Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
IS-Kämpfer zurücknehmen?
Türkische Invasion in Syrien entfacht Debatte um Umgang mit ausländischen Dschihadisten
Mehr als 70.000 neue Flüchtlinge binnen 48 Stunden – das ist nach Angaben humanitärer UN-Organisationen eine erste Bilanz der türkischen Offensive in Nordostsyrien. In die Kritik am Einmarsch Ankaras in das Kurdengebiet mischen sich Stimmen, die befürchten, die mehr als 12.000 von den Kurden inhaftierten Kämpfer des „Islamischen Staates“(IS) könnten durch die neuen Gefechte freikommen – darunter auch Dschihadisten deutscher Herkunft. Um die mögliche Rücknahme dieser Kämpfer ist eine Debatte entbrannt.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält eine Rücknahme von IS-Kämpfern deutscher Staatsbürgerschaft, die im Norden Syriens inhaftiert sind, allenfalls unter strengen Voraussetzungen für möglich. „Eine Überstellung deutscher Staatsangehöriger kann nur in einem geordneten Verfahren in Betracht kommen, das ausschließt, dass Sicherheitsgefahren entstehen“, sagte der CSUPolitiker unserer Redaktion. Beispielsweise müsse ein sofortiges Strafverfahren mit Untersuchungshaft sichergestellt werden. Herrmann betonte, Rückkehrer der Terrormiliz IS mit Kampferfahrung aus Syrien und dem Irak seien potenziell hochgefährlich. „Wichtig ist, jeden Einzelfall sorgfältig zu prüfen.“
Linke-Parteichef Bernd Riexinger sagte dagegen: „Wenn deutsche Staatsangehörige Verbrechen begehen, dann sollten sie in Deutschland dafür verurteilt werden.“Die Bundesregierung dürfe sich nicht der Verantwortung entziehen.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu kündigte an, Ankara werde die Heimatländer ausländischer IS-Angehöriger auffordern, diese zurückzunehmen. Er fügte allerdings hinzu: Sollten sich die Herkunftsländer weigern, sei es die Aufgabe der Türkei, dafür zu sorgen, dass die islamistischen Kämpfer nicht freikämen.
Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Graf Lambsdorff, forderte die Bundesregierung auf, eine klare Strategie für den Umgang mit inhaftierten ISKämpfern mit deutscher Staatsbürgerschaft vorzulegen. „Durch den Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien wird noch deutlicher: Berlin muss Lösungen bieten, wie Verbrechen deutscher Staatsbürger im Ausland von deutschen Staatsanwaltschaften verfolgt und deutschen Gerichten ausgeurteilt werden können“, sagte er unserer Redaktion.