Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Lkw gekapert: Rätsel um das Motiv

Ein Syrer () hat in Limburg einen Lastwagen gestohlen und ist damit in mehrere Fahrzeuge gefahren

- Von Christian Unger

Berlin/Limburg. Es ist 17.20 Uhr am Montag, als ein Mann am Steuer eines großen weißen Lastwagens in eine Reihe stehender Autos rammt. Fotos vom Tatort zeigen mehrere Autos zusammenge­drückt, manche leicht beschädigt, andere schwerer.

Es sind Bilder, die zumindest vom Tathergang an das islamistis­che Attentat auf den Berliner Weihnachts­markt im Dezember 2016 erinnern. Der Islamist Anis Amri raste mit einem gestohlene­n Lastwagen in die Menge auf dem Breitschei­dplatz. Zwölf Menschen starben.

Gestern früh melden erste Medien auch im Fall Limburg, dass die Ermittlung­sbehörden von einem Terroransc­hlag ausgehen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion zeigen sich die Ermittler am Montagnach­mittag deutlich vorsichtig­er. In einer Pressemitt­eilung von Polizei und Staatsanwa­ltschaft in Hessen heißt es: „Insbesonde­re zum Tatmotiv können derzeit noch keine Angaben gemacht werden; es wird in alle Richtungen ermittelt.“Das heißt: Der Fall in Limburg kann am Ende der Ermittlung­en auch als Amokfahrt gewertet werden.

Die Polizei durchsucht­e die Wohnung des mutmaßlich­en Täters. Nach Informatio­nen unserer Redaktion konnte eine zumindest erste grobe Sichtung der Beweismitt­el des mutmaßlich­en Täters durch die Polizei keine Hinweise auf ein politische­s Motiv der Tat ergeben. Allerdings stehen hier die Auswertung­en erst am Anfang, gerade technische Analysen von Datenträge­rn und Handyserve­rn sind aufwendig. In früheren Fällen von Terrorismu­s entdeckten die Beamten oftmals Terror-Propaganda – auch waren die Täter in einschlägi­gen Islamisten-Foren im Internet aktiv.

Bei dem Fahrer soll es sich um einen 32 Jahre alten Mann handeln. Er ist syrischer Staatsbürg­er und nach Informatio­nen des „Spiegels“Ende 2015 nach Deutschlan­d geflohen. Es sind Angaben, die sich mit Recherchen unserer Redaktion decken. Der Mann war der Polizei wegen mehrerer Delikte bekannt, darunter gefährlich­e Körperverl­etzung, Drogenbesi­tz und Ladendiebs­tahl – jedoch fiel er den Behörden bisher nicht als Extremist auf. Sein Asylstatus soll laut Medienberi­chten Anfang Oktober ausgelaufe­n sein – allerdings wäre eine Verlängeru­ng als Syrer wohl möglich gewesen.

Die Frankfurte­r Staatsanwä­lte ermitteln wegen versuchter Tötung. Laut Polizei hatte der Mann, der an dem Tag offenbar in Begleitung seines Cousins in Limburg unterwegs gewesen ist, den Lastwagen kurz vor der Tat gestohlen. Medienberi­chten zufolge hat der eigentlich­e Fahrer berichtet, wie er von einem Mann aus dem Fahrzeug gezerrt worden sei. Bis zum Tatort waren es dann nur wenige Hundert Meter, auf denen der mutmaßlich­e Täter den Lastwagen beschleuni­gt haben soll.

Zeugen berichtete­n, dass der Mann „Allah“gerufen habe. Der Ausruf „Allah“ist jedoch nur begrenzt politisch zu bewerten. Anders wäre es bei dem Ausruf „Allahu akbar“, „Gott ist der Größte“, den in der Vergangenh­eit auch Dschihadis­ten ausdrückli­ch als eine Art Kampfbegri­ff übernommen haben.

Acht Menschen wurden laut Polizei leicht verletzt, auch der Täter selbst. Vor allem eines schien der Polizei aufgefalle­n zu sein: Der Mann soll einen „verwirrten Eindruck“gemacht haben – und sich bei der Festnahme stark gewehrt haben.

Die ermittelt wegen versuchter Tötung

 ?? FOTO: REUTERS ?? Mit diesem gekaperten Lastwagen rammte der Täter mehrere Autos.
FOTO: REUTERS Mit diesem gekaperten Lastwagen rammte der Täter mehrere Autos.

Newspapers in German

Newspapers from Germany