Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Wenig Vertrauen in Parteien
Studie zu Demokratievorstellungen Thüringer Schüler: Politische Sozialisation findet größtenteils im Elternhaus statt
Das Vertrauen junger Thüringer in Parteien sinkt durch enttäuschte Erwartungen. Das geht aus einer Studie der Universität Erfurt im Auftrag des Landesjugendrings hervor, die sich erstmals mit Demokratievorstellungen und Parteienverdrossenheit unter Jugendlichen im Freistaat beschäftigte. Besonders groß ist die Enttäuschung demnach darüber, „dass Politiker nicht immer wahrhaftig sind“(45 Prozent), „die Parteien die soziale Ungleichheit nicht genug verringern“ (38 Prozent) und sie „unser Wohlergehen nicht genug bevorzugen“(31 Prozent).
3327 Thüringer Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren wurden für die repräsentative Erhebung von März bis Juni 2018 an ihren Schulen befragt. Es waren etwa je zur Hälfte Berufsschüler und Gymnasiasten.
Die Untersuchung habe auch gezeigt, dass ein Großteil der Jugendlichen gleichzeitig erwartet, dass die Parteien ihre Politik am Mehrheitswillen ausrichten sollen, der sich in den Wahlergebnissen zeigt, zugleich aber auch auf die kurzfristig wechselnde Stimmungen im Bürgerwillen während der Wahlperiode reagieren sollen. „Werden diese widersprüchlichen Erwartungen von den Jugendlichen nicht reflektiert, finden sich die Parteien schnell in einer Enttäuschungsspirale wieder“, sagt der Politikwissenschaftler André Brodocz.
Die politische Sozialisation finde dabei größtenteils im Elternhaus statt, so der Sozialforscher Guido Mehlkop. Insgesamt knapp 53 Prozent der Befragten sagen, „häufig“oder „sehr häufig“mit ihren Eltern über Politik zu sprechen. Im Freundeskreis hingegen wird den Angaben zufolge „selten“oder „nie“(zusammen mehr als 70 Prozent) über politische Themen diskutiert.
Je besser die Jugendlichen ihre ökonomische Situation beurteilen, desto mehr steigt auch ihr Vertrauen in die Parteien, die Schulform gebe hier weniger den Ausschlag, heißt es. Eine große Rolle spiele, ob sie sich überhaupt für Politik interessieren, in einem Jugendverband mitarbeiten und sich in der Lage sehen, Politik zu beeinflussen.
Alles in allem ist das Vertrauen in Parteien allerdings nicht sonderlich groß: Auf einer Skala von eins (gar kein Vertrauen) bis sechs (volles Vertrauen) kommen sie auf 2,9. Dahinter rangieren Fernsehen, Zeitungen und Radio, Kirchen sowie als Schlusslicht soziale Medien. Am besten schneiden Polizei und Gerichte ab (4,1 und 4.0).
„Die Schulen sollten Demokratie nicht nur lehren, sondern sie durch eine demokratische Schulkultur erlebbar machen“, fordert Landes jugend ring geschäftsführer Peter Weise. Das Bil dungs ministerium müsse entsprechende Rahmenbedingungen gesetzlich verankern.