Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Normales Leben trotz Fehlbildung
-Jährige spricht Eltern Mut zu
Als Susanne (Name von der Redaktion geändert) zur Welt kam, waren ihre Eltern geschockt. „Es wusste niemand, dass ich so auf die Welt komme“, sagt die heute 34Jährige. Ihr älterer Bruder war kerngesund. Susanne hat von Geburt an eine Fehlbildung am rechten Unterarm. „Mit zwei Jahren war ich deswegen bei einem Experten“, sagt sie. „Bis heute konnte mir aber niemand erklären, woran das liegt.“Eines vermochten die Ärzte auszuschließen: Es sei nichts Genetisches, sondern vielmehr eine „Laune der Natur“.
Ob es sich um dieselbe Fehlbildung handle wie bei den drei Kindern, die innerhalb von zwölf Wochen mit Fehlbildungen an den Armen in Gelsenkirchen zur Welt kamen, wisse sie demnach nicht. Dennoch möchte sie vor allem den Eltern Mut zusprechen: „Die dürfen nur nicht den Kopf in den Sand stecken“, sagt sie. „Ich lebe ein normales Leben.“Susannes Eltern sind offen mit der Behinderung umgegangen. „Sie haben mich akzeptiert und geliebt. Und ich durfte alles ausprobieren“, sagt sie.
Im Kindergarten wurde sie dennoch gehänselt. „Trotzdem habe ich alles mitgemacht. Ich war Schwimmen, Radfahren, kam auf die Realschule, machte den Abschluss“, sagt sie. Heute arbeitet Susanne im öffentlichen Dienst. Zusammen mit ihrem Mann hat sie zwei gesunde Töchter. „Eine Prothese trage ich nur aus kosmetischen Zwecken“, sagt Susanne und zeigt auf die rechte Hand. Der Arm hört eigentlich unter dem Ellbogen auf. „Klar gibt es auch Prothesen, die elektronisch funktionieren, aber die sehen aus wie eine Roboterhand“, sagt sie. Dann lieber ganz ohne. „Ich kenne es ja nicht anders und funktioniere so am besten“, sagt Susanne. Zum Autofahren habe sie einen Knüppel am Lenkrad. Aus reiner Bequemlichkeit sei sie auf Automatik umgestiegen. Bei der Arbeit habe sie eine Linkshändertastatur.
Freunde mit derselben Behinderung habe sie nicht. Dennoch kenne sie einen weiteren Fall aus ihrem Heimatort. Ein Junge mit einer Fehlbildung am linken Arm sei dort einige Jahre vor ihr zur Welt gekommen. In der Gesellschaft sei eine solche Behinderung immer noch ein TabuThema. „Viele Menschen sind erschrocken und können nicht damit umgehen“, sagt Susanne. Deswegen sei der öffentliche Diskurs wichtig: „Das Thema darf man nicht unter den Teppich kehren. Die Bevölkerung muss sensibilisiert werden.“.
2013 hat Susanne mit ihrem Mann ein Haus im Saale-OrlaKreis gekauft. Beeinträchtigt fühle sie sich lange nicht mehr. „Natürlich habe ich mich als Kind gefragt, warum gerade mir das passiert ist“, sagt sie. Aber auch das habe mit der Zeit nachgelassen. (mav)