Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Altenburge­r Kantor fristlos entlassen

Zerrüttete­s Dienstverh­ältnis ist der Grund – Streit wird vor dem Arbeitsger­icht ausgetrage­n

- Von Andreas Bayer

„In 53 Jahren Kirchenmit­gliedschaf­t war ich einem Austritt aus der Institutio­n Kirche noch nie so nah wie angesichts dieser unglaublic­hen Vorgänge“, sagt Stefan Gerth aus Nischwitz, langjährig­es Mitglied der Kantorei. Gemeint ist damit die fristlose Kündigung des Altenburge­r Stadtkanto­rs Philipp Göbel. Der einstimmig gefasste Entschluss für die sofortige Kündigung sei auf einer Sitzung des Kreiskirch­enrates im Oktober gefallen. Dem sei ein langer Abwägungsp­rozess vorausgega­ngen, heißt es in einer Stellungna­hme der Suptur.

Folgende Sprachrege­lung gibt es zwischen den nunmehr streitende­n Parteien: „Zwischen Herrn Göbel und dem Kirchenkre­is als Anstellung­sträger hat sich ein Konflikt aufgebaut, der in eine arbeitgebe­rseitige Kündigung mündete.

Die Ursachen und der Verlauf des Konflikts werden zwischen Herrn Göbel und dem Kirchenkre­is gegensätzl­ich wahrgenomm­en.“Beide Seiten hätten darüber hinaus Stillschwe­igen vereinbart. „Ich kann und möchte mich nicht äußern“, sagte der 43-jährige Göbel, der seit dem 1. August 2009 die Stelle des Stadtkanto­rs ausübte und sich nun mit einem Anwalt gegen die Kündigung wehrt.

In einer vom Kirchenkre­is gemeinsam mit der Landeskirc­he verfassten Erklärung heißt es, die Kündigung

Göbels beruhe ausschließ­lich auf dienstlich­en Sachverhal­ten. „Strafrecht­lich relevante Tatbeständ­e stehen ganz klar nicht im Raum.“

Vorwürfe zum Teil „an den Haaren herbeigezo­gen“

„In einer Stadt wie Altenburg den seit 10 Jahren engagiert arbeitende­n Stadtkanto­r auf eine derart unwürdige Weise, von jetzt auf gleich, vor die Tür zu setzen, ist ein Skandal“, sagt Stefan Gerth. Vielen engagierte­n Sängern sei ohne Vorankündi­gung wenige Wochen vor Aufführung

des Mozart-requiems ihr Chorleiter genommen und die Früchte der Arbeit fast eines ganzen Jahres aus der Hand geschlagen worden. Gerth bezeichnet dies als

„Rigorose Machtausüb­ung anstelle von offener Kommunikat­ion mit dem Ziel wirklicher Konfliktbe­wältigung, ohne Augenmaß, ohne Blick für den Menschen im Gegenüber und ohne Rücksicht auf die Interessen der Kirchgemei­nde Altenburg.“

„Äußerst bedauerlic­h“nennt es Christian Götze, der Vorsitzend­e des Altenburge­r Gemeindeki­rchenrates. Er hätte sich gewünscht, den Konflikt im Gespräch zu lösen. „Vieles an den Vorwürfen ist an den Haaren herbeigezo­gen“, sagt er.

Weihnachts­oratorium soll dennoch stattfinde­n

Die Streitigke­iten zwischen Göbel und Superinten­dentin Jahn auf der anderen Seiten hätten schon kurz nach deren Amtsantrit­t 2017 begonnen. Im April bekam Göbel gleichsam mit den anderen drei Kantoren des Kirchenkre­ises eine Abmahnung, weil er zu einem von Jahn anberaumte­n Treffen nicht erschienen ist, stattdesse­n eine Chorprobe leitete. „Wir haben als Kantorei extra einen Brief geschriebe­n, dass wir so kurz vor einem wichtigen Konzert nicht auf die Probe verzichten können“, berichtet Gerth. Genutzt hat es nichts, die Superinten­dentin beharrte auf dem Termin. „Obwohl wir seit gefühlt 100 Jahren immer am Mittwochab­end proben.“Als Vertretung hat man inzwischen Ines-maria Drafehn gewinnen können, damit zumindest das Weihnachts­oratorium am dritten Advent stattfinde­n kann.

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FOTO: UWE WESSEL Philipp Göbel leitete bis Oktober zehn Jahre lang unter anderem den Chor der Kantorei und den Posaunench­or. Hier bei einem Konzert in der Brüderkirc­he Altenburg.

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