Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Ermittlungen gegen Wachmänner des früheren Kz-buchenwald
Der Vorwurf gegen die sechs Verdächtigen lautet Beihilfe zum Mord. Weitere Fälle in Thüringen nicht ausgeschlossen
Die Erfurter Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen sechs ehemalige Wachmänner des Konzentrationslagers Buchenwald. Der Vorwurf lautet Beihilfe zum Mord. Einer der Männer lebt nach Auskunft der Staatsanwaltschaft in Erfurt, vier in anderen Bundesländern und einer in den USA. Insgesamt hatte die Zentrale Stelle zur Aufklärung von Ns-verbrechen in Ludwigsburg in der jüngsten Zeit elf Fälle der Erfurter Staatsanwaltschaft übergeben. Vier der Beschuldigten sind in der Zwischenzeit verstorben, in einem Fall sei das Ermittlungsverfahren wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt worden, so der stellvertretende Leiter der Ludwigsburger Behörde, Thomas Will. Auch in den ausstehenden Fällen ist es sehr fraglich, ob es zum Prozess kommt. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, so hätten in einem der Fälle fehlende Akten in mühsam beschafft und ausgewertet werden müssen, erklärt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Auch die Vernehmungen der Beschuldigten sei „herausfordernd und langwierig“, keiner von ihnen sei unter 95 Jahre alt.
In vier Fällen geht die Erfurter Staatsanwaltschaft von einer Einstellung der Verfahren in nächster Zeit aus, weil die Beweislage für eine Anklage nicht ausreicht. Warum diese Suche nach Gerechtigurteilt keit so spät kommt, ist Überlebenden ohnehin nicht zu vermitteln. Erst seit 2011 der einstige Wachmann im Vernichtungslager Sobibor Demjanjuk wegen Beihilfe zum Mord an 28.060 Menschen ver
wurde, gilt die Rechtsauffassung: Jeder, der mit seinem Dienst die Mordmaschinerie am Laufen hielt und dies auch wissen musste, ist schuldig. Er kann sich nicht damit herausreden, nur ein Rädchen im Getriebe gewesen zu sein. In der Ludwigsburger Behörde ist die Überprüfung der Wachmannschaften in den Konzentrationslagern, darunter auch Buchenwald und dessen Nebenlager in Dora seitdem Schwerpunkt der Ermittlungen. Dabei könne man auf auf eine Zentrale Datei mit 1,7 Millionen Karteikarten zurückgreifen, so Thomas Will. Weitere Quellen seien die Gedenkstätten und das Bundesarchiv in Berlin. Aus dem Militärarchiv in Moskau habe man viele Informationen
vor allem zum Wachpersonal in Konzentrationslagern erhalten. Nach der Befreiung des KZ Auschwitz seien zum Beispiel viele der Wachleute nach Dora-mittelbau versetzt worden.
Er schließt nicht aus, dass seine Behörde weitere Fälle an die zuständigen Staatsanwaltschaften in Thüringen übergeben werde. Denn auch wenn die Personen hoch betagt sind: Mord verjährt nicht, stellt Thomas Will klar. Wer sich an diesen monströsen Verbrechen beteiligt hat, dürfe sich nie sicher fühlen. Das sei man den Opfern schuldig. Aus Erfahrung weiß er, dass allein der Versuch eines Verfahrens von vielen Überlebenden und Angehörigen als wichtig empfunden wird.