Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Im Herbst-Blues
Süles Kreuzbandriss, Mängel im Abschluss, verärgerter Kovac: Nach dem : in Augsburg ist bei Bayern die Unruhe zurück
Von einer „Hiobsbotschaft“und einem „Super-Gau“berichtete der Sprecher des Vereins-TVs am Sonntagvormittag. Unterlegt wurden die Einlassungen zu Niklas Süles gerade offiziell bestätigtem Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie vom gequälten Lächeln, das seine Kollegen für die Erinnerungsfotos der Fans vor Beginn des Trainings anknipsten. Noch am Sonntag sollte Süle operiert werden, teilten die Münchner mit und schrieben von einem „herben Schlag“für den Innenverteidiger und den FC Bayern.
Auch für Joachim Löw traf das zu, siebeneinhalb Monate vor Beginn der EM, die für Süle zu früh kommen könnte. „Eine ganz bittere Nachricht“sei die schwere Blessur seines „Fixpunktes“, Süles Ausfall sei „schmerzlich und beeinträchtigt die Entwicklung unserer im Umbruch befindlichen jungen Mannschaft“, sagte der Bundestrainer. Er sieht sich neben dem Verlust seines Abwehrchefs mit der Neuauflage der Rückkehr-Debatte von Mats Hummels konfrontiert.
Bereits als 19-Jährigem bei der TSG Hoffenheim war Süle das vordere Kreuzband im linken Knie gerissen, wie am Samstag in der Frühphase des 2:2 (1:1) in Augsburg auch im Dezember 2014 ohne direkte Einwirkung eines Gegenspielers.
Wie Süle noch während des Spiels auf Krücken aus dem Stadion humpelte, war der bildliche Überbau des betrüblichen Nachmittags für die Bayern beim kleinen Nachbarn. Eigentlich hätte das Derby dazu dienen sollen, die 1:2-Heimpleite gegen Hoffenheim mit einem Auswärtssieg abzumildern. Stattdessen müssen die Münchner nun zwei Wochen
Augsburg.
später neben Süles möglichem Saison-Aus eine weitere gefühlte Niederlage durch den späten Ausgleich durch Alfred Finnbogason (90.+1) verarbeiten – und damit den nächsten Rückschlag in der Liga vor der an diesem Montag beginnenden Dienstreise zu Olympiakos Piräus in der Champions League.
Die Begleitumstände des verschenkten Sieges nährten den Eindruck, dass der FC Bayern wie 2018 auch in diesem Herbst vom Blues erfasst worden ist. Vor einem Jahr leitete diesen ein 1:1 gegen den FCA ein. Nun stecken die Münchner schon mittendrin nach nur vier Siegen aus acht Ligaspielen, der schlechtesten Punktausbeute seit neun Jahren, und je zwei Gegentoren in den jüngsten vier Partien sowie insgesamt zehn Gegentoren in der Liga – so viele wie seit elf Jahren nicht mehr, als es unter Jürgen Klinsmann zu diesem Zeitpunkt 13 waren. Anzeichen verstärkter Verstimmtheit ließ auch der aktuelle Trainer Niko Kovac erkennen, der äußerst dünnhäutig auf Nachfragen zu dem zum sechsten Mal in Serie eingewechselten Thomas Müller und zur Endphase reagierte. Er wirkte ähnlich wenig souverän wie seine Elf zu Beginn und gegen Ende des Spiels, als sie wiederkehrende Mängel im Aufbau und Abschluss vorführte.
Mit dem 1:0 nach 28 Sekunden von Marco Richter hatte der Nachmittag begonnen. Am 15. Februar, beim vorherigen Gastspiel der Münchner in Augsburg, hatten sie bereits nach zwölf Sekunden zurückgelegen, aber noch 3:2 gewonnen. Nun reichte es auch deshalb nicht dazu, weil die überwiegend dominanten Bayern nach den Toren von Robert Lewandowski (14.) und Serge Gnabry (49.) es versäumten, weitere Chancen zu nutzen, begleitet von erstaunlichen Einladungen zu Kontern.
„Ballverluste gehören dazu“, sagte Kapitän Manuel Neuer, sie seien aber „viel zu häufig der Fall“. Seine Diagnose, dass den wiederholten Makeln „natürlich auch ein Kopfproblem“zugrunde liege, unterfütterte er mit dem Hinweis auf die Zeitpunkte der Gegentore. Und dass man „sich die Punkte klauen lässt, das ist nicht Bayern-like“, sagte er. Nur vier Siege seien „nicht unser Anspruch“. Das weiß auch Kovac, der den Herbst-Blues nun ohne Süle bewältigen muss.