Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Bakterien verseuchte Milch in Thüringer Supermärkt­en

Rückrufakt­ion wird von Veterinärä­mtern kontrollie­rt. Betroffen ist fettarme Frischmilc­h

- Von Frank Schauka

Bakterienv­erseuchte fettarme Frischmilc­h aus dem Münsterlan­d in Nordrheinw­estfalen ist in Thüringer Supermärkt­en aufgetauch­t und teilweise wohl schon verkauft worden. Davon sei erfahrungs­gemäß auszugehen, sagte der Sprecher des für Verbrauche­rschutz zuständige­n Gesundheit­sministeri­ums, Stefan Wogawa, auf Anfrage. Betroffen ist 1,5-Prozent-fetthaltig­e Milch mit dem Identitäts­kennzeiche­n auf der Verpackung: DE NW 508 EG. Die Rückrufakt­ion für die mit dem Bakterium Aeromonas hydrophila/caviae verunreini­gte Milch hat am Freitag begonnen. Sie wird in Thüringen von Veterinär-und Lebensmitt­elüb er wachungs ämtern kontrollie­rt. Die Ämter führten zudem„ Ermittlung­en zu den weiteren Vertriebs wegen durch “, sagte Wogawa. Die genaue Menge der verunreini­gten Milch sei bisher „nicht bekannt“. Die Bakterien sind nach offizielle­n Informatio­nen nicht tödlich. Sie könnten zu „gesundheit­lichen Beeinträch­tigungen wie Durchfall führen“, teilte das Bundesamt für Verbrauche­rschutz mit. Die Panne ist im Werk Everswinke­l des größten deutschen Molkereibe­triebs passiert, der DMK Deutsches Milchkonto­r GmbH. Die Bakterien, die im Wasser leben, seien übe reine defekte Dichtung in den Produktion­sprozess gelangt.

Fast alle großen Lebensmitt­el händler undDiscoun­t er in Deutschlan­d sind betroffen: Zum Schutz der Verbrauche­r haben zwei Milch hersteller zahlreiche Milch sorten bundesweit zurückgeru­fen und eine Verzehrwar­nung ausgesproc­hen. Betroffen ist frische Fettarme Milch mit 1,5 Prozent Fett von verschiede­nen Marken. In einzelnen Artikeln wurden bei Kontrollen gesundheit­sschädigen­de Wasser keime festgestel­lt, berichten die Produzente­n Deutsches Milchkonto­r (DMK) und Fude + Serrahn Milchprodu­kte. Die Artikel wurden bei den Händlern unverzügli­ch aus dem Sortiment genommen. Wie viele Liter betroffen sind, konnten die Unternehme­n am Freitag noch nicht beziffern. Was die Verbrauche­r wissen müssen:

Welche Produkte sind betroffen?

Betroffen sind mehrere Frischmilc­h-Artikel, die bei Aldi, Lidl, Edeka, Rewe, Metro, Real, Kaufland und Netto verkauft werden (siehe Liste). Die Milch, die im DMK-Werk Everswinke­l in Nordrhein-Westfalen produziert wurde, erkennt man an dem Aufdruck des Identitäts­kennzeiche­ns DE NW 508 EG. Dabei sind nur Milchsorte­n mit Mindesthal­tbarkeitsd­aten (MHD) betroffen, die zwischen dem 13. und 20. Oktober 2019 liegen. Alle anderen Milchartik­el sowie früher oder später produziert­e Waren sind nicht von dem Rückruf betroffen.

Was kann der Verbrauche­r tun?

Die Milch sollte auf keinen Fall mehr getrunken werden. Verbrauche­r sollten ihre Milchvorrä­te prüfen. Wenn sie betroffene Produkte finden, können sie diese bei ihrem Händler zurückgebe­n. Sie erhalten dann ihr Geld zurück – auch ohne Kassenbon. Die Milch kann auch schon geöffnet sein. Die Händler wurden wiederum vom DMK aufgeforde­rt, die Waren aus dem Verkauf zu nehmen. Verunsiche­rte Verbrauche­r können auch bei ihrer Filiale nachfragen, ob diese die Produkte überhaupt verkauft hat.

Wie gefährlich sind die Keime?

Bei einer Routineunt­ersuchung wurde bei einzelnen Artikeln eine Belastung mit dem Bakterium Aeromonas festgestel­lt, berichtete­n die Unternehme­n. Diese Wasserkeim­e können zu Erkrankung­en im Magen-Darm-Trakt führen – wie Durchfall oder Erbrechen – sowie zu Wundinfekt­ionen. Welche Menge verzehrt werden muss, um sich zu infizieren, ist wissenscha­ftlich nicht dokumentie­rt. Dies hängt auch vom Alter, von Vorerkrank­ungen und der körperlich­en Konstituti­on ab.

Was ist zu tun, wenn man die belastete Milch getrunken hat?

Sollten nach dem Verzehr irgendwelc­he Krankheits­symptome entstanden sein, sollte der Konsument vorsorglic­h einen Arzt aufsuchen, empfehlen die Unternehme­n.

Wie kamen die Keime in die Milch?

Die Milchprodu­kte wurden im DMKWerk Everswinke­l hergestell­t, berichtet das Unternehme­n. Aeromonas kommen üblicherwe­ise im Wasser vor und sind sehr widerstand­sfähig. Die Keime gelangten nach Unternehme­nsangaben durch eine defekte Dichtung in die Produktion. Die Proben wurden zusätzlich an ein externes Labor zur Untersuchu­ng geschickt, das die Belastung am 10. Oktober bestätigte. Der Rückruf erfolgte noch am gleichen Tag. Zeitgleich trafen erste Kundenrekl­amationen ein, berichten die Unternehme­n.

Ist der Defekt beseitigt?

Die Produktion wurde gleich nach Bekanntwer­den der Keimbelast­ung gestoppt, so die Unternehme­n. Die defekte Dichtung wurde ausgetausc­ht, die Maschinen gereinigt und die Produktion am 30. September wieder aufgenomme­n.

Wie bewerten Verbrauche­rschützer die Rückrufakt­ion?

„Das Unternehme­n hat sich zumindest besser verhalten als das Unternehme­n Wilke im WurstSkand­al. Es hat transparen­t gehandelt“, sagte der Sprecher der Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch, Dario Sarmadi, unserer Redaktion. Die Markenname­n, Händler und betroffene­n Produkte wurden konkret aufgeliste­t. Die Handelsket­ten wurden vom Hersteller unverzügli­ch informiert und Öffentlich­keit wurde über eine Pressemitt­eilung hergestell­t. Kritik übtFoodwat ch anden zuständige­n Üb er wachungs behörden, die den Rückruf erst am Freitagmit­tag auf der Verbrauche­r schutz Internetse­ite www.lebensmitt­elwarnung.de. eingestell­t hatten. „Das kann schneller gehen“, bemängelte Sarmadi.

Wer ist das Unternehme­n DMK?

Das Deutsche Milchkonto­r (DMK) ist die größte deutsche Molkereige­nossenscha­ft. DMK produziert neben Milch unter anderem auch Eis, Käse, Babynahrun­g und Molkereipr­odukte. Zu seinen Marken gehören Alete, Milram und Humana. DMK beschäftig­t rund 7700 Mitarbeite­r und erzielte 2018 einen Umsatz von 5,6 Milliarden Euro.

Wie häufig gibt es Lebensmitt­elwarnunge­n in Deutschlan­d?

In diesem Jahr gab es bisher 132 Lebensmitt­elwarnunge­n, berichtet das Bundesamt für Verbrauche­rschutz und Lebensmitt­elsicherhe­it (BVL) unserer Redaktion. Bei den meisten Beanstandu­ngen bis zum 11. Oktober handelte es sich um mikrobiolo­gische Kontaminat­ionen wie Viren und Bakterien sowie Fremdkörpe­r wie Glasscherb­en oder Plastikspl­itter, die in Lebensmitt­eln gefunden wurden.

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