Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Den Segen weitergebe­n

-

Das Zusprechen eines Segens ist in vielen Kulturen weltweit verbreitet. Ein Mensch sagt einem anderen Menschen oder einer ganzen Gruppe Gutes zu. Wer segnet, wünscht für die Gesegneten Gesundheit, Stärkung für schwierige Aufgaben, Versöhnung nach Streit, Bewahrung vor Unfall, Glück und ein gelingende­s Leben. Zugleich ist Segnen mehr als Wünschen. Wer segnet, erbittet von Gott dieses Gute für die Gesegneten.

Häufig ist dieser Zuspruch mit einer Geste verbunden: Die Segnende spricht den Segen und legt dabei ihre Hände auf das Haupt oder die Schultern der zu Segnenden. Der Gesegnete spürt die Berührung und weiß intuitiv: Der Zuspruch gilt mir ganz persönlich, der Segen fließt in mein Leben.

Solch ein Segnen ist mit magischen Praktiken verwandt und zugleich von ihnen unterschie­den. Beides wird häufig in Krisensitu­ationen in Anspruch genommen, z. B. in Krankheits­nöten, oder an den Lebensschw­ellen: bei einer Hochzeit oder beim Übergang aus der Kindheit ins Erwachsens­ein.

Doch während die Magie davon ausgeht, dass die korrekt gesprochen­e Formel oder der richtig ausgeführt­e Ritus entscheide­nd ist, respektier­t der Segen ehrfürchti­g die Grenze von Gott und Mensch.

Der Segen gerät niemals in menschlich­e Verfügungs­gewalt. Er ist kein Eigentum der christlich­en Kirche, das sie für sich behalten darf.

Für die Bibel gehört es zum Kern der christlich­en Botschaft, dass Christinne­n und Christen nicht allein die „eignen Leute“segnen, sondern „alle“– sogar bis hin zu den „Feinden“.

Was für ein Schatz, der gläubigen Menschen mit dem Segen anvertraut ist!

Ich denke, dass wir mit diesem Schatz zu knausrig umgehen und dass wir viel häufiger andere Menschen ausdrückli­ch segnen sollten, wenn sich eine stimmige Gelegenhei­t dafür bietet.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!

Newspapers in German

Newspapers from Germany