Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Brüchiges Eis
Pechsteins Lebensgefährte will Verantwortung übernehmen – und stößt auf Gegenwehr
Claudia Pechsteins Lebensgefährte Matthias Große will die von einer Krise in die nächste taumelnde Deutsche Eischnelllauf-gemeinschaft (DESG) als Präsident „vor dem drohenden Untergang“retten. Der Berliner Immobilien-unternehmer machte am Freitag seine Ambitionen deutlich. „Dieser Verband hat so viele Verbindlichkeiten. Man weiß nicht einmal, ob sie nicht schon hätten Insolvenz anmelden müssen. Es geht einfach nicht so weiter“, sagte Große. „Die leben wie die Fürsten und haben gar kein Geld. Ich will Flagge zeigen.“
Der für alle überraschende Rücktritt der führungsschwachen Präsidentin Stefanie Teeuwen hatte einen Tag vor den deutschen Meisterschaften ein bezeichnendes Bild auf den nach dem Rückzug des Hauptsponsors DKB finanziell am Boden liegenden Verband geworfen. „Die Finanzsituation ist schwierig, aber wir stehen nicht vor der Pleite. Aber 400.000 Euro zu ersetzen, ist nicht einfach“, räumte Desg-schatzmeister Dieter Wallisch ein. Der Pensionär aus München ist neben Vizepräsident Uwe Rietzke das einzig verbliebene Präsidiums-mitglied, nachdem vor einigen Wochen Vizepräsident Hubert Graf aus gesundheitlichen Gründen sein Amt niedergelegt hatte.
Pechstein hatte am Vorabend den Namen ihres Freundes als Präsident ins Spiel gebracht. „Ein Rücktritt der Präsidentin einen Tag vor der Eisschnelllauf-saison ist so was von unprofessionell. Es sei denn, es ist ihr persönliches Leid widerfahren“, kritisierte der Immobilienunternehmer. Teeuwen hat bisher keine Gründe für ihren Rückzug genannt. Neben den akuten Finanzproblemen könnte auch die fehlende Rückendeckung durch Präsidium und Trainerteam den Ausschlag gegeben haben. „Sie hatte einfach kein Standing im Verband“, sagte der Berliner Stürzpunkt-trainer Uwe Hüttenrauch.
Wenn er Verantwortung übernähme, würde er den Verband „komplett durchrütteln“, kündigte Große an. Er habe erlebt, was sich dort abspiele, wo nur hinter dem Rücken von Betroffenen geredet werde. „Wer soll diese Suppe auslöffeln? Es geht um die Zukunft der Sportler und des Verbandes“, sagte er. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, werde „es den Verband 2022 nicht mehr geben“, prognostizierte er. „Die Situation destabilisiert die aktuelle Verbandssituation weiter“, konstatierte auch Teeuwens Amts-vorgänger Gerd Heinze aus Berlin.
Matthias Kulik, Sportdirektor der DESG äußert sich derweil diplomatisch. „Es geht hier um politische Entscheidungen im Sinne des Verbandes. Deshalb will ich ganz zurückhaltend reagieren“, reagierte er auf Pechsteins Vorschlag, Große solle Präsident werden, was unter Trainern einiges Kopfschütteln ausgelöst hatte.
„Das kann ich nicht ernst nehmen. Das ist genau so unrealistisch, als würde ich meine Frau für das Präsidentenamt vorschlagen“, sagte Bundestrainer Erik Bouwman, der zuvor bei Pechstein wegen der Ausbootung aus seiner Trainingsgruppe auf Kritik gestoßen war.