Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Der achtsame Blick
Neue Ausstellung im Sanitäts- und Gesundheitshaus Carqueville in Töppeln zeigt Gemälde der Hallenser Malerin Iris Band
Töppeln.
Selten bedient Kunst so unmittelbar die pure Lust am Schauen, wie die Gemälde der Hallenser Malerin Iris Band. Egal, ob die Formate groß oder klein sind, sie fordern ebenso energisch wie unaufdringlich: Entdecke mich! Wer dieser Aufforderung folgt, erlebt ein lustvolles Abenteuer. Mit diesen Bildern kann der Betrachter weit in die Welt hinaus reisen oder das Wunderbare nah vor seiner Haustür entdecken.
Dass Iris Band schon von Jugend an nach nichts Anderem der Sinn stand, als Künstlerin zu werden, ist ihrem Werk gewissermaßen eingeschrieben. 1961 in Meißen geboren, beginnt sie mit 16 ein Abendstudium an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Mit dem Abitur in der Tasche sagt sie Meißen und Dresden ade, um an der Hochschule für Industrielle Formgestaltung Halle, Burg Giebichenstein, zu studieren. Sie beginnt die Ausbildung in den Fachbereichen Emaille, Metall und Malerei und verlässt die Hochschule 1986 mit einem Diplom als Malerin und Grafikerin. Doch Halle, die Stadt an der Saale, bleibt ihr Lebensmittelpunkt.
Iris Band schätzt das solide Handwerk, das auf der Burg gelehrt wurde. Es ist die Basis für die wunderbare Souveränität im Umgang mit den künstlerischen Mitteln, die einen Teil des Zaubers ihrer Bilder ausmacht. Alles wirkt frei und leicht und von schöpferischer Lust erfüllt. So wächst in über drei Jahrzehnten eine unverwechselbare Handschrift. Wer einer Arbeit von Iris Band begegnet ist, wird, egal wo, auch ihre anderen Bilder unschwer erkennen.
Vorstellbar, dass sie vielleicht nicht die Malerin geworden wäre, die sie ist, wäre sie nicht in Meißen aufgewachsen. Wo sie früh ein Gespür für die unvergleichliche Schönheit der mächtigen Silhouette von Dom und Albrechtsburg im Wechsel der Jahreszeiten entwickeln konnte. Oder beim Blick vom Burgberg hinunter auf die Elbe über die verschachtelten Dächer und verwinkelten Gassen der Altstadt ihre Sensibilität für gebaute Geschichte schulte. Stadt am Fluss, das ist ein Sujet, dem sie bis heute weltweit nachspürt.
Dabei hat jede Stadt ihr unverwechselbares Gesicht. Damit steht sie in der Tradition bedeutender Vedutenmaler. Doch ihre Bilder gehen über das wirklichkeitsgetreue Abbild einer Stadt oder Landschaft weit hinaus. Sicher, wenn sie Venedig, die Museumsinsel in Berlin, die wie Trutzburgen auf Hügeln thronenden alten Städte in Süditalien malt, zwischen Patagonien und den Rocky Mountains und wo auch immer auf dieser Erde unterwegs ist – die Orte sind erkennbar. Aber sie werden von Iris Band auf unverwechselbare Weise verzaubert. Das Enge rückt enger zusammen. Das Weite darf sich ausweiten. Ihre Städtebilder sind menschenleer und zugleich eindeutig Menschenwerk.
Einen klugen Satz des kürzlich verstorbenen Dichters Günter Kunert hat die Künstlerin ihrem letzten Katalog vorangestellt: „Wohin auch immer wir reisen, wir suchen, wovon wir träumten, und finden doch stets nur uns selbst.“Alle zehn Jahre gönnt sich Iris Band ein Werkbuch, das Rückschau auf ein Jahrzehnt ihres Schaffens ermöglicht. Doch wer sie in der großzügigen Galerie über ihrer Atelierwohnung in Halle besucht, erkennt, die meisterliche Raffinesse ihrer Malerei offenbart nur die Betrachtung der Originale. Nur vis-à-vis dem Original zeigt sich, die Leinwände sind nie glatt. Iris Band malt auf und gegen Strukturen an, die sie ihnen zuvor aufgeprägt hat. Oder sie verwendet als Malgrund ihre alten Holzpaletten, um das Bild zu finden, das in eingetrockneten Farbreste bereits angelegt ist.
Die Welt und die Dinge machen ein Angebot, es liegt im Temperament eines jeden, damit umzugehen. Bei Iris Band dominieren Neugier, Lust, Leichtigkeit und Lebensfreude. Ihre Bilder schärfen den Blick für die Schönheit von Strukturen, den Farbklang von Jahres- oder Tageszeiten, die verletzliche Würde von Städten, Landschaften und Menschen. Unter dem Titel „Herbstreise“ist nun erstmals in Ostthüringen Gelegenheit, dem Werk dieser Malerin zu begegnen.