Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Aus dem Hinterhalt
V or einem Jahr zog sich Angela Merkel von der Parteispitze zurück und stellte ihre CDU-Schuhe in den Flur des Konrad-Adenauer-Hauses. Dass die für Annegret Kramp-Karrenbauer eine Nummer zu groß sein dürften, dieser Eindruck hat sich zuletzt eher noch verstärkt. In der Union heißt es zur Performance der früheren Ministerpräsidentin: „Sie ist raus aus dem Saarland, aber das Saarland ist nicht raus aus ihr.“
Nun marschiert aus dem Sauerland ein alter Bekannter in Cowboystiefeln wieder auf die Bühne. Friedrich Merz will nach dem CDU-Debakel in Thüringen die Kanzlerin politisch erledigen. Die stellte ihn 2002 gemeinsam mit Edmund Stoiber kalt. Wenn dabei auf dem Parteitag in Leipzig in drei Wochen auch Annegret Kramp-Karrenbauer auf der Strecke bleibt, würde das Merz kaum stören.
Er beteuert westfälische Treue, schränkt aber ein, die gefällte Entscheidung für die Vorsitzende gelte „bis auf Weiteres“. Echte Loyalität hört sich anders an. Der 63-Jährige hält sich für den Besten, um den konservativen Markenkern aufzupolieren.
Inhaltlich trifft Friedrich Merz viele Punkte. Angela Merkel hat in ihrer langen Kanzlerschaft mit der systematischen Einschläferung der Republik, ihrer zu schlecht erklärten Flüchtlingspolitik und der überdehnten Sozialdemokratisierung der CDU zum Abstieg ihrer Partei beigetragen. Als Placebo erweist sich mit der Thüringen-Wahl Merkels oft verabreichte Beruhigungspille, dass gegen die CDU nicht regiert werden könne.
Kein guter Stil ist, die Bundeskanzlerin und die besser als ihr Ruf arbeitende Regierung öffentlich derart abzuqualifizieren.
Die AfD wird sich freuen, wie die CDU sich „grottenschlecht“zerlegt. Das kannte man so lange nur von der SPD. Meint es Friedrich Merz ernst, sollte er auf dem Bundesparteitag in Leipzig Truppen sammeln und mit offenem Visier für die Urwahl des Kanzlerkandidaten antreten. Verliert er allerdings erneut, dann muss er Ruhe geben.