Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Bakterien verseuchte Milch in Thüringer Supermärkten
Rückrufaktion wird von Veterinärämtern kontrolliert. Betroffen ist fettarme Frischmilch
Bakterienverseuchte fettarme Frischmilch aus dem Münsterland in Nordrheinwestfalen ist in Thüringer Supermärkten aufgetaucht und teilweise wohl schon verkauft worden. Davon sei erfahrungsgemäß auszugehen, sagte der Sprecher des für Verbraucherschutz zuständigen Gesundheitsministeriums, Stefan Wogawa, auf Anfrage. Betroffen ist 1,5-Prozent-fetthaltige Milch mit dem Identitätskennzeichen auf der Verpackung: DE NW 508 EG. Die Rückrufaktion für die mit dem Bakterium Aeromonas hydrophila/caviae verunreinigte Milch hat am Freitag begonnen. Sie wird in Thüringen von Veterinär-und Lebensmittelüb er wachungs ämtern kontrolliert. Die Ämter führten zudem„ Ermittlungen zu den weiteren Vertriebs wegen durch “, sagte Wogawa. Die genaue Menge der verunreinigten Milch sei bisher „nicht bekannt“. Die Bakterien sind nach offiziellen Informationen nicht tödlich. Sie könnten zu „gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Durchfall führen“, teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz mit. Die Panne ist im Werk Everswinkel des größten deutschen Molkereibetriebs passiert, der DMK Deutsches Milchkontor GmbH. Die Bakterien, die im Wasser leben, seien übe reine defekte Dichtung in den Produktionsprozess gelangt.
Fast alle großen Lebensmittel händler undDiscount er in Deutschland sind betroffen: Zum Schutz der Verbraucher haben zwei Milch hersteller zahlreiche Milch sorten bundesweit zurückgerufen und eine Verzehrwarnung ausgesprochen. Betroffen ist frische Fettarme Milch mit 1,5 Prozent Fett von verschiedenen Marken. In einzelnen Artikeln wurden bei Kontrollen gesundheitsschädigende Wasser keime festgestellt, berichten die Produzenten Deutsches Milchkontor (DMK) und Fude + Serrahn Milchprodukte. Die Artikel wurden bei den Händlern unverzüglich aus dem Sortiment genommen. Wie viele Liter betroffen sind, konnten die Unternehmen am Freitag noch nicht beziffern. Was die Verbraucher wissen müssen:
Welche Produkte sind betroffen?
Betroffen sind mehrere Frischmilch-Artikel, die bei Aldi, Lidl, Edeka, Rewe, Metro, Real, Kaufland und Netto verkauft werden (siehe Liste). Die Milch, die im DMK-Werk Everswinkel in Nordrhein-Westfalen produziert wurde, erkennt man an dem Aufdruck des Identitätskennzeichens DE NW 508 EG. Dabei sind nur Milchsorten mit Mindesthaltbarkeitsdaten (MHD) betroffen, die zwischen dem 13. und 20. Oktober 2019 liegen. Alle anderen Milchartikel sowie früher oder später produzierte Waren sind nicht von dem Rückruf betroffen.
Was kann der Verbraucher tun?
Die Milch sollte auf keinen Fall mehr getrunken werden. Verbraucher sollten ihre Milchvorräte prüfen. Wenn sie betroffene Produkte finden, können sie diese bei ihrem Händler zurückgeben. Sie erhalten dann ihr Geld zurück – auch ohne Kassenbon. Die Milch kann auch schon geöffnet sein. Die Händler wurden wiederum vom DMK aufgefordert, die Waren aus dem Verkauf zu nehmen. Verunsicherte Verbraucher können auch bei ihrer Filiale nachfragen, ob diese die Produkte überhaupt verkauft hat.
Wie gefährlich sind die Keime?
Bei einer Routineuntersuchung wurde bei einzelnen Artikeln eine Belastung mit dem Bakterium Aeromonas festgestellt, berichteten die Unternehmen. Diese Wasserkeime können zu Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt führen – wie Durchfall oder Erbrechen – sowie zu Wundinfektionen. Welche Menge verzehrt werden muss, um sich zu infizieren, ist wissenschaftlich nicht dokumentiert. Dies hängt auch vom Alter, von Vorerkrankungen und der körperlichen Konstitution ab.
Was ist zu tun, wenn man die belastete Milch getrunken hat?
Sollten nach dem Verzehr irgendwelche Krankheitssymptome entstanden sein, sollte der Konsument vorsorglich einen Arzt aufsuchen, empfehlen die Unternehmen.
Wie kamen die Keime in die Milch?
Die Milchprodukte wurden im DMKWerk Everswinkel hergestellt, berichtet das Unternehmen. Aeromonas kommen üblicherweise im Wasser vor und sind sehr widerstandsfähig. Die Keime gelangten nach Unternehmensangaben durch eine defekte Dichtung in die Produktion. Die Proben wurden zusätzlich an ein externes Labor zur Untersuchung geschickt, das die Belastung am 10. Oktober bestätigte. Der Rückruf erfolgte noch am gleichen Tag. Zeitgleich trafen erste Kundenreklamationen ein, berichten die Unternehmen.
Ist der Defekt beseitigt?
Die Produktion wurde gleich nach Bekanntwerden der Keimbelastung gestoppt, so die Unternehmen. Die defekte Dichtung wurde ausgetauscht, die Maschinen gereinigt und die Produktion am 30. September wieder aufgenommen.
Wie bewerten Verbraucherschützer die Rückrufaktion?
„Das Unternehmen hat sich zumindest besser verhalten als das Unternehmen Wilke im WurstSkandal. Es hat transparent gehandelt“, sagte der Sprecher der Verbraucherorganisation Foodwatch, Dario Sarmadi, unserer Redaktion. Die Markennamen, Händler und betroffenen Produkte wurden konkret aufgelistet. Die Handelsketten wurden vom Hersteller unverzüglich informiert und Öffentlichkeit wurde über eine Pressemitteilung hergestellt. Kritik übtFoodwat ch anden zuständigen Üb er wachungs behörden, die den Rückruf erst am Freitagmittag auf der Verbraucher schutz Internetseite www.lebensmittelwarnung.de. eingestellt hatten. „Das kann schneller gehen“, bemängelte Sarmadi.
Wer ist das Unternehmen DMK?
Das Deutsche Milchkontor (DMK) ist die größte deutsche Molkereigenossenschaft. DMK produziert neben Milch unter anderem auch Eis, Käse, Babynahrung und Molkereiprodukte. Zu seinen Marken gehören Alete, Milram und Humana. DMK beschäftigt rund 7700 Mitarbeiter und erzielte 2018 einen Umsatz von 5,6 Milliarden Euro.
Wie häufig gibt es Lebensmittelwarnungen in Deutschland?
In diesem Jahr gab es bisher 132 Lebensmittelwarnungen, berichtet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) unserer Redaktion. Bei den meisten Beanstandungen bis zum 11. Oktober handelte es sich um mikrobiologische Kontaminationen wie Viren und Bakterien sowie Fremdkörper wie Glasscherben oder Plastiksplitter, die in Lebensmitteln gefunden wurden.