Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Oberdeck und Automatensnack
Urlaubstage sind kostbar. Da ist es besser, man weiß, worauf man sich einlässt – und worauf lieber nicht. Heute: Ausflugsfähren
Die Kreuzfahrt des kleinen Mannes heißt Ausflugsfähre. Denn auch für den mehr oder weniger kurzen Weg von Hafen zu Hafen gilt: Hohe See, herrliche Aussicht, Seekrankheitsrisiko und Bordgastronomie – also im falle der Ausflugsfähre Kaffee, Automatensnacks und Bier. Nach Capri zum Beispiel: Dorthin, wo die rote Sonne im Meer versinkt, führen viele Wege. Einer davon ist der per Aliscafo, dem Tragflächenboot: ein kompaktes Ungetüm, das sich, abgeriegelt von der Außenwelt, voll klimatisiert und mit ohrenbetäubendem Dröhnen durchs Wasser pflügt – und in dessen Inneren man ein bisschen so sitzt wie in Fernbus oder Billigflieger.
Viel schöner (und deutlich günstiger) ist natürlich die Anreise mit der guten alten Dieselfähre: Beharrlich tuckert sie über den Golf, die Sonne scheint aufs Oberdeck, das Bier ist kühl, die Vorfreude groß, und die berühmte Inselsilhouette am dunstigen Horizont rückt näher und näher. Also, naja ... sie rückt laaangsam näher und näher. Irgendwann sind alle Fotos gemacht – und man ist froh, endlich anzukommen. Kurzum: Oberdeck und Automatensnack schön und gut, doch wenn die rote Sonne bereits versunken ist und man zurück auf Festland muss, wird es an Deck rasch frisch. Und viel zu sehen gibt es im Dunst der Dämmerung auch nicht. Da kann es einem auf den letzten Seemeilen noch langweiliger werden als auf der Hinfahrt. Mit dem Aliscafo ist das zwar nicht anders, aber doppelt so schnell vorbei.