Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
„Blockade hilft dem Klima nicht“
NRW-Ministerpräsident und CDU-Vize Armin Laschet über das Klimapaket der Bundesregierung – und ein besonderes Treffen der Jungen Union
gentlich gilt Armin Laschet als CDU-Politiker, der besonders gut mit den Grünen kann – obwohl er in NordrheinWestfalen mit der FDP regiert. Im Interview mit unserer Redaktion schlägt er ganz neue Töne an.
Gleich fünf mögliche Kanzlerkandidaten treten an diesem Wochenende beim Deutschlandtag der Jungen Union in Saarbrücken auf: Annegret Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn, Friedrich Merz, Markus Söder und Sie, Herr Laschet. Mit welcher Botschaft wollen Sie die Parteijugend begeistern?
Armin Laschet: Der Deutschlandtag ist immer eine gute Gelegenheit, um aus unterschiedlichen Blickwinkeln die großen Zukunftsthemen zu diskutieren. Dafür steht die Junge Union. Er gibt uns auch die Chance, gemeinsam noch einmal klarzumachen, was unsere Grundsätze in der CDU sind, wofür wir stehen.
Ist das gerade nicht so klar?
Als Volkspartei wollen wir die Gesellschaft zusammenhalten. Das ist das Prinzip, das die CDU immer getragen hat und das zurzeit besonders aktuell ist. Wir erleben in Deutschland eine angespannte Situation – das zeigt sich gerade auch beim Klimaschutz. Auf der einen extremen Seite erleben wir „Extinction Rebellion“, deren Gründer die Demokratie und den Rechtsstaat außer Kraft setzen wollen, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Auf der anderen Seite haben wir die AfD, die den Klimawandel leugnet. Größer kann die Kluft in einem Land gar nicht sein. Da muss die Union sagen: Wir nehmen das Thema ernst, aber wir wenden auch hier die Mittel der Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft an.
Wo ist für Sie die Schmerzgrenze beim CO2-Preis?
Wir haben zehn Euro pro Tonne CO2 vorgeschlagen. Jetzt sind die Grünen am Zug. Im Bundesrat kann jeder mit Ja oder Nein stimmen. Ich kann und will mir in diesen Zeiten nicht vorstellen, dass die Grünen ein umfassendes Klimaschutzpaket blockieren, nur weil ihnen Details nicht passen. Der systematische Einstieg in die CO2-Reduktion bei Verkehr und Gebäuden muss jetzt ebenso kommen wie der Kohleausstieg.
Sie sagen „Friss oder stirb“.
Nein, im Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag gibt es immer Kompromisse. Die Grünen wären jedenfalls schlecht beraten, eine Blockadehaltung einzunehmen und das Klimapaket abzulehnen. Das hilft dem Klima nicht. Aber warten wir mal ab und hoffen auf die Vernunft.
Was hat die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale mit Klimaschutz zu tun?
Sehr viel. Überall im Land sollen Menschen leben können, nicht nur in großen Städten. Wir können doch nicht verlangen, dass alle Menschen genau dort leben, eine Wohnung haben, wo sie arbeiten. Das wäre genau das falsche Signal. Der Wohnungsmarkt gerade in Ballungsgebieten und Städten ist angespannt. Es können und wollen doch nicht alle Menschen nach Berlin, Hamburg oder Düsseldorf ziehen. Das Ziel muss sein, dass die Menschen überall gut leben können, gerade im Umfeld der Städte, gerade im ländlichen Raum. Wenn es die Pendlerpauschale nicht schon gäbe, müsste man sie jetzt erfinden. Aber es ist doch schon erfreulich, dass im Zuge der aktuellen Diskussion der Grünen-Parteichef Robert Habeck gelernt hat, dass von der Pendlerpauschale nicht nur Autofahrer profitieren.
Warum beschwören Sie den Zusammenhalt der Gesellschaft? Fürchten Sie, dass „Gelbwesten“marschieren wie in Frankreich?
Wenn sich die Menschen nicht richtig wahrgenommen fühlen, weichen sie auch zu extremen Parteien aus, um ihren Protest auszudrücken. Es ist einfach unfair und nicht richtig, die Interessen von Millionen Menschen nicht im Blick zu haben. Daher erwarte ich von den Grünen, dass sie die Lage nicht nur durch die Brille besser verdienender Großstädter betrachten. Menschen, die in Berlin-Mitte oder in der Kölner Südstadt wohnen, müssen in der Regel nicht auf Windräder oder Hochspannungsleitungen schauen. Sie können mit der U- und S-Bahn zur Arbeit pendeln und sich oft steigende Heizkosten locker leisten. Das sind aber nicht die repräsentativen Bürger. Wir müssen auch die im Blick haben, die im ländlichen Raum leben. Dort wird bei uns der Wohlstand erarbeitet.
Die Junge Union will am Wochenende nicht nur über den Klimaschutz debattieren, sondern auch über eine Urwahl des nächsten Kanzlerkandidaten. Wäre es so falsch, die Parteibasis entscheiden zu lassen?