Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Praktische Prüfung mit Eins bestanden
Karim Afzali arbeitet seit September als Maschinen- und Anlagenführer bei Kaeser Kompressoren in Gera
Gera.
Metall in seinen Händen scheint zu schmelzen. Er mag das Arbeiten mit diesem Werkstoff an modernen Maschinen. Und Montieren sei sein Ding.
Karim Afzali gehört seit 1. September dieses Jahres zum Team im Produktionszentrum Kältetrockner bei Kaeser. Dort verschraubt und vernietet er Einzelteile und Baugruppen oder formt sie unter anderem um.
„Vor zwei Jahren hat Karim bei uns angefangen“, berichtet Ronald Werner, Lehrausbilder für Maschinen- und Anlageführer. „Vorher machte er ein zweiwöchiges Praktikum und überzeugte uns. Und dann konzentrierte er sich voll auf seine Ausbildung.“Er lernte zum Beispiel Meißeln, Bohren, Gewindeschneiden, Drehen. In der praktischen Zwischenprüfung war er der Beste seines Lehrgangs.
Anfangs zeigte sich Karim Afzali verschlossen. „Nun ja“, meint der junge Afghane. „Ich wollte doch alles schaffen. Besonders bei Textaufgaben musste ich mich sehr konzentrieren“, blickt er zurück. Längst lacht und scherzt der 22-Jährige. Seine Freundlichkeit und Pünktlichkeit werden geschätzt. „Bei Kritik bedankte er sich sogar“, erzählt Ronald Werner. Am 28. August war die praktische Abschlussprüfung mit anschließendem Gespräch. Karim Afzali musste Bauteile aus Messing drehen und fräsen. „Ich erwarte eine zwei“, sagte damals Werner. Es ist die Note 1 geworden. Abgeschlossen habe er die Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer mit Drei wegen der Theorie. „Aber Karim wird seinen Weg gehen“, ist er sich sicher.
Afzali wollte in seinem Land studieren. „Politik war mein Traum. Elf Jahre bin ich zur Schule gegangen. Ich habe mit meinen Eltern und Geschwistern in der Nähe von Kabul gewohnt.“Der Krieg zerstörte jede Lebensplanung. Er wollte nur weg, egal wohin. Mit seinem jüngeren Bruder floh er. Sie landeten 2015 in Deutschland. München war die erste Station. In der bayerischen Landeshauptstadt trennten sich ihre Wege. Der kleinere Bruder lernt dort Elektriker.
In Gera endete Karims Weg. Der sprachbegabte junge Mann brachte sich über YouTube Deutsch bei. „Es ist mir schwergefallen im Vergleich zu Englisch. Ich brauchte es doch um weiterzukommen.“Sein starker Wille und seine Leistungen zahlten sich aus. So konnte Afzali schnell ins Berufsvorbereitungsjahr wechseln und beendete es mit dem Hauptschulabschluss. Einen Ansprechpartner fand er in Silke Raschke, Beraterin für berufliche Integration ausländischer Fach- und Arbeitskräfte bei der IHK Ostthüringen. „Sie hat mich beim Schreiben der Bewerbungen unterstützt und begleitete mich beim Vorstellungsgespräch bei Kaeser.“„Karim ist unwahrscheinlich ehrgeizig und zielstrebig. Er weiß genau, was er will. Da es in der Gemeinschaftsunterkunft sehr laut war, wurde ihm das Lernen erschwert. Wir kämpften um eine Sozialwohnung.“Nur ein paar Kleinigkeiten fehlen noch. „Dekoration“, führt er auf. „Ein schönes Wort. Lustig klingt Mahlzeit. So etwas sagt man bei uns nicht vor dem Essen.“
Karim Afzali zeigt sich begeistert vom deutschen Bildungssystem, vor allem vom Dualen Studium. „In Deutschland erwartet mich eine sichere Zukunft.“Die Unterstützung, die er erfährt, weiß er zu schätzen. Integrieren ist für ihn wichtig, in einem Land, wo er leben darf und kann. Er schwimmt bei einem Geraer Sportverein einmal wöchentlich und geht regelmäßig ins Fitnessstudio. „Ich habe viele deutsche Freunde.“
Seine Eltern und seine Heimat vermisst der 22-Jährige trotzdem. Deshalb kocht er öfters afghanische Gerichte, Kabuli zum Beispiel. „Das ist eine Speise mit Fleisch, Rosinen und Kartoffeln und schmeckt toll.“Dann fühlt er sich wohl. Sein schönster Tag in Deutschland war jener, als er seinen Arbeitsvertrag bei Kaeser Kompressoren unterschieben hat, sagt Karim stolz.