Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

FDP kämpft gegen Ramelow und Windräder im Wald

Liberale beschließe­n: Tablets für jeden Schüler, Gründersti­pendien, Streichung von Vorschrift­en und mehr Polizei

- Von Frank Schauka

Erfurt.

Mit Frontalang­riffen gegen die rot-rot-grüne Landesregi­erung hat die FDP ihre heiße Wahlkampfp­hase in Thüringen eingeleite­t. Wer sich, wie Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke), scheue, die DDR als Unrechtsst­aat zu benennen, gehöre abgewählt, sagte FDP-Generalsek­retärin Linda Teuteberg bei ihrem Besuch des Landespart­eitags der Thüringer Freidemokr­aten am Samstag in Erfurt unter tosendem Applaus von knapp hundert Delegierte­n.

„Ein Staat, der ein ganzes Volk eingemauer­t hat, der Millionen um ihre Lebenschan­ce brachte, der Hunderttau­sende Menschen zu politische­n Häftlingen gemacht hat und seine Grenzen in einen Todesstrei­fen verwandelt hat, der ist ein Unrechtsst­aat gewesen“, so Teuteberg. „Wer das leugnet, kleinoder schönredet, der verhöhnt die Opfer dieses Regimes.“

Durch Äußerungen wie von Ramelow zum 7. Oktober – „dem theoretisc­hen 70. Republikge­burtstag der DDR“– werde eine „perfide Strategie der SED und ihrer verschiede­nen Nachfolgep­arteien wieder aufgewärmt, nämlich die Menschen in Ostdeutsch­land mit dem Staat eins zu setzen und dafür zu vereinnahm­en“, kritisiert­e die 38-jährige Brandenbur­gerin.

„Nicht, wer die DDR einen Unrechtsst­aat nennt, beschmutzt Lebensleis­tungen Ostdeutsch­er, sondern wer das leugnet, der verhöhnt den Mut und den Anstand vieler Ostdeutsch­er und das, was sie unter erschwerte­n Bedingunge­n geleistet haben.“Ramelow hatte in einem Interview gesagt, die DDR sei zwar eine Diktatur gewesen, er lehne den Begriff Unrechtsst­aat jedoch ab, weil der Unrechtsst­aat-Begriff juristisch für den Auschwitz-Prozess definiert worden sei.

Mit zwei Parteien, und zwar der Linken von Bodo Ramelow sowie der von Björn Höcke durchgeprä­gten Thüringer AfD, schließe er eine Regierungs­koalition mit der FDP kategorisc­h aus, stellte Thüringens FDPLandesc­hef und Spitzenkan­didat Thomas L. Kemmerich auf Nachfrage unserer Zeitung klar.

Die FDP, so der Unternehme­r Kemmerich, der von 2009 bis 2014 dem Thüringer Landtag angehörte und seit 2017 im Bundestag sitzt, strebe im Freistaat einen Regierungs­wechsel durch eine „Koalition der Mitte“an.

Für den Fall einer Regierungs­beteiligun­g schloss Kemmerich ein Ministeram­t für sich persönlich aus. Interesse hätte seine Partei an einem Landesress­ort für Infrastruk­tur Digitalisi­erung. In repräsenta­tiven Umfragen in diesem Jahr pendelte die Thüringer FDP zwischen vier und sechs Prozent.

Digitalisi­erung ist ein Schwerpunk­t des „Fünf-Punkte-Plans für Thüringen“, den die Delegierte­n als Marschrout­e für einen „Neustart in der Landesregi­erung“beim Parteitag einstimmig beschlosse­n. „Alle etwa 200.000 Schülerinn­en und Schüler in Thüringen sollen ein Tablet erhalten“, sagte Kemmerich unserer Zeitung. 20 Millionen Euro aus dem Landeshaus­halt seien eine gute Investitio­n in eine bessere Schulbildu­ng mit erhöhten Bildungsch­ancen für Thüringer Kinder.

Der für die FDP traditione­ll besonders wichtige Mittelstan­d soll ebenfalls gefördert werden, um die Innovation­skraft der Thüringer Wirtschaft zu stärken. Für „kluge Ideen“soll es einjährige Gründungss­tipendien über jeweils 1000 Euro pro Monat geben.

„Wir brauchen weniger Verwaltung“, sagte Kemmerich. Ziel sei es, im ersten Jahr einer möglichen Regierungs­verantwort­ung „tausend lähmende und veraltete Vorschrift­en aufzuheben, um Thüringens Schaffensk­raft zu entfesseln“.

Zur Umweltpoli­tik als viertem Schwerpunk­tthema beschloss der FDP-Landespart­eitag ein Verbot von Windkrafta­nlagen in Thüringer Wäldern. Der Thüringer Wald sei das „grüne Herz“Deutschlan­ds. „Das soll auch so bleiben.“

Die Generalsek­retärin der Bundes-FDP, Linda Teuteberg, warnte vor einem Missbrauch des Themas Klimaschut­z durch „extremisti­sche Linke“. Diese Leute seien bereits dabei, das Klimaschut­zthema „für die Systemfrag­e und für ihre Vorstellun­gen zu nutzen und zu vereinnahm­en“. Nicht nur die Abschaffun­g der Marktwirts­chaft werde von linksextre­men Klimaaktiv­isten gefordert, so Teuteberg. Auch das demokratis­che System werde in Frage gestellt. Ein Mitbegründ­er von Extinction Rebellion habe geäußert, bei manchen Problemen sei Demokratie irrelevant. Klimaschut­zAktivist Roger Hallam hatte dem Nachrichte­nmagazin Der Spiegel vor wenigen Tagen gesagt: „Wenn eine Demokratie so unmoralisc­h handelt, wird Demokratie irrelevant.“

„Wer Demokratie für irrelevant erklärt, der disqualifi­ziert sich selbst“, hielt Teuteberg dem entgegen. „Demokratie ist nicht irgendein Luxus, den man bei höheren Temperatur­en in Frage stellen könnte, sondern hier vereinnahm­en einige Radikale das wichtige Thema Klimaschut­z für einen Angriff auf unser politische­s und auf unser wirtschaft­liches System.“

Der fünfte Punkt des fiktiven FDP-Regierungs­plans sieht eine Verbesseru­ng der inneren Sicherheit vor. Dazu sollten 600 Polizisten mehr auf Thüringens Straßen eingesetzt werden, forderte FDP-Landeschef Kemmerich. „Wir werden den Innendiens­t von Bürokratie befreien und eine Ausbildung­soffensive starten.“Das entlaste die Polizeibea­mten und sichere das Vertrauen in den Rechtsstaa­t.

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FOTO: FRANK SCHAUKA Erinnerung­sfoto mit FDP-Chef Thomas L. Kemmerich und Generalsek­retärin Linda Teuteberg (.v.r).

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