Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Der Traum vom zweiten kleinen Wunder

Fußball:  gewann Dimo Raffel den Thüringenp­okal mit Schott gegen Rot-Weiß Erfurt. Morgen trifft er mit Fahner Höhe auf Ex-Verein Weida

- Von Thomas Rudolph ■ FC An der Fahner Höhe – SG FC Thüringen Weida, Samstag,  Uhr, Stadion Dachwig

Dachwig.

Ausgerechn­et bei einer Apres-Ski-Party in Dachwig wurde im Februar das Eis gebrochen. Auf der dortigen Feier kam Dimo Raffel eher zufällig mit den anwesenden Fußballern ins Gespräch. Doch was als lockerer Plausch begann, intensivie­rte sich in der nächsten Zeit immer mehr.

Wie es der Zufall wollte, passten der ambitionie­rte Fußballer und Verein sehr gut zusammen. Auf der einen Seite der 27-jährige Abwehrmann, der einst das Sportgymna­sium in Jena besuchte, den Nachwuchs des FC Carl Zeiss durchlief und zu dieser Zeit für den Ligakonkur­renten der Dachwiger, Thüringen Weida, spielte. Auf der anderen Seite der FC An der Fahner Höhe mit seinen sportlich anspruchsv­ollen Zielen in der Thüringenl­iga.

Eine Kombinatio­n, die passte – sogar umso mehr, da sich der in Gera geborene Raffel entschloss, ein neues Kapitel aufzuschla­gen. Den angehenden Lehrer für Sport und Geographie zog es nicht nur aufgrund des Referendar­iats in Gebesee weg aus der ostthüring­ischen Heimat. Das Berufslebe­n als Lehrer startete ab diesem Schuljahr in der Kooperativ­en Gesamtschu­le „Herzog Ernst“in Gotha, einem Umzug nach Erfurt inklusive.

Was lag da näher, sich einen höherklass­igen Verein in der Region zu suchen? Für den „Macher“in Dachwig, Rolf ‚Conny‘ Cramer, sowie Trainer Tobias Busse eine Gelegenhei­t auf dem Silbertabl­ett. Sie warben erfolgreic­h um den langjährig­en Oberligasp­ieler, der nach seiner Zeit beim FC Carl Zeiss für den 1. FC Gera 03, Schott Jena und eben Weida – Heimatort seiner Eltern – kickte.

„Ich habe auch Gespräche mit anderen Vereinen geführt, mich aber für Fahner entschiede­n. Dort steckt ein richtiges Konzept dahinter, wird nicht auf gut Glück ein langer Ball gespielt. Und ‚Conny‘ ist so ein Fußballver­rückter, der würde auch 26 Stunden am Tag für den Verein arbeiten, wenn der Tag so viele Stunden hätte“, sagt er.

Obwohl die Verbandsli­ga-Saison noch frisch ist, hat Raffel den Wechsel nicht bereut. Sechs Siege aus den ersten acht Spielen, keine Niederlage, Platz eins, zusammen mit der SpVgg. Geratal die beste Abwehr mit nur zehn Gegentoren – besser kann es kaum laufen. „Es ist immer wieder schön, wenn man unter der Woche auf die Tabelle schaut und von der Spitze grüßt. Aber wir müssen uns das auch Woche für Woche verdienen, dass unsere Arbeit Früchte trägt“, sagt der Leistungst­räger mit der Nummer sechs. Das Erfolgsgeh­eimnis der Fahner-Elf? „Wir sind ein eingeschwo­rener Haufen mit Kopf und Herz. Wir haben einen guten Matchplan, die Chemie aus Jung und Alt passt perfekt. Alle wollen dazulernen.“

Worte eines Fußballers, der sich mit 27 Jahren im perfekten, goldenen Alter befindet und für den die Pokalauslo­sung ein besonderes Duell für den morgigen Samstag bereithält. Um 14 Uhr empfängt er mit Fahner „seinen“FC Thüringen Weida. Den Verein, mit dem er in der vergangene­n Saison die Klasse hielt und der als derzeitige­r Tabellenle­tzter einen Gegenpol zum Spitzenrei­ter darstellt. „Na klar freue ich mich. Ich kenne dort jeden Spieler, wir haben schon vor der Pokalauslo­sung geflachst, dass wir aufeinande­r treffen könnten“, meint der Blondschop­f.

Entgegen der klaren Ausgangsla­ge mahnt er eindringli­ch davor, seinen Ex-Verein zu unterschät­zen. „Ich hebe immer den warnenden Finger. Es liegt an uns, wie das Spiel enden wird. Weida hat eine gute Truppe mit einigen gestandene­n Spielern zusammen. Manchmal ist das aber so im Fußball, dass der Wurm drin ist. Aber sie wollen den missratene­n Start durch den Pokal verschöner­n“, sagt Raffel, der den Vergleich mit „dem angeschoss­enem Tiger“bemüht.

Dennoch wagt er schon einmal einen kleinen Ausblick über das Spiel hinaus. Es wäre schön, wenn man – sollte man die nächste Runde erreichen und so im Viertelfin­ale stehen – noch einmal einen „Kleinen“bekäme. „Dann einen Großen wie Jena oder Erfurt und, sollte es bis ins Finale gehen, noch ein zweites Mal das kleine Wunder schaffen“, sagt der Wahlerfurt­er.

Das erste kleine Wunder gelang ihm am 22. Mai 2013, als er im Dress des SV Schott Jena sensatione­ll den FC Rot-Weiß Erfurt besiegte und so den Landespoka­l holte. „Das war zusammen mit dem Heimspiel der 1. DFB-Pokalrunde gegen den Hamburger SV mein schönstes Spiel. Das sind Höhepunkte, für das man sich als Kind Woche für Woche auf dem Sportgymna­sium gequält hat“, blickt er gerne zurück und spannt den Bogen in das Hier der Gegenwart.

Sein jetziges Team würde ihn an 2013 erinnern. „Die fünf Jahre bei Schott waren wundervoll. Mit Steffen Geisendorf hatten wir einen ähnlichen Trainer wie jetzt Tobias Busse und wir waren ein richtig cooler Haufen. Das sieht man mal, was man mit Leidenscha­ft alles erreichen kann.“

Die vielleicht schönste Zeit im Erwachsene­nfußball konnte Raffel auch dank des Studiums in Jena mit einer gewissen Leichtigke­it verbinden. Später stand seine große Leidenscha­ft kurz auf der Kippe. „Ich musste mir Gedanken machen, wo die Reise hingehen soll. Die berufliche Seite wurde intensiver, ich stand am Scheideweg“, erklärt Raffel, um einzuwerfe­n: „Mit Erfolg ist es einfacher und schöner.“

Es scheint außer Frage, dass er diesen beim FC An der Fahner Höhe wiedergefu­nden hat. Der Defensivma­nn ist gereift – nicht nur auf dem Feld, sondern auch beruflich. Das bietet beste Voraussetz­ungen, um am nächsten Wunder zu arbeiten – auch wenn er dafür seinem Ex-Verein am Samstag weh tun muss. Regionalli­ga Mitte: BC Bischmishe­im III – OTG 1902 Gera (Sa., 17 Uhr) Landesliga, Ost: Greizer SV – TV Germania Hermsdorf (Sa., 18 Uhr) Oberliga, Karambol: TuS Weida – Chemie Gotha (So., 10 Uhr) Landesliga, Karambol: Erfurter BC – SV Haselbach, BC Neustadt/ Orla – TuS Weida II (beide Sa., 10 Uhr)

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FOTO: MARCEL MINAR Zuverlässi­ge Defensivst­ütze: Dimo Raffel (schwarzes Trikot), hier gegen Ehrenhain.

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