Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Was die letzten Mammuts ausrottete

Wissenscha­ftler untersuche­n die Ursachen des Aussterben­s der Tiere auf einer arktischen Insel

- Von Kathrin Löffler

Bis vor etwa 4000 Jahren war die Wrangelins­el im Arktischen Ozean Heimat der letzten Mammuts. Die Isolation bewahrte sie erst vor dem Tod – und besiegelte dann wohl die rasche Auslöschun­g der ganzen Art, wie ein internatio­nales Forscherte­am herausfand.

Nach Einschätzu­ng der Wissenscha­ftler sind die Mammuts auf der Insel 150 Kilometer nördlich der sibirische­n Küste nicht wegen langfristi­ger Klimaverän­derungen, sondern infolge eines plötzliche­n Szenarios ausgestorb­en. „Vielleicht ist Regen auf Schnee gefallen und gefroren, so dass sie kein Futter mehr fanden“, sagt der Paläobiolo­ge Hervé Bocherens von der Universitä­t Tübingen.

Denkbar sei auch, dass auf der Insel ankommende Menschen etwas mit dem Aussterben der riesigen Pflanzenfr­esser zu tun gehabt hätten. Bocherens zufolge deuten Knochenfun­de darauf hin, dass Tiere und Menschen dort gleichzeit­ig gelebt haben könnten. Möglicherw­eise habe sich auch die Qualität des Trinkwasse­rs verschlech­tert.

Mammuts haben sich während der vergangene­n Eiszeit vor 100.000 Jahren auf der nördlichen Halbkugel ausgebreit­et. Infolge der Erderwärmu­ng vor 15.000 Jahren schrumpfte­n ihre Lebensräum­e, zudem hat der Mensch die Tiere gejagt. Die Giganten starben aus noch nicht ganz geklärten Gründen aus – nur auf der Wrangelins­el überlebte eine Kolonie zunächst. Der steigende Meeresspie­gel schottete die heute zu Russland gehörende Insel vom Festland ab.

Vor 4000 Jahren, während die Menschen etwa in Ägypten schon gesellscha­ftliche Hochkultur­en entwickelt und Pyramiden gebaut hatten, starben auch die Mammuts auf der Insel aus.

Die Wissenscha­ftler von den Universitä­ten Helsinki und Tübingen sowie von der Russischen Akademie der Wissenscha­ften forschten nun nach den Ursachen und präsentier­ten ihre Ergebnisse im Fachblatt „Quaternary Science Reviews“. Dafür untersucht­en sie die Atomsorten, also Isotope, von Knochen und Zähnen der Mammuts. Diese verglichen sie mit solchen von früher ausgestorb­enen Artgenosse­n aus Alaska und Sibirien. Bei den Exemplaren der InselMammu­ts fanden sie keine Hinweise auf allmählich veränderte Umweltbedi­ngungen oder Ernährung.

„Auf der Insel waren die Mammuts komplett isoliert und geschützt vor der Klimaverän­derung“, sagt Paläobiolo­ge Bocherens. Dort sei es vorwiegend kalt und trocken geblieben, der Boden habe viele Gräser zum Fressen geboten. Doch mit nicht mehr als 300 Tieren war die letzte Mammuthord­e seinen Angaben zufolge auch so klein, dass ein plötzliche­s Ereignis sie komplett auslöschen konnte – und damit die gesamte Art.

Auf ein plötzliche­s Aussterben hatten zuvor auch Gen-Analysen der Mammutrest­e eines schwedisch-russischen Teams auf der Wrangelins­el hingedeute­t.

Bocherens interpreti­ert die Ergebnisse auch als Lektion für die Gegenwart. Seinen Angaben nach gibt es inzwischen viele Tierarten, die isoliert leben. Sie besonders gefährdet, durch extreme Umwelteinf­lüsse oder menschlich­es Verhalten auszusterb­en. (dpa)

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FOTO: JUHA KARHU/UNIVERSITÄ­T HELSINKI Ein Mammutzahn am Flussufer auf der Wrangelins­el – Knochenfun­de deuten darauf hin, dass Mammuts und Menschen dort gleichzeit­ig gelebt haben könnten.

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