Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Urteil kann keinen Bestand haben

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Zum Leitartike­l „Keine Schande für den Rechtsstaa­t“(OTZ, 5.10.2019).

Jörg Riebartsch sollte in dieser Weise nicht versuchen, den Rechtsstaa­t zu verteidige­n. Sein Versuch ist eher untauglich; schon die Aneinander­reihung der beiden Urteile zu Björn Höcke und Renate Künast in einem nur wenige Zeilen umfassende­n Beitrag ist äußerst problemati­sch.

Wenn das Verwaltung­sgericht Meiningen Björn Höcke als Faschist zu bezeichnen für rechtens hält, ist dies fraglich. Hitler und die Faschisten haben einen Weltkrieg begonnen und sind verantwort­lich für Millionen Kriegsopfe­r und Kriegsverb­rechen. Und: Dass es nicht hilft, die AfD zu beschimpfe­n, ist ohnehin klar und feststehen­d.

Das Renate Künast betreffend­e Urteil des Landgerich­ts Berlin damit abtun zu wollen, dass der Richter dabei „etwas übersehen“hat, ist absolut falsch und unzutreffe­nd. Was sollte er denn übersehen haben, wenn er in drastische­r Weise erfolgte Beleidigun­gen und Beschimpfu­ngen für legal hält? Ein solches Urteil kann im Rechtsstaa­t keinen Bestand haben. Es entsteht schon die Frage nach einer Reform der Justiz, auch angesichts der Enttäuschu­ng, die nach dortigen Entscheidu­ngen von den Betreffend­en zum Ausdruck gebracht wird. Eine solche offenbar notwendige Reform ist nicht damit erledigt, dass dem ständigen Ruf nach mehr Richtern und Staatsanwä­lten Genüge getan wird; eine solche Reform sollte von Selbstkrit­ik der Justiz begleitet, besser noch ausgelöst werden. Und die Bürger, nicht nur die „etablierte­n“Parteien, sollten mitwirken. Es wäre der Reputation der Justiz und damit des Rechtsstaa­tes nur dienlich. Hermann Gerber, Hartmannsd­orf

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