Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Beton in der Brust
Sven Ole Müller moderiert die Ehrungsveranstaltung der Geraer Nachwuchs-Radsportler. Viel Stoff zum Nachdenken
Sven Ole Müller moderierte den Abend, gratulierte den Geraer Radsportlern zu einer wieder erfolgreichen Saison. EM-Bronze in der Mannschaftsverfolgung (U23) durch Lena Reißner steht als der internationale Erfolg der abgelaufenen Saison, DM-Silber Madison und DM-Bronze im Scratch sowie Meisterschaftsbronze in der Mannschaftsverfolgung komplettieren ihre Bilanz. „Lena ist zuzutrauen, dass wir sie 2024 bei Olympia sehen. Ihr Talent auf der Bahn und in der Mannschaftsverfolgung kann dies möglich machen“, sagt Trainer Gerald Mortag, Olympiazweiter 1980 und dreimaliger Weltmeister in der Vierer-Mannschaft auf der Bahn. Jannis Peter qualifizierte sich für die U23-EM und erkämpfte bei den deutschen Straßen-Meisterschaften die Bronzemedaille im Mannschaftszeitfahren. Die Nachwuchssportler vom SSV Gera holten insgesamt zehn DM-Medaillen (4/2/4), 48 Plaketten bei Landesmeisterschaften (19/10/19) und fuhren zum sechsten Mal in Folge den Gesamtsieg beim Jugend-Fördercup Thüringen ein. „Jeder Erfolg ist wichtig“, sagt Vereinspräsident Olaf Albrecht und dankte den Eltern für ihre Unterstützung“.
Ob die Nachwuchsrenner des SSV Gera schon einmal etwas von Ultracycler Sven Ole Müller gehört hatten? Nach dem Abend wissen sie in jedem Fall Bescheid. Der gebürtige Geraer stellte sich vor, erzählte, dass er auch einst ein hoffnungsvoller Radsportler gewesen sei, doch das Heimweh war stärker, als die Aussicht auf die großen Erfolg. Er entschied sich gegen die Sportschule und fühlte unfertig.
„Mein Traum war es immer gewesen, einmal bei Olympia dabei zu sein“, sagt er. Doch die Chance war in jungen Jahren vertan und jenseits der 40 reifte bei ihm der Entschluss: Setz dich wieder aufs Rad, geh auf die langen Distanzen, fahr um den Sieg bei den Ultrarennen – als Äquivalent zu Olympia. Mit dem Sieg Race Across America mit der von ihm formierten Mixed-Staffel feierte er einen großen Erfolg. Nach quer durch Amerika geht es 2020 beim Red Bull Trans-Sibirian Extrem quer durch Russland, von Moskau nach Wladiwostok durch sieben Zeit- und 14 Klimazonen, 9100 km in 15 Etappen. Die Geraer Radsportler lauschten den Ausführungen, erst recht als Sven Ole Müller von Erfolg und Misserfolg erzählte. „Erfolg und Misserfolg gehören zusammen wie Ein- und Ausatmen, wie hell und dunkel.“Nur wer auch Misserfolge erlebt, sich aufrappelt, der wird stärker, der wird wieder Erfolge haben. „Der Erfolg, der sich dann einstellt, verschafft dir Beton in der Brust, du weißt, dass du dich aufrappeln kannst, dass du die besondere Leistung abrufen kannst. Leistungssport ist die tägliche Auseinandersetzung mit dem Unmöglichen.“Viel Stoff zum Nachdenken. Sven Ole Müller schüttelte viele Hände, überreichte Sporttaschen und staunte, wie viele Siege die Geraer eingefahren haben.
Gwen Böttcher zum Beispiel, die erfolgreichste Sportlerin ihres Jahrgangs. Die Zwölfährige fuhr 18 Siege ein, wurde achtfache Thüringer Landesmeisterin, wurde Gesamtzweite der Ostthüringen Tour, gewann die zweite Etappe, kam bei der Internationalen kids-tour Berlin auf Platz drei der Mädchenwertung. „Gewn ist eine Allrounderin, die vor jedem Rennen sehr aufgeregt und angespannt ist, doch sobald das Rennen gestartet ist, hat sie den Blick für das Renngeschehen, ist fokussiert und profitiert von ihrer cleveren Fahrweise“, hieß es zur Ehrung. Lara Wolf holte sich den Gesamtsieg bei der International Belgian Yoth Tour, konnte sich neben dem Gelben Trikot, auch das Sprintund Bergtrikot überstreifen. Enie Böttcher, erst neun, holte elf Siege und zwei Landesmeistertitel, mit ihr begann der Reigen der Ausgezeichneten. Nach vorn gerufen und ausgezeichnet für eine erfolgreiche Saison wurden auch Felix und Max Jerzyna, Leon Brunnert, Benjamin Bock, Enzo Albersdörfer, Pia Fuhrmann, Dennis Kühn, Domenik Wolf und Jasmin Müller. Und falls Lena Reißner sich ihren Traum von Olympia erfüllt, dann dürfte es für Sven Ole Müller ein leichtes sein, sich aufs Rad zu schwingen und nach Paris 2024 zu radeln.