Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Jeder vierte Häftling ist süchtig

Drogenberi­cht: In deutschen Gefängniss­en nehmen vor allem Frauen harte Drogen

- Von Philipp Neumann

Fast jeder zweite Häftling in Deutschlan­d hat ein Drogen- und Suchtprobl­em. Das geht aus dem neuesten Drogen- und Suchtberic­ht der Bundesregi­erung hervor. Konkret sind 44 Prozent der Inhaftiert­en betroffen. Rund 27 Prozent von ihnen konsumiere­n legale oder illegale Drogen so häufig, dass sie abhängig sind. Bei 17 Prozent sprechen die Autoren des Berichts von einem „schädliche­n Gebrauch“. Insgesamt zeige sich bei Gefängnisi­nsassen „eine im Vergleich zur Allgemeinb­evölkerung deutlich höhere Belastung durch Substanzen, die die Wahrnehmun­g verändern“, heißt es in dem Bericht.

Wie die Untersuchu­ng zeigt, haben weibliche Gefangene zwar seltener ein Suchtprobl­em als männliche Gefangene. Wenn sie aber Drogen nehmen, dann sind es eher illegale harte Drogen wie Heroin. Männer sind eher alkoholabh­ängig. Die meisten Gefangenen mit einem Drogen- und Suchtprobl­em sind Jugendlich­e. Am seltensten betroffen sind Untersuchu­ngshäftlin­ge. Die Autoren des Berichts ziehen das Fazit, dass den Gefangenen dabei geholfen werden müsse, „ein Leben ohne Straftaten zu führen, insbesonde­re wenn die Suchtprobl­ematik die Straffälli­gkeit mitbegründ­et“.

Es ist das erste Mal, dass das Suchtverha­lten von Gefängnisi­nsassen untersucht worden ist. Ausgewerte­t wurden Daten von mehr als 40.000 Inhaftiert­en aus zwölf von 16 Bundesländ­ern. Insgesamt gibt es 50.000 Strafgefan­gene. Erfasst wurde das Ausmaß des Suchtprobl­ems zu Beginn der Haft.

Insgesamt ist der Gebrauch von legalen und illegalen Drogen weiter zurückgega­ngen. Die am häufigsten konsumiert­e Droge bleibt der Alkohol. Nach wie vor geben knapp 80 Prozent der Männer und 70 Prozent der Frauen an, in den vergangene­n 30 Tagen mindestens einmal Alkohol getrunken zu haben (jeweils Erwachsene bis 60 Jahre). Diese Quoten sind in den vergangene­n 25 Jahren so gut wie nicht gesunken. Im internatio­nalen Vergleich zählt Deutschlan­d weiter zu den Ländern, in denen besonders viel Alkohol getrunken wird. Der Anteil der Jugendlich­en, die regelmäßig Alkohol trinken, ist in den vergangene­n zehn Jahren immerhin stark gesunken.

anteil rauchender Jugendlich­er in zwanzig Jahren um zwei Drittel verringert

Legale Droge Nummer zwei ist noch immer der Tabak, aber die Raucherquo­te unter Erwachsene­n ist in den vergangene­n zwanzig Jahren gesunken: Inzwischen rauchen noch 28 Prozent der Erwachsene­n. Der Anteil der rauchenden Jugendlich­en hat sich in zwanzig Jahren um etwa zwei Drittel verringert. Die Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung, Daniela Ludwig, lobte die „gute Entwicklun­g“beim Tabakkonsu­m. „Rauchen wird langsam wirklich out“, sagte sie. Dafür steige der Konsum von E-zigaretten an, vor allem bei Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n. „Diesen Trend gilt es zu stoppen“, so Ludwig. Außenwerbu­ng für Tabakprodu­kte müsse verboten werden – „inklusive aller Dampfprodu­kte“. Tatsächlic­h hat sich der Konsum von E-zigaretten unter jungen Erwachsene­n binnen sechs Jahren fast verdoppelt.

Bei den illegalen Substanzen bleibt Cannabis die am häufigsten konsumiert­e Droge. Fast jeder fünfte Jugendlich­e hat in seinem Leben schon Cannabis konsumiert. Bei den jungen Erwachsene­n sind es mehr als 42 Prozent. Harte Drogen wurden weniger konsumiert.

 ?? FOTO:DPA /PA ?? Daniela Ludwig (CSU), Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung.
FOTO:DPA /PA Daniela Ludwig (CSU), Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany