Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Der Traum vom zweiten kleinen Wunder
Fußball: gewann Dimo Raffel den Thüringenpokal mit Schott gegen Rot-Weiß Erfurt. Morgen trifft er mit Fahner Höhe auf Ex-Verein Weida
Dachwig.
Ausgerechnet bei einer Apres-Ski-Party in Dachwig wurde im Februar das Eis gebrochen. Auf der dortigen Feier kam Dimo Raffel eher zufällig mit den anwesenden Fußballern ins Gespräch. Doch was als lockerer Plausch begann, intensivierte sich in der nächsten Zeit immer mehr.
Wie es der Zufall wollte, passten der ambitionierte Fußballer und Verein sehr gut zusammen. Auf der einen Seite der 27-jährige Abwehrmann, der einst das Sportgymnasium in Jena besuchte, den Nachwuchs des FC Carl Zeiss durchlief und zu dieser Zeit für den Ligakonkurrenten der Dachwiger, Thüringen Weida, spielte. Auf der anderen Seite der FC An der Fahner Höhe mit seinen sportlich anspruchsvollen Zielen in der Thüringenliga.
Eine Kombination, die passte – sogar umso mehr, da sich der in Gera geborene Raffel entschloss, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Den angehenden Lehrer für Sport und Geographie zog es nicht nur aufgrund des Referendariats in Gebesee weg aus der ostthüringischen Heimat. Das Berufsleben als Lehrer startete ab diesem Schuljahr in der Kooperativen Gesamtschule „Herzog Ernst“in Gotha, einem Umzug nach Erfurt inklusive.
Was lag da näher, sich einen höherklassigen Verein in der Region zu suchen? Für den „Macher“in Dachwig, Rolf ‚Conny‘ Cramer, sowie Trainer Tobias Busse eine Gelegenheit auf dem Silbertablett. Sie warben erfolgreich um den langjährigen Oberligaspieler, der nach seiner Zeit beim FC Carl Zeiss für den 1. FC Gera 03, Schott Jena und eben Weida – Heimatort seiner Eltern – kickte.
„Ich habe auch Gespräche mit anderen Vereinen geführt, mich aber für Fahner entschieden. Dort steckt ein richtiges Konzept dahinter, wird nicht auf gut Glück ein langer Ball gespielt. Und ‚Conny‘ ist so ein Fußballverrückter, der würde auch 26 Stunden am Tag für den Verein arbeiten, wenn der Tag so viele Stunden hätte“, sagt er.
Obwohl die Verbandsliga-Saison noch frisch ist, hat Raffel den Wechsel nicht bereut. Sechs Siege aus den ersten acht Spielen, keine Niederlage, Platz eins, zusammen mit der SpVgg. Geratal die beste Abwehr mit nur zehn Gegentoren – besser kann es kaum laufen. „Es ist immer wieder schön, wenn man unter der Woche auf die Tabelle schaut und von der Spitze grüßt. Aber wir müssen uns das auch Woche für Woche verdienen, dass unsere Arbeit Früchte trägt“, sagt der Leistungsträger mit der Nummer sechs. Das Erfolgsgeheimnis der Fahner-Elf? „Wir sind ein eingeschworener Haufen mit Kopf und Herz. Wir haben einen guten Matchplan, die Chemie aus Jung und Alt passt perfekt. Alle wollen dazulernen.“
Worte eines Fußballers, der sich mit 27 Jahren im perfekten, goldenen Alter befindet und für den die Pokalauslosung ein besonderes Duell für den morgigen Samstag bereithält. Um 14 Uhr empfängt er mit Fahner „seinen“FC Thüringen Weida. Den Verein, mit dem er in der vergangenen Saison die Klasse hielt und der als derzeitiger Tabellenletzter einen Gegenpol zum Spitzenreiter darstellt. „Na klar freue ich mich. Ich kenne dort jeden Spieler, wir haben schon vor der Pokalauslosung geflachst, dass wir aufeinander treffen könnten“, meint der Blondschopf.
Entgegen der klaren Ausgangslage mahnt er eindringlich davor, seinen Ex-Verein zu unterschätzen. „Ich hebe immer den warnenden Finger. Es liegt an uns, wie das Spiel enden wird. Weida hat eine gute Truppe mit einigen gestandenen Spielern zusammen. Manchmal ist das aber so im Fußball, dass der Wurm drin ist. Aber sie wollen den missratenen Start durch den Pokal verschönern“, sagt Raffel, der den Vergleich mit „dem angeschossenem Tiger“bemüht.
Dennoch wagt er schon einmal einen kleinen Ausblick über das Spiel hinaus. Es wäre schön, wenn man – sollte man die nächste Runde erreichen und so im Viertelfinale stehen – noch einmal einen „Kleinen“bekäme. „Dann einen Großen wie Jena oder Erfurt und, sollte es bis ins Finale gehen, noch ein zweites Mal das kleine Wunder schaffen“, sagt der Wahlerfurter.
Das erste kleine Wunder gelang ihm am 22. Mai 2013, als er im Dress des SV Schott Jena sensationell den FC Rot-Weiß Erfurt besiegte und so den Landespokal holte. „Das war zusammen mit dem Heimspiel der 1. DFB-Pokalrunde gegen den Hamburger SV mein schönstes Spiel. Das sind Höhepunkte, für das man sich als Kind Woche für Woche auf dem Sportgymnasium gequält hat“, blickt er gerne zurück und spannt den Bogen in das Hier der Gegenwart.
Sein jetziges Team würde ihn an 2013 erinnern. „Die fünf Jahre bei Schott waren wundervoll. Mit Steffen Geisendorf hatten wir einen ähnlichen Trainer wie jetzt Tobias Busse und wir waren ein richtig cooler Haufen. Das sieht man mal, was man mit Leidenschaft alles erreichen kann.“
Die vielleicht schönste Zeit im Erwachsenenfußball konnte Raffel auch dank des Studiums in Jena mit einer gewissen Leichtigkeit verbinden. Später stand seine große Leidenschaft kurz auf der Kippe. „Ich musste mir Gedanken machen, wo die Reise hingehen soll. Die berufliche Seite wurde intensiver, ich stand am Scheideweg“, erklärt Raffel, um einzuwerfen: „Mit Erfolg ist es einfacher und schöner.“
Es scheint außer Frage, dass er diesen beim FC An der Fahner Höhe wiedergefunden hat. Der Defensivmann ist gereift – nicht nur auf dem Feld, sondern auch beruflich. Das bietet beste Voraussetzungen, um am nächsten Wunder zu arbeiten – auch wenn er dafür seinem Ex-Verein am Samstag weh tun muss. Regionalliga Mitte: BC Bischmisheim III – OTG 1902 Gera (Sa., 17 Uhr) Landesliga, Ost: Greizer SV – TV Germania Hermsdorf (Sa., 18 Uhr) Oberliga, Karambol: TuS Weida – Chemie Gotha (So., 10 Uhr) Landesliga, Karambol: Erfurter BC – SV Haselbach, BC Neustadt/ Orla – TuS Weida II (beide Sa., 10 Uhr)