Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Lkw gekapert: Rätsel um das Motiv
Ein Syrer () hat in Limburg einen Lastwagen gestohlen und ist damit in mehrere Fahrzeuge gefahren
Berlin/Limburg. Es ist 17.20 Uhr am Montag, als ein Mann am Steuer eines großen weißen Lastwagens in eine Reihe stehender Autos rammt. Fotos vom Tatort zeigen mehrere Autos zusammengedrückt, manche leicht beschädigt, andere schwerer.
Es sind Bilder, die zumindest vom Tathergang an das islamistische Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 erinnern. Der Islamist Anis Amri raste mit einem gestohlenen Lastwagen in die Menge auf dem Breitscheidplatz. Zwölf Menschen starben.
Gestern früh melden erste Medien auch im Fall Limburg, dass die Ermittlungsbehörden von einem Terroranschlag ausgehen. Nach Informationen unserer Redaktion zeigen sich die Ermittler am Montagnachmittag deutlich vorsichtiger. In einer Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft in Hessen heißt es: „Insbesondere zum Tatmotiv können derzeit noch keine Angaben gemacht werden; es wird in alle Richtungen ermittelt.“Das heißt: Der Fall in Limburg kann am Ende der Ermittlungen auch als Amokfahrt gewertet werden.
Die Polizei durchsuchte die Wohnung des mutmaßlichen Täters. Nach Informationen unserer Redaktion konnte eine zumindest erste grobe Sichtung der Beweismittel des mutmaßlichen Täters durch die Polizei keine Hinweise auf ein politisches Motiv der Tat ergeben. Allerdings stehen hier die Auswertungen erst am Anfang, gerade technische Analysen von Datenträgern und Handyservern sind aufwendig. In früheren Fällen von Terrorismus entdeckten die Beamten oftmals Terror-Propaganda – auch waren die Täter in einschlägigen Islamisten-Foren im Internet aktiv.
Bei dem Fahrer soll es sich um einen 32 Jahre alten Mann handeln. Er ist syrischer Staatsbürger und nach Informationen des „Spiegels“Ende 2015 nach Deutschland geflohen. Es sind Angaben, die sich mit Recherchen unserer Redaktion decken. Der Mann war der Polizei wegen mehrerer Delikte bekannt, darunter gefährliche Körperverletzung, Drogenbesitz und Ladendiebstahl – jedoch fiel er den Behörden bisher nicht als Extremist auf. Sein Asylstatus soll laut Medienberichten Anfang Oktober ausgelaufen sein – allerdings wäre eine Verlängerung als Syrer wohl möglich gewesen.
Die Frankfurter Staatsanwälte ermitteln wegen versuchter Tötung. Laut Polizei hatte der Mann, der an dem Tag offenbar in Begleitung seines Cousins in Limburg unterwegs gewesen ist, den Lastwagen kurz vor der Tat gestohlen. Medienberichten zufolge hat der eigentliche Fahrer berichtet, wie er von einem Mann aus dem Fahrzeug gezerrt worden sei. Bis zum Tatort waren es dann nur wenige Hundert Meter, auf denen der mutmaßliche Täter den Lastwagen beschleunigt haben soll.
Zeugen berichteten, dass der Mann „Allah“gerufen habe. Der Ausruf „Allah“ist jedoch nur begrenzt politisch zu bewerten. Anders wäre es bei dem Ausruf „Allahu akbar“, „Gott ist der Größte“, den in der Vergangenheit auch Dschihadisten ausdrücklich als eine Art Kampfbegriff übernommen haben.
Acht Menschen wurden laut Polizei leicht verletzt, auch der Täter selbst. Vor allem eines schien der Polizei aufgefallen zu sein: Der Mann soll einen „verwirrten Eindruck“gemacht haben – und sich bei der Festnahme stark gewehrt haben.
Die ermittelt wegen versuchter Tötung