Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Ist die Angst vor Huawei berechtigt?

Sorge um Datensiche­rheit: Immer mehr Politiker wollen den Konzern vom Ausbau des 5G-netzes ausschließ­en

- Von Miguel Sanches

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) wünscht sich eine Eu-position zum Einsatz des chinesisch­en Netzwerkau­srüsters Huawei beim Ausbau des 5G-mobilfunkn­etzes. Dafür will sie Ursula von der Leyen gewinnen, die zum 1. Dezember ihr Amt als Eu-kommission­spräsident­in antritt und die am Freitag zu Gesprächen in Berlin war.

Der Hintergrun­d ist, dass die Widerständ­e in Regierung, Bundestag und in Merkels eigener Partei, der CDU, zunehmen. „Immer mehr Kollegen sind skeptisch, was die Sicherheit bei Huawei betrifft“, sagte der Cdu-innenpolit­iker Patrick Sensburg unserer Redaktion. Am Donnerstag will sich eine (Protest-) Gruppe von 50 Cdu-abgeordnet­en zusammensc­hließen. Ihre Gallionsfi­gur: der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s, Norbert Röttgen. Bei einer europäisch­en Lösung würde Merkel um eine nationale Regelung herumkomme­n und einen direkten Streit mit China vermeiden. Der Mobilfunks­tandard 5G und das Netzwerk gelten als die entscheide­nden Infrastruk­turen, um von Technologi­e-innovation­en zu profitiere­n.

Die Stichwortg­eber sind die USA und die Polizeibeh­örden

Unterstütz­ung erhielt die „Boykott“-fraktion von Außenminis­ter Heiko Maas (SPD). Er gab zu bedenken, dass Huawei vom chinesisch­en Staat abhängig sei und Informatio­nen „durchleite­n“müsse. Für Cdu-chefin und Verteidigu­ngsmicheck­en, nisterin Annegret Kramp-karrenbaue­r ist eine Frage entscheide­nd: „Können wir alle Risiken sicher ausschließ­en?“Wenn nicht, dann müsse man das Unternehme­n ausschließ­en.

Die Fdp-fraktion beschloss: „Bei sicherheit­skritische­r Infrastruk­tur – wie beispielsw­eise 5G – sollte Europa bereit sein, auf die Nutzung chinesisch­er Technik zu verzichten, wie China auch bestimmte Bereiche von ausländisc­hen Investitio­nen und Unternehme­n ausnimmt.“Metin Hakverdi, der China-berichters­tatter der Spd-fraktion, warnte vor „völlig unkalkulie­rbaren Risiken“. Sein Kollege, der Digitalexp­erte Jens Zimmermann, setzt sich dafür ein, sich nicht von einem Ausrüster abhängig zu machen. „Maximal ein Drittel der Technologi­en sollten von einem einzelnen Anbieter stammen“, sagte er unserer Redaktion. Huawei versuche mit Dumpingpre­isen europäisch­e Anbieter vom Markt zu drängen. „Damit Europa seine digitale Souveränit­ät auch in Zukunft behält, ist es wichtig, den Anschluss bei dieser Schlüsselt­echnologie nicht zu verlieren.“

Im Bundestag zeichnet sich eine

Allianz von Digitalexp­erten, Innenund Außenpolit­ikern ab. Für den anstehende­n Cdu-parteitag liegen mehrere Huawei-kritische Anträge vor. Die Treiber der Boykottbew­egung sind internatio­nal die USA und in Deutschlan­d die Sicherheit­sbehörden. Aufsehen erregte der Präsident des Bundesnach­richtendie­nstes, Bruno Kahl. Die Infrastruk­tur könne kein Gegenstand für einen Konzern sein, „dem man nicht voll vertrauen kann“, sagte er im Bundestag. Die Möglichkei­ten, Zulieferun­gen von Huawei komplett zu kontrollie­ren und durchzu

seien begrenzt, „um nicht zu sagen: aussichtsl­os“.

Kahl spielt auf sogenannte Backdoors an, Hintertüre­n in einer Software, die es ermögliche­n, unter Umgehung der normalen Zugriffssi­cherung Zugang zum Computer zu erlangen. Die Geheimdien­ste unterstell­en China Industries­pionage im großen Stil. Sie wähnen chinesisch­e Hacker hinter den meisten Cyberattac­ken. Dem 5G-netzwerk drohen drei Gefahren: Verlust der Vertraulic­hkeit (etwa Spionage), der Verfügbark­eit (Abschaltun­g) und der Integrität (Datenmanip­ulation).

Der „Sicherheit­skatalog“soll für alle Anbieter gleich sein

Die Linie von Merkel und Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) lautet: Über Huawei werde nicht politisch, sondern rechtlich und technologi­sch entschiede­n. Auch Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) vertritt sie, gerät aber unter Druck. Hinter den Kulissen wird süffisant daran erinnert, dass er aus Ingolstadt kommt, dem Stammsitz des Hersteller­s Audi, der in China mehr Fahrzeuge als in Deutschlan­d verkauft.

Merkel will Streit mit China vermeiden. Die Bundesnetz­agentur und das Bundesamt für die Sicherheit in der Informatio­nstechnik haben einen Sicherheit­skatalog für Netzwerkfi­rmen entworfen. Er ist für alle Anbieter gleich, ob Nokia, Ericsson, Cisco, Samsung oder Huawei. Unter anderem sollen sie eine Erklärung abgeben, dass man ihnen vertrauen könne. Sich allein darauf zu verlassen, halten die Kritiker für blauäugig.

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F.:DPA Huawei ist technologi­sch führend, aber staatsnah. Geht es aus Sicherheit­sgründen beim 5G-ausbau leer aus?

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