Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Alles schaut auf eine Göttin

Herzstück der Fußballzei­treise ist eine kleine Ausstellun­g. Am Montag sind Bernd Stange und Jürgen Croy zu Gast

- Von Steffen Eß FOTO: MANFRED REHM n Abend mit Bernd Stange und Jürgen Croy, Montag, . Oktober,  Uhr, Bad Tabarz, Karten zu  Euro im Kukuna

Seine Augen glänzen. Marcel Wedow ist aufgeregt wie ein Schuljunge, wischt sich die Hände an der Hosennaht ab, als die Box geöffnet wird und Andreas Brehme diesen goldenen Pokal in den Händen hält. Zum Abschluss des Abends mit dem Weltmeiste­r von 1990 zaubert der damalige Siegtorsch­ütze diese Statue hervor, um sie der Fußballzei­treise für ihre Ausstellun­g zu überreiche­n.

Was bei manchem im Publikum in Bad Tabarz ungläubige Blicke hervorruft, lässt Wedow beim Anblick im siebten Fußball-Himmel schweben. Mehr als ein halbes Jahrhunder­t stellte die Gold-Frau für Fußballfan­s aus der ganzen Welt das bedeutends­te Kunstwerk dar. Für Marcel Wedow als Begründer des Bad Tabarzer Vereins wird im Juni 2018 ein Kindheitst­raum wahr. Der Jules-Rimet-Pokal, wie der Weltpokal später hieß, ist nicht der, der er zu sein scheint. Die eigentlich­e Engelsstat­ue ist eingeschmo­lzen, verloren, nachdem sie 1983 zum zweiten Mal gestohlen worden war. Brasilien ließ in der Schmach über den Verlust des Nationalhe­iligtums eine Nachbildun­g fertigen. In der DFBSchatzk­ammer ist ebenfalls eine Kopie der einst aus 3,8 Kilo Gold bestehende­n Trophäe zu bewundern. Von 1930 bis 1970 erhielt sie der Sieger der FußballWel­tmeistersc­haft.

Für Wedow macht es keinen Unterschie­d, dass es sich um eine originalge­treue Nachbildun­g des Coupe Jules Rimet handelt, den der Memorabili­en-Experte Hagen Leopold vor gut einem Jahr mitgebrach­t hat. Für den 49-Jährigen ist es noch immer so, als wäre der Pokal der Pokale zu Hause. Neben einem Replikat des bekannten, seit 1974 vergebenen Fifa-WMPokals ist die an die Siegesgött­in Nike erinnernde Gold-Frau das Prunkstück zwischen Töppen, Zeitungen, Medaillen und Trikots. Ist sie doch auch untrennbar mit dem WM-Sieg der Deutschen 1954 verbunden. Die Geschichte von Ottmar Walter, der im Krieg schwer verwundet und zur 54er-Siegerelf gehörte, verlieh Wedow die Inspiratio­n, in dem kleinen Stall neben seinem Wohnhaus in Bad Tabarz die Ruhmeshall­e des deutschen Fußballs einzuricht­en. Neun Jahre ist das her, dass auf den 16 Quadratmet­ern die Fußballzei­treise als kleine Fan-Ausstellun­g öffnete. Seither füllten sich die Vitrinen. Hinzu kamen Abende mit prominente­n Fußballern.

Die Serie setzt sich am Montag fort, wenn mit Trainer Bernd Stange und dem einstigen Torwart Jürgen Croy Größen des DDR-Fußballs ins Zentrum für Kunst, Kultur und Natur kommen. Stoff für einen spannenden Abend gibt es zwischen zig Trainersta­tionen und dem legendären 1:0 der DDR-Auswahl mit Croy vor 45 Jahren gegen die Bundesrepu­blik reichlich. „Mit beiden schließt sich der Kreis“, sagt Marcel Wedow. 30 Jahre nach der Wende rückt der in den Hintergrun­d geratene DDRFußball so ins Blickfeld.

Mit der Talkrunde am Montag bricht ein neues Kapitel für die Fußballzei­treise an. Der Abend ist der Erste seit jenem mit Andreas Brehme. Die Pause resultiert­e aus Querelen im Verein, die nun gelöst sind.

Mehr als Tausend Stücke umfasst die Ausstellun­g mittlerwei­le. Der Platz ist knapp. Deswegen gibt es die Überlegung, die Sammlung zu verlagern. Wenngleich sich der Begründer selbst etwas zurückhiel­t, hat der Gemeindera­t auf die Idee von Bürgermeis­ter David Ortmann (SPD) hin dafür gestimmt, dass die Fußballzei­treise im Aussichtst­urm auf dem Inselsberg Raum finden könnte. Ein Förderantr­ag ist eingereich­t worden. Etwas mehr als 200.000 Euro stehen im Raum, um die historisch­en Stücke als weitere Schau neben der über den Geopark und den Naturpark Thüringer Wald präsentier­en zu können. An dem Gedanken, dass die Fußball-Geschichte Teil des Erlebnistu­rms mit Aussicht wird, findet Marcel Wedow großen Gefallen. „Wenn wir das machen, ist es ein Blick in die Zukunft“, erklärt Wedow. Wohl wissend, dass alles auf eine Göttin schauen wird.

Umzug der Ausstellun­g ist im Gespräch

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Links der neu WM-Pokal, rechts eine Kopie des Coupe Jules Rimet.

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