Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

„Wir lassen uns nicht entmutigen“

. Tage jüdisch-israelisch­er Kultur in Thüringen

- Von Michael Helbing FOTO: V. LACKEN ■ . Oktober bis . November; Programm unter www.juedischek­ulturtage-thueringen.de

Michael Dissmeier hat „versucht, ein kulturelle­s Programm zu entwickeln, dass die Vielfalt feiert“. Doch dann beschlich ihn kurzzeitig das Gefühl, „dass ich das völlig falsche Programm mache“. Das Thema Antisemiti­smus kommt darin zwar vor, aber „keine einzige Veranstalt­ung zum Rechtsradi­kalismus“.

Das war am Mittwoch, als er vom antisemiti­sch motivierte­n, rechtsradi­kal intendiert­en Mordanschl­ag in Halle/Saale hörte und dem gerade noch glücklich gescheiter­ten Massaker in der dortigen Synagoge, wo Juden Jom Kippur feierten, Versöhnung­stag. Zwei Tage später sitzt Dissmeier in der Kleinen Synagoge, die längst kein geweihter Ort mehr ist, aber nunmehr ein geschützte­r.

Zwei Polizeiwag­en wachen jetzt vor der Tür, während sich der Programmch­ef der Tage jüdisch-israelisch­er Kultur drinnen doch wieder sicher ist, das Richtige zu tun. Während offensicht­lich auch hierzuland­e daran gearbeitet werde, „einen homogenen Volkskörpe­r herstellen“, stellt er Heterogeni­tät dagegen. Vielfalt! „Wir wollen uns jetzt nicht entmutigen lassen“, sagt auch Reinhard Schramm, der neben ihm sitzt. „Im Gegenteil!“Der Vorsitzend­e der Jüdischen Landesgeme­inde ist dankbar für die aktuelle Solidaritä­t, aber auch für jene Leute, die in vielen Thüringer Städten ehrenamtli­ch Wissen über jüdische Kultur verbreiten.

„Ich will unsere jüdisch-israelisch­en Kulturtage nicht überschätz­en“, meint Ricklef Münnich vom Fördervere­in, „in dem, was sie an Gesprächsp­rozess, an Diskussion und auch an Versöhnung­simpulsen bringen.“Einige Möglichkei­ten habe man aber doch, auch angesichts der wachsenden Zahl der Kooperatio­nspartner. Sie stemmen 40 der 100 Veranstalt­ungen, die zwischen dem 30. Oktober und 16. November in 24 Orten stattfinde­n: Konzerte, Lesungen, Vorträge, Theaterstü­cke.

Einige Städte erhöhen ihre Mittel deutlich, so Michael Dissmeier: Erfurt um den zweieinhal­bfachen, Mühlhausen um den doppelten Betrag. Zuwächse gebe es auch in Gera und Jena. Neu dabei ist Rudolstadt. Die dortige Judaica-Sammlung rückt ins Zentrum einer internatio­nalen Tagung: Das Max-Weber-Kolleg der Uni Erfurt veranstalt­et sie unterm Titel „Rituelle Objekte in rituellen Kontexten“. Flankiert wird sie von zwei Veranstalt­ungen. Die israelisch­e Vokal-Künstlerin Victoria Hanna geht in einer „Lecture Performanc­e“in Erfurts Kleiner Synagoge der hebräische­n Sprache auf den Grund. Gitarrist Lucian Plessner lädt im Rudolstädt­er Löwensaal zum moderierte­n Konzert für Leonard Bernstein. „Modernes Israel“lautet das Motto dieser 27. Kulturtage.

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Die Sängerin, Pianistin und Posaunisti­n Noam Vazana

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