Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Brüchiges Eis

Pechsteins Lebensgefä­hrte will Verantwort­ung übernehmen – und stößt auf Gegenwehr

- Von Frank Thomas

Claudia Pechsteins Lebensgefä­hrte Matthias Große will die von einer Krise in die nächste taumelnde Deutsche Eischnelll­auf-gemeinscha­ft (DESG) als Präsident „vor dem drohenden Untergang“retten. Der Berliner Immobilien-unternehme­r machte am Freitag seine Ambitionen deutlich. „Dieser Verband hat so viele Verbindlic­hkeiten. Man weiß nicht einmal, ob sie nicht schon hätten Insolvenz anmelden müssen. Es geht einfach nicht so weiter“, sagte Große. „Die leben wie die Fürsten und haben gar kein Geld. Ich will Flagge zeigen.“

Der für alle überrasche­nde Rücktritt der führungssc­hwachen Präsidenti­n Stefanie Teeuwen hatte einen Tag vor den deutschen Meistersch­aften ein bezeichnen­des Bild auf den nach dem Rückzug des Hauptspons­ors DKB finanziell am Boden liegenden Verband geworfen. „Die Finanzsitu­ation ist schwierig, aber wir stehen nicht vor der Pleite. Aber 400.000 Euro zu ersetzen, ist nicht einfach“, räumte Desg-schatzmeis­ter Dieter Wallisch ein. Der Pensionär aus München ist neben Vizepräsid­ent Uwe Rietzke das einzig verblieben­e Präsidiums-mitglied, nachdem vor einigen Wochen Vizepräsid­ent Hubert Graf aus gesundheit­lichen Gründen sein Amt niedergele­gt hatte.

Pechstein hatte am Vorabend den Namen ihres Freundes als Präsident ins Spiel gebracht. „Ein Rücktritt der Präsidenti­n einen Tag vor der Eisschnell­lauf-saison ist so was von unprofessi­onell. Es sei denn, es ist ihr persönlich­es Leid widerfahre­n“, kritisiert­e der Immobilien­unternehme­r. Teeuwen hat bisher keine Gründe für ihren Rückzug genannt. Neben den akuten Finanzprob­lemen könnte auch die fehlende Rückendeck­ung durch Präsidium und Trainertea­m den Ausschlag gegeben haben. „Sie hatte einfach kein Standing im Verband“, sagte der Berliner Stürzpunkt-trainer Uwe Hüttenrauc­h.

Wenn er Verantwort­ung übernähme, würde er den Verband „komplett durchrütte­ln“, kündigte Große an. Er habe erlebt, was sich dort abspiele, wo nur hinter dem Rücken von Betroffene­n geredet werde. „Wer soll diese Suppe auslöffeln? Es geht um die Zukunft der Sportler und des Verbandes“, sagte er. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, werde „es den Verband 2022 nicht mehr geben“, prognostiz­ierte er. „Die Situation destabilis­iert die aktuelle Verbandssi­tuation weiter“, konstatier­te auch Teeuwens Amts-vorgänger Gerd Heinze aus Berlin.

Matthias Kulik, Sportdirek­tor der DESG äußert sich derweil diplomatis­ch. „Es geht hier um politische Entscheidu­ngen im Sinne des Verbandes. Deshalb will ich ganz zurückhalt­end reagieren“, reagierte er auf Pechsteins Vorschlag, Große solle Präsident werden, was unter Trainern einiges Kopfschütt­eln ausgelöst hatte.

„Das kann ich nicht ernst nehmen. Das ist genau so unrealisti­sch, als würde ich meine Frau für das Präsidente­namt vorschlage­n“, sagte Bundestrai­ner Erik Bouwman, der zuvor bei Pechstein wegen der Ausbootung aus seiner Trainingsg­ruppe auf Kritik gestoßen war.

 ?? FOTO: PETER KNEFFEL / DPA ?? claudia Pechstein – auch mit 47 kein bisschen leise.
FOTO: PETER KNEFFEL / DPA claudia Pechstein – auch mit 47 kein bisschen leise.

Newspapers in German

Newspapers from Germany