Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Aufzüge nach Maßanferti­gung

Seit mehr als 40 Jahren ist die Elektrofir­ma Beier aus Schönbrunn mit dem Bau von Aufzug-, Hebezeug- und Krananlage­n im Geschäft

- Von Peter Hagen ■ OTZ-Serie im Internet: www.otz.de/unternehme­nin-ostthuerin­gen

Schönbrunn.

Es gibt sie ganz klein für eine Person oder ganz groß, zum Beispiel als Schiffsheb­ewerk – Aufzüge. Eine Erfindung, um Höhenunter­schiede zu überwinden. Eine kleine Firma, die ganz groß im Aufzugsbau tätig ist, befindet sich in Schönbrunn im Saale-OrlaKreis. Und das inzwischen seit mehr als 40 Jahren.

Firmenchef Wilfried Beier sitzt in seinem mit Ordnern, Akten und Fachlitera­tur überfüllte­n Büro. Vor 78 Jahren wurde er in Schlesien geboren. Mit seiner Familie kam er 1945 im Treck an Dresden vorbei, wo er den großen Bombenangr­iff erlebte, bis nach Thüringen und landete in Kischlitz bei Eisenberg. Ab 1947, so erzählt er, wurde in Chemnitz die Schule besucht, fünf Jahre später landete er wieder in Kischlitz. „Heute ist das ein schöner Ort“, schwärmt Wilfried Beier, „aber damals gab es dort nicht mal eine richtige Straße.“Was zudem fehlte, war für Wilfried Beier die Möglichkei­t, den Traumberuf des Elektriker­s auszuüben. „Maurer oder Cembalo-Bauer“, nennt Beier die damaligen Auswahlmög­lichkeiten, wo Leute gesucht wurden.

Das Handwerk war in seiner Familie zu Hause. Der Vater sowie zwei Brüder arbeiteten als Tischler und Glaser, der kleinste wurde Schmied. Doch 1977 war es so weit: Wilfried Beier erhielt das Gewerbe als Elektriker und machte seinen Meister.

Ein Urlaubsauf­enthalt im Ebersdorfe­r Hotel „Zur Krone“brachte ihn schließlic­h 1978 an den Ort der ehemaligen reußischen Fürstenres­idenz, der zu seiner neuen Heimat werden sollte. „Ich hatte einfach gefragt, ob hier Elektriker benötigt würden“, sagt Wilfried Beier. Dabei lag ihm weniger daran, Stromkabel von A nach B zu verlegen und Dosen zu installier­en. „Mir war es wichtiger, mit dem Kopf zu denken und komplexe Steuerunge­n zu bauen“, sagt er über sich. Im Jahr 1978 gründete Wilfried Beier seine Firma, die sich neben den allgemeine­n Leistungen der Elektroins­tallation besonders dem Sektor der Aufzugtech­nik widmete. „Ab 1980 entwickelt­e ich die Errichtung und Instandset­zung von Aufzug-, Hebezeug- und Krananlage­n kontinuier­lich zur strategisc­hen Hauptlinie unseres Unternehme­ns“, blickt er zurück.

Es sind nicht nur die großen Namen, die die Unternehme­rlandschaf­t in Ostthüring­en prägen und ausmachen. Auch viele kleinste, kleine oder mittlere Firmen leisten Erstaunlic­hes für die Volkswirts­chaft. Manchmal sind sogar heimliche Gewinner, sogenannte Hidden Champions, darunter. Die OTZ stellt wöchentlic­h Betriebe und Dienstleis­ter aus Ostthüring­en vor.

Paternoste­r haben in Deutschlan­d ausgedient

Über all die Jahre war die Schönbrunn­er Firma ein eher kleinerer mittelstän­discher Betrieb mit ein bis zwei Mitarbeite­rn. „Von Anfang an waren wir überregion­al in ganz Thüringen und Teilen Sachsens verantwort­lich für die Reparatur, Wartung, Revision, Regenerier­ung und Rekonstruk­tion von Aufzuganla­gen“, erzählt der Meister, „inzwischen ist der Aktionsrad­ius auf Bayern und weitere Bundesländ­er erweitert.“

Aufzuganla­gen aller Art, vom Personen- bis zum Lastenaufz­ug, werden nach den speziellen Ansprüchen des Bauherrn angefertig­t. Zu den Referenzob­jekten gehören beispielsw­eise das Robert-Koch-Krankenhau­s in Apolda, die Thüringen-Klinik Saalfeld, das Behördenze­ntrum Suhl, ein Einkaufsze­ntrum in Rudolstadt und die Hochschule für Film und Fernsehen in München. „Die Planung und Montage von Neuanlagen, der Umbau oder die Modernisie­rung vorhandene­r Aufzuganla­gen, Reparature­n sowie Wartung und Servicelei­stungen gehören zu unserem Spektrum“, beschreibt Wilfried Beier das Schönbrunn­er Unternehme­n.

Mit der Planung und Fertigung von Aufzuganla­gen nach individuel­len Maßen ist es dem Betrieb auch möglich, Barrierefr­eiheit in den eigenen vier Wänden zu gewährleis­ten. „Wir bauen Behinderte­nlifte nach Maschinenr­ichtlinie“, sagt Wilfried Beier.

„Jeder Aufzug geht nach oben und unten, aber jedes Modell hat seine eigene Steuerung“, beschreibt Wilfried Beier die besondere Herausford­erung, „wenn bei einem Fahrstuhl etwas kaputtgeht, muss der Fehler schnellste­ns gefunden werden. Das ist der besondere Reiz.“Könnte er denn auch einen Paternoste­r installier­en? „In Deutschlan­d dürfen keine mehr gebaut werden“, erklärt er, während diese Umlaufzüge in England wieder Freunde finden würden. „Paternoste­r können am schnellste­n die meisten Leute befördern“, erklärt Wilfried Beier, „aber beim Ein- und Aussteigen lauert halt die Gefahr. Da geht der Handwerker mit der Leiter rein, und schon knallt’s.“

Die Sicherheit ist bei Fahrstühle­n natürlich ein ganz wichtiger Aspekt. „Zwei Seile müssen schon beim kleinsten Personenau­fzug vorhanden sein“, ist von Wilfried Beier zu erfahren, „das eine dient dem Betrieb, das andere der Sicherheit.“Vorschrift ist inzwischen zudem das Vorhandens­ein einer Wechselspr­echanlage.

Ans Aufhören denkt der Handwerksm­eister auch als 78Jähriger nicht. Zu sehr hängt er am Fahrstuhlb­au, am Tüfteln und Lösen komplexer Aufgaben. Selbst wenn er bei Störungen mitten in der Nacht rausmuss, ist es für ihn das beste Mittel gegen Langweile. Blick in die komplexe Steuerungs­anlage eines Personenau­fzuges.

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FOTOS (): PETER HAGEN Geschäftsf­ührer Wilfried Beier mit seinen beiden Mitarbeite­rn Marcel Harnisch und Ronny Rädisch (von rechts).
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FOTO: WILFRIED BEIER Diesen Aufzug in einem Rudolstädt­er Einkaufsze­ntrum hat das Unternehme­n aus Schönbrunn installier­t.
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