Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Cabaret mit viel nackter Haut
Das berühmte Pariser Moulin Rouge lockt seit Jahren Zuschauer an
Paris. Cancan, Champagner und viel nackte Haut: Das Moulin Rouge gehört zu Paris wie der Eiffelturm und der Louvre. Die berühmte Mühle ist eine Institution im Pariser Nachtleben – und das schon seit 1889. Der Oktober steht ganz im Zeichen des Jubiläums: 130 Jahre Kabarett – das muss gefeiert werden.
Dass der Tempel der schönen Tänzerinnen zur Jahrtausendwende vor der Pleite stand, gehört zu seiner bewegten Vergangenheit. Wie gut, dass das Hollywood-Filmmusical „Moulin Rouge“2001 den Ruhm des alten Varietés ebenso schlagartig wie nachhaltig aufpolierte. Keine Frage: Eine bessere Werbeträgerin als Hauptdarstellerin Nicole Kidman hätte sich die Direktion der „Roten Mühle“kaum wünschen können.
Im Oktober 1889 hat das damals volkstümliche Tanzlokal Bal du Moulin Rouge erstmals seine Tore geöffnet. Die dort zu bestaunenden Darbietungen allerdings waren so gewagt, dass die umgebaute Windmühle rasch in den Ruf einer Lasterhöhle geriet und sich der verstärkten Aufmerksamkeit der Sittenpolizei erfreute.
Berühmt wurde das Moulin Rouge durch die Bilder der Impressionisten. Der Maler Henri Toulouse-Lautrec, ein regelmäßiger Gast, zeichnete 1891 das erste Werbeplakat fürs Moulin Rouge, bis heute eine der berühmtesten Darstellungen des Kabaretts. Das Repertoire umfasste die Burleske, zudem Operetten und Revuen. Auch berühmte Chanson-Interpreten wie Charles Aznavour und Charles Trenet feierten hier große Erfolge. Zahlreiche französische und internationale Stars wie Mistinguette, Josephine Baker, Maurice Chevalier und Yves Montand sorgten dafür, dass der Ruhm nicht verblasste.
Doch natürlich steht und fällt ein Ort wie das Moulin Rouge mit seinen Tänzerinnen. Und dessen 60-köpfige Truppe in ihren ständig wechselnden, fantasiereichen Kostümen gilt, was Können und sinnliche Ausdruckskunst betrifft, als konkurrenzlos.
Bis zu 30 Beinwürfe in 30 Sekunden – damit hat das Moulin Rouge ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Für viele Touristen gehört ein Besuch der Mühle trotz der Ticketpreise ab etwa 100 Euro dazu.Es war nicht allein der amerikanische Blockbuster, der das Moulin Rouge wieder auf die Erfolgsspur brachte. Es war auch der Erfolg der Ausnahme-Revue „Féerie“, die immer noch auf dem Spielplan steht. Dank ihr gelang das Comeback und insbesondere die Rückeroberung des französischen Publikums.
Die Zeiten, in denen die Pariser Nachtschwärmer überall hingingen, nur nicht in das als „out“geltende Kabarett, sind vorüber. Mittlerweile stellen sie erneut gut 45 Prozent der Besucher. Der Vorhang des 800 Zuschauer fassenden Ballsaals in der Roten Mühle hebt sich jeden Abend für zwei Vorführungen. Dass dabei der Champagner in Strömen (rund 240.000 Flaschen pro Jahr) fließt, gehört zur Tradition.
In den letzten 60 Jahren sind die Vorstellungen nur zweimal ausgefallen. 2001, weil die Truppe in Cannes an der Eröffnungsgala der Filmfestspiele teilnahm, die unter dem Motto „Moulin Rouge“stand. Und 1961, als die Show an einem Abend im Londoner Buckingham-Palast exklusiv für das britische Königshaus aufgeführt wurde.