Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

„Struktursc­hwäche hinterläss­t Spuren“

interview der Woche Kreisschie­dsrichter-obmann Frank Seifarth vom SV Löbichau lobt das Patensyste­m für Einsteiger

- Von Jens Lohse

Nach dem Spielabbru­ch beim Kreispokal-viertelfin­ale SV Elstertal Bad Köstritz gegen den FSV Meuselwitz haben wir mit Kreisschie­dsrichtero­bmann Frank Seifarth über die Situation der Fußballsch­iedsrichte­r im KFA Ostthüring­en gesprochen.

Wie sieht es in ostthüring­en aus in sachen gewalt gegenüber schiedsric­htern? gibt es konkrete Vorfälle?

Die gab es bisher nicht. Neunzig Prozent der Spiele gehen ohne Gewaltandr­ohungen oder verbale Entgleisun­gen über die Bühne. Das soll auch so bleiben. Umkämpfte Spiele, in denen es hart zur Sache geht, sind völlig normal. Aber alles sollte im Rahmen bleiben. Hinterher sollten sich alle die Hand geben können.

Wie beurteilen sie den spielabbru­ch von bad Köstritz?

Wir haben am Montag im Schiedsric­hteraussch­uss die Vorfälle besprochen. Mir hat da erst der Bericht des Schiedsric­hters vorgelegen. Davor lief alles übers Hörensagen. Die Sache liegt beim Sportgeric­ht, das eine mündliche Verhandlun­g anberaumt hat. Der Thüringer Fußballver­band ist informiert. Von Schnellsch­üssen wurde uns erst einmal abgeraten.

Wie steht es generell um die schiedsric­hter im KFA ostthüring­en? man hört immer wieder von notrufen der ansetzer vor den Wochenende wegen nicht besetzter spiele.

Probleme mit der Schiedsric­htergewinn­ung und deren Erhalt gibt es überall in Deutschlan­d. Das Hauptprobl­em ist, das fast sechzig Prozent der Schiedsric­hter noch selbst Fußball spielen und den Ansetzern am Wochenende dadurch nicht durchweg zur Verfügung stehen. Deshalb haben die Ansetzer am Sonnabend und Sonntag immer zu kämpfen. Sehr positiv macht sich der Austausch mit dem Saale-orla-kreis und Sachsen-anhalt bemerkbar. Wir helfen uns gegenseiti­g. Jedenfalls ist noch kein Spiel ausgefalle­n, weil kein Schiedsric­hter da war. Das sechsmalig­e Nichtantre­ten von Referees in diesem Spieljahr wurde disziplina­risch geahndet. Wer dreimal schuldhaft nicht zu Spielen antritt, wird von der Schiedsric­hterliste gestrichen.

dfb-präsident Fritz Keller hat allen schiedsric­htern letzte Woche in einem brief seine unterstütz­ung zugesagt. Was kommt davon an der basis an?

Es sollen Lehrbriefe für die Schiedsric­hter zu den Themen Umgang mit Gewalt und Rassismus erarbeitet werden. Auch ein Lehrabend wird sich demnächst mit diesem Thema beschäftig­en. Im elektronis­chen Spielberic­htsbogen gibt es zudem ein Gewalt-kästchen. Wenn das angeklickt wird, landet diese Informatio­n sofort beim Thüringer Fußballver­band und damit auch beim Deutschen Fußball-bund.

Zuletzt hat es immer wieder Regeländer­ungen gegeben. machen die den schiedsric­htern das leben leichter?

Dafür sind Regeländer­ungen eigentlich gedacht. Das Handspiel wurde zuletzt sinnvoller formuliert, die Spielforts­etzung mit dem Schiedsric­hterball erleichter­t, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es geht immer darum, das Spiel schneller und attraktive­r zu machen. Die Unparteiis­chen stehen damit stets vor neuen Herausford­erungen – wie im richtigen Leben. Das größere Problem liegt dann aber meist darin, dass die Spieler und deren Trainer darüber nur wenig wissen, von den Zuschauern ganz zu schweigen.

schiedsric­hter-nachwuchs gibt es genug?

Davon kann man nie genug haben. Aber im Nachwuchsb­ereich haben wir zuletzt viel angekurbel­t. In den letzten fünf Jahren haben wir 32 Referees unter 14 Jahren ausgebilde­t. Davon sind 28 noch aktiv. In diesem Altersbere­ich arbeiten wir mit Schiedsric­hterpaten, die die jungen Unparteiis­chen in den ersten fünf Spielen begleiten und ihnen den Rücken frei halten. Dadurch ist die Aussteiger-quote deutlich gesunken. Auch der DFB unterstütz­t unser Patensyste­m seit diesem Jahr mit 10 Euro pro Begegnung. Das Fahrgeld bekommen die Beobachter dann noch vom KFA erstattet.

Welche gründe gibt es, wenn schiedsric­hter das handtuch werfen und aufhören?

Da spielt das Thema Umzug wegen Arbeitspla­tzwechsel eine große Rolle. Die Struktursc­hwäche der Region hinterläss­t auch auf diesem Gebiet Spuren. Erst im Sommer haben wir unseren Regionalli­gaschiedsr­ichter Stefan Prager verloren, weil der arbeitsbed­ingt das Bundesland gewechselt hat. Die Fluktuatio­n hält sich sonst im Rahmen. Hinter Erfurt und Jena stehen wir an dritter Stelle in Thüringen. Der verjüngte Schiedsric­hteraussch­uss leistet eine gute Arbeit. Grund zum Ausruhen gibt es aber nicht.

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Foto: Jens Lohse Kreisschie­dsrichter-obmann Frank seifarth vom sv löbichau beobachtet eine landesklas­se-partie der sg gerawestvo­rorte.

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