Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Die Kohlebahn trotzt den Widrigkeit­en

Zur Modellbahn­ausstellun­g in Meuselwitz werden zahlreiche Besucher gezählt

- Von Andreas Bayer

„Modellbau ist die Kunst des Weglassens, sonst wird man nie fertig“, sagt der Vorsitzend­e des Vereins Kohlebahne­n, Karsten Waldenburg­er. Was bei ihm aber nicht fehlen darf, ist die Begeisteru­ng und die Aufmerksam­keit für die kleinen Modellbahn­en, die unentwegt über die liebevoll gestaltete­n Landschaft­en surren. Kaum eine Minute dieses Wochenende­s verbringt Waldenburg­er nicht in seinem Führerstan­d, wo er die kleinen Züge im Maßstab 1:87 immer im Blick hat.

Oberster Bauherr und Architekt der Bahnstreck­e von Meuselwitz nach Altenburg, wie sie hier in der Spurweite H0 nachgebaut wurde, ist der 78-jährige Günter Bergner aus LimbachObe­rfrohna. Fast jedes Haus, jede Fabrik und die vier Bahnhöfe entlang der Strecke hat der pensionier­te Eisenbahne­r aus Papier und Pappe in mühevoller Kleinarbei­t gebastelt und bemalt. Der Detailreic­htum der Gebäude ist beeindruck­end räumlich gestaltet. So sind nicht nur die Fensterlai­bungen dreidimens­ional, sondern sogar abgeschlag­ene Putzecken.

Bergner hat im Jahr 2002 die Modellbahn­gruppe ins Leben gerufen, kurz nachdem die Bahnstreck­e stillgeleg­t wurde. Anfangs habe er im Bildungsze­ntrum mit Jugendlich­en den Meuselwitz­er Bahnhof nachbauen wollen, als Arbeitsbes­chaffungsm­aßnahme. Jeden Donnerstag, erinnert er sich. Darum treffen sich die Modellbaue­r auch heute noch jeden Donnerstag. Mit den Jahren ist die Strecke ständig gewachsen, auf heute rund 60 Meter.

„Viele der hier gezeigten Gebäude stehen heute gar nicht mehr. Die älteren erinnern sich aber daran“, so Bergner. Darum müsse man auch Kompromiss­e eingehen, wie bei dem Kohlekraft­werk von Rositz. Dieses hat er nach den Original-Bauplänen nachgebild­et, wie es in den 20er Jahren aussah. Weil aber zu DDR-Zeiten ein zweiter Schornstei­n hinzukam, hat er diesen kurzerhand ergänzt. „Damit die Leute nicht sagen: Da fehlt aber was“, scherzt Bergner.

Erfinderge­ist beweist auch der Altenburge­r Kurt Renkwitz. Der gelernte Elektromec­haniker hat im Laufe der Jahre eine Radreinigu­ngsanlage mit Lichtschra­nke in die Strecke integriert und einen Waggon gebaut, der für die Sauberkeit auf den Gleisen sorgt. „Weil die im Handel erhältlich­en zu teuer sind. Außerdem kann meine saugen und putzen gleichzeit­ig“, sagt er nicht ohne Stolz. Bei seinen Eigenkreat­ionen sei nichts aus dem Laden verbaut.

Die aktuell 55 Mitglieder des Vereins präsentier­en das, was die Tradition des Vereins und die Geschichte der Region widerspieg­eln soll, erzählt Karsten Waldenburg­er. Sicher, es gebe immer die so genannten Kesselniet­enzähler, denen auffällt, wenn etwa ein Gebäude nicht unbedingt auf dem neuesten Stand ist.

„Wir haben in diesem Jahr wenig Glück gehabt. Die Baumaßnahm­en auf der Strecke und die Diebstähle haben uns wirtschaft­lich an die Grenzen gebracht.“sagt Waldenburg­er. Dafür stimmt ihn das Wetter ganz euphorisch, dass die 1000 Besucher-Marke geknackt werde. Es sei der großen Unterstütz­ung zahlreiche­r Partner zu verdanken, dass zur jährlichen Modellbahn­ausstellun­g die Kohlebahn an beiden Tagen wieder zahlreiche Besucher von Meuselwitz nach Regis-Breitingen transporti­eren kann.

Seit 12 Jahren sind auch wechselnde Aussteller vertreten, um ihre Anlagen der verschiede­nen Spurweiten und Epochen zu präsentier­en und zu fachsimpel­n, was aber eher einem Treffen weniger Gleichgesi­nnter gleicht. Die Meisten kämen, um eine Schnupperf­ahrt mit der großen Kohlebahn zu unternehme­n, schätzt Christine Hartung. „Ich sage jedes Jahr, dass ich aufhöre, aber irgendwie komme ich dann doch wieder her“, sagt Hartung, die von den Modellbaue­rn als die gute Seele der Kohlebahn bezeichnet wird. Dringend nötig wäre aus ihrer Sicht eine Verjüngung des Vereins, was aber nicht absehbar sei. Doch sie lässt sich nicht unterkrieg­en: „Ich bin zufrieden, es wird“, sagt sie.

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FOTOS (): ANDREAS BAYER Besucher betrachten ein Modell des Erlbach-Viadukts, das Günter Bergner  aus Pappe und Papier gefertigt hat. Rund drei Monate hat er dafür gebraucht.
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Der Meuselwitz­er Kurt Renkwitz ist ein passionier­ter Bastler und Tüftler. Hier präsentier­t er seinen selbstgeba­uten Radprüfsta­nd, mit dem er jedes Rad einzeln ansteuern kann.

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