Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
FDP kämpft gegen Ramelow und Windräder im Wald
Liberale beschließen: Tablets für jeden Schüler, Gründerstipendien, Streichung von Vorschriften und mehr Polizei
Erfurt.
Mit Frontalangriffen gegen die rot-rot-grüne Landesregierung hat die FDP ihre heiße Wahlkampfphase in Thüringen eingeleitet. Wer sich, wie Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), scheue, die DDR als Unrechtsstaat zu benennen, gehöre abgewählt, sagte FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg bei ihrem Besuch des Landesparteitags der Thüringer Freidemokraten am Samstag in Erfurt unter tosendem Applaus von knapp hundert Delegierten.
„Ein Staat, der ein ganzes Volk eingemauert hat, der Millionen um ihre Lebenschance brachte, der Hunderttausende Menschen zu politischen Häftlingen gemacht hat und seine Grenzen in einen Todesstreifen verwandelt hat, der ist ein Unrechtsstaat gewesen“, so Teuteberg. „Wer das leugnet, kleinoder schönredet, der verhöhnt die Opfer dieses Regimes.“
Durch Äußerungen wie von Ramelow zum 7. Oktober – „dem theoretischen 70. Republikgeburtstag der DDR“– werde eine „perfide Strategie der SED und ihrer verschiedenen Nachfolgeparteien wieder aufgewärmt, nämlich die Menschen in Ostdeutschland mit dem Staat eins zu setzen und dafür zu vereinnahmen“, kritisierte die 38-jährige Brandenburgerin.
„Nicht, wer die DDR einen Unrechtsstaat nennt, beschmutzt Lebensleistungen Ostdeutscher, sondern wer das leugnet, der verhöhnt den Mut und den Anstand vieler Ostdeutscher und das, was sie unter erschwerten Bedingungen geleistet haben.“Ramelow hatte in einem Interview gesagt, die DDR sei zwar eine Diktatur gewesen, er lehne den Begriff Unrechtsstaat jedoch ab, weil der Unrechtsstaat-Begriff juristisch für den Auschwitz-Prozess definiert worden sei.
Mit zwei Parteien, und zwar der Linken von Bodo Ramelow sowie der von Björn Höcke durchgeprägten Thüringer AfD, schließe er eine Regierungskoalition mit der FDP kategorisch aus, stellte Thüringens FDPLandeschef und Spitzenkandidat Thomas L. Kemmerich auf Nachfrage unserer Zeitung klar.
Die FDP, so der Unternehmer Kemmerich, der von 2009 bis 2014 dem Thüringer Landtag angehörte und seit 2017 im Bundestag sitzt, strebe im Freistaat einen Regierungswechsel durch eine „Koalition der Mitte“an.
Für den Fall einer Regierungsbeteiligung schloss Kemmerich ein Ministeramt für sich persönlich aus. Interesse hätte seine Partei an einem Landesressort für Infrastruktur Digitalisierung. In repräsentativen Umfragen in diesem Jahr pendelte die Thüringer FDP zwischen vier und sechs Prozent.
Digitalisierung ist ein Schwerpunkt des „Fünf-Punkte-Plans für Thüringen“, den die Delegierten als Marschroute für einen „Neustart in der Landesregierung“beim Parteitag einstimmig beschlossen. „Alle etwa 200.000 Schülerinnen und Schüler in Thüringen sollen ein Tablet erhalten“, sagte Kemmerich unserer Zeitung. 20 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt seien eine gute Investition in eine bessere Schulbildung mit erhöhten Bildungschancen für Thüringer Kinder.
Der für die FDP traditionell besonders wichtige Mittelstand soll ebenfalls gefördert werden, um die Innovationskraft der Thüringer Wirtschaft zu stärken. Für „kluge Ideen“soll es einjährige Gründungsstipendien über jeweils 1000 Euro pro Monat geben.
„Wir brauchen weniger Verwaltung“, sagte Kemmerich. Ziel sei es, im ersten Jahr einer möglichen Regierungsverantwortung „tausend lähmende und veraltete Vorschriften aufzuheben, um Thüringens Schaffenskraft zu entfesseln“.
Zur Umweltpolitik als viertem Schwerpunktthema beschloss der FDP-Landesparteitag ein Verbot von Windkraftanlagen in Thüringer Wäldern. Der Thüringer Wald sei das „grüne Herz“Deutschlands. „Das soll auch so bleiben.“
Die Generalsekretärin der Bundes-FDP, Linda Teuteberg, warnte vor einem Missbrauch des Themas Klimaschutz durch „extremistische Linke“. Diese Leute seien bereits dabei, das Klimaschutzthema „für die Systemfrage und für ihre Vorstellungen zu nutzen und zu vereinnahmen“. Nicht nur die Abschaffung der Marktwirtschaft werde von linksextremen Klimaaktivisten gefordert, so Teuteberg. Auch das demokratische System werde in Frage gestellt. Ein Mitbegründer von Extinction Rebellion habe geäußert, bei manchen Problemen sei Demokratie irrelevant. KlimaschutzAktivist Roger Hallam hatte dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel vor wenigen Tagen gesagt: „Wenn eine Demokratie so unmoralisch handelt, wird Demokratie irrelevant.“
„Wer Demokratie für irrelevant erklärt, der disqualifiziert sich selbst“, hielt Teuteberg dem entgegen. „Demokratie ist nicht irgendein Luxus, den man bei höheren Temperaturen in Frage stellen könnte, sondern hier vereinnahmen einige Radikale das wichtige Thema Klimaschutz für einen Angriff auf unser politisches und auf unser wirtschaftliches System.“
Der fünfte Punkt des fiktiven FDP-Regierungsplans sieht eine Verbesserung der inneren Sicherheit vor. Dazu sollten 600 Polizisten mehr auf Thüringens Straßen eingesetzt werden, forderte FDP-Landeschef Kemmerich. „Wir werden den Innendienst von Bürokratie befreien und eine Ausbildungsoffensive starten.“Das entlaste die Polizeibeamten und sichere das Vertrauen in den Rechtsstaat.