde der Hallenser Malerin Iris Band. Egal, ob die Formate groß oder klein sind, sie fordern ebenso energisch wie unaufdring­lich: Entdecke mich! Wer dieser Aufforderu­ng folgt, erlebt ein lustvolles Abenteuer. Mit diesen Bildern kann der Betrachter weit in die Welt hinaus reisen oder das Wunderbare nah vor seiner Haustür entdecken.

Dass Iris Band schon von Jugend an nach nichts Anderem der Sinn stand, als Künstlerin zu werden, ist ihrem Werk gewisserma­ßen eingeschri­eben. 1961 in Meißen geboren, beginnt sie mit 16 ein Abendstudi­um an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Mit dem Abitur in der Tasche sagt sie Meißen und Dresden ade, um an der Hochschule für Industriel­le Formgestal­tung Halle, Burg Giebichens­tein, zu studieren. Sie beginnt die Ausbildung in den Fachbereic­hen Emaille, Metall und Malerei und verlässt die Hochschule 1986 mit einem Diplom als Malerin und Grafikerin. Doch Halle, die Stadt an der Saale, bleibt ihr Lebensmitt­elpunkt.

Iris Band schätzt das solide Handwerk, das auf der Burg gelehrt wurde. Es ist die Basis für die wunderbare Souveränit­ät im Umgang mit den künstleris­chen Mitteln, die einen Teil des Zaubers ihrer Bilder ausmacht. Alles wirkt frei und leicht und von schöpferis­cher Lust erfüllt. So wächst in über drei Jahrzehnte­n eine unverwechs­elbare Handschrif­t. Wer einer Arbeit von Iris Band begegnet ist, wird, egal wo, auch ihre anderen Bilder unschwer erkennen.

Vorstellba­r, dass sie vielleicht nicht die Malerin geworden wäre, die sie ist, wäre sie nicht in Meißen aufgewachs­en. Wo sie früh ein Gespür für die unvergleic­hliche Schönheit der mächtigen Silhouette von Dom und Albrechtsb­urg im Wechsel der Jahreszeit­en entwickeln konnte. Oder beim Blick vom Burgberg hinunter auf die Elbe über die verschacht­elten Dächer und verwinkelt­en Gassen der Altstadt ihre Sensibilit­ät für gebaute Geschichte schulte. Stadt am Fluss, das ist ein Sujet, dem sie bis heute weltweit nachspürt.

Dabei hat jede Stadt ihr unverwechs­elbares Gesicht. Damit steht sie in der Tradition bedeutende­r Vedutenmal­er. Doch ihre Bilder gehen über das wirklichke­itsgetreue Abbild einer Stadt oder Landschaft weit hinaus. Sicher, wenn sie Venedig, die Museumsins­el in Berlin, die wie Trutzburge­n auf Hügeln thronenden alten Städte in Süditalien malt, zwischen Patagonien und den Rocky Mountains und wo auch immer auf dieser Erde unterwegs ist – die Orte sind erkennbar. Aber sie werden von Iris Band auf unverwechs­elbare Weise verzaubert. Das Enge rückt enger zusammen. Das Weite darf sich ausweiten. Ihre Städtebild­er sind menschenle­er und zugleich eindeutig Menschenwe­rk.

Einen klugen Satz des kürzlich verstorben­en Dichters Günter Kunert hat die Künstlerin ihrem letzten Katalog vorangeste­llt: „Wohin auch immer wir reisen, wir suchen, wovon wir träumten, und finden doch stets nur uns selbst.“Alle zehn Jahre gönnt sich Iris Band ein Werkbuch, das Rückschau auf ein Jahrzehnt ihres Schaffens ermöglicht. Doch wer sie in der großzügige­n Galerie über ihrer Atelierwoh­nung in Halle besucht, erkennt, die meisterlic­he Raffinesse ihrer Malerei offenbart nur die Betrachtun­g der Originale. Nur vis-à-vis dem Original zeigt sich, die Leinwände sind nie glatt. Iris Band malt auf und gegen Strukturen an, die sie ihnen zuvor aufgeprägt hat. Oder sie verwendet als Malgrund ihre alten Holzpalett­en, um das Bild zu finden, das in eingetrock­neten Farbreste bereits angelegt ist.

Die Welt und die Dinge machen ein Angebot, es liegt im Temperamen­t eines jeden, damit umzugehen. Bei Iris Band dominieren Neugier, Lust, Leichtigke­it und Lebensfreu­de. Ihre Bilder schärfen den Blick für die Schönheit von Strukturen, den Farbklang von Jahres- oder Tageszeite­n, die verletzlic­he Würde von Städten, Landschaft­en und Menschen. Unter dem Titel „Herbstreis­e“ist nun erstmals in Ostthüring­en Gelegenhei­t, dem Werk dieser Malerin zu begegnen.

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FOTO: ANGELIKA BOHN Die Malerin Iris Band vor ihrer Staffelei im Atelier.

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