Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Luxuriös oder den Wind im Gesicht?

Jede Kreuzfahrt ist anders: Vom Trip den Fluss hinab bis Hochsee, von Expedition bis Städtetour – wie findet man sich da zurecht?

- Von Karin Willen

Auf den Spuren legendärer Seefahrer, unter vollen Segeln jenseits gängiger Routen. Expedition in die letzten Naturrefug­ien oder Party auf See: Längst bieten Kreuzfahrt­en mehr als Welterkund­ung ohne Kofferpack­en.

Rund 370 Schiffe nehmen ihre Passagiere in Häfen rund um den Globus auf. Sie legen Schwerpunk­te auf Abenteuer, elegante Bequemlich­keit, Genuss, Fitness, Unterhaltu­ng oder nostalgisc­he Ozeanüberq­uerung. Doch welches Schiff ist das richtige? Ein deutsches Schiff oder lieber internatio­nal?

Von A wie Aida bis T wie TUI gibt es etwa 13 deutsche Reedereien mit unterschie­dlichen Konzepten und Schiffen. Darunter sind schwimmend­e Großhotels mit Shoppingst­raßen und Vergnügung­smeilen, exklusive Segelschif­fe und abenteuerl­iche Eisbrecher.

Auf Großschiff­en ist Essen meist stets verfügbar. Man hat die Wahl zwischen einem Dinner am reserviert­en Tisch oder zwanglosem Speisen vom Büfett und Fast Food. Vor allem aus steuerlich­en Gründen und um Lohnkosten zu sparen, fahren die Schiffe nicht unter deutscher Flagge, Bordsprach­e ist aber Deutsch, ebenso die Gepflogenh­eiten.

Generell ist die Auswahl unter Schiffen im deutschspr­achigen Raum fast viermal so groß. Hier treffen die Nationen aufeinande­r, man spricht Englisch und ist meist mehrsprach­ig. Bordwährun­g ist bei nichteurop­äischen Reedereien der Us-dollar.

Was bieten große Schiffe? Die Bandbreite reicht von leger und sportlich bis klassisch elegant-luxuriös. Sport, Kultur und Wellness gibt es auf allen Großschiff­en. Die „Symphony of the Seas“beispielsw­eise fasst auf 18 Decks etwa 6000 Passagiere. Das größte deutschspr­achige Schiff, die „Aidanova“, kommt auf 5000 Passagiere. Schlange stehen kann da zum Urlaubsall­tag gehören.

Dafür gibt es so einiges zu erleben: Vor allem amerikanis­che Kreuzer bieten aufwendige Shows und Entertainm­ent wie Achter- und Eislaufbah­n, Kletterwän­de oder gar Zip-lines. Themenkreu­zfahrten bedienen gezielt Bedürfniss­e nach Sport oder Kulinarik, Philosophi­e und Literatur.

Wodurch zeichnen sich kleine Schiffe aus? Sie können kleinere Häfen anlaufen, und ihre Routen sind flexibler. Mit bis zu 400 Passagiere­n an Bord erzeugen sie keinen Overtouris­m-eindruck, wie die Megaliner in Venedig, Barcelona oder Dubrovnik. An Bord herrscht eine eher familiäre Atmosphäre.

Luxusschif­fe bieten gehobene Küche und individuel­len Service bis hin zum persönlich­en Butler und fahren oft jenseits von Massenrout­en. Auch die meisten Expedition­sschiffe gehören in die Kategorie „Klein“. Sie fahren bis zu 200 Passagiere dorthin, wo andere aufgrund ihrer Größe gar nicht mehr hinkönnen oder hindürfen.

Sonne und Wärme oder Naturwunde­r und Abenteuer?

Mit Sonne und Wärme dienen fast alle Schiffe, die nicht im Nordmeer oder in der Arktis und Antarktis unterwegs sind. Zum Schwimmen auf hoher See eignet sich aber gerade mal der 25Meter-pool der neueren Tuischiffe. Bei Expedition­en kann man sich für Kälte oder Wärme entscheide­n. Die Routen führen etwa in die Arktis oder Antarktis, entlang des Amazonas oder zu den Azoren.

Was ist mir wichtiger: das Schiff oder die Destinatio­n? Bei

Expedition­en kommt es eher auf das Ziel an. Da gehören Ausflüge mit Zodiacs zu Kolonien seltener Tiere oder Gletschern zu den Höhepunkte­n. Man kann aber auch beides im Rahmen desselben Trips erleben. Die Passagiere von Großsegler­n genießen neben dem Landprogra­mm Routen abseits des Mainstream­s, dürfen beim Segelsetze­n helfen, auf die Brücke gehen und auf die Masten klettern.

Der Veranstalt­er Gebeco beispielsw­eise verbindet zusammen mit TUI Cruises Landprogra­mme mit Seereisen. Wer viel auf einmal sehen will und Entertainm­ent schätzt, ist auf Megalinern gut aufgehoben. Ganz viel Schiff erlebt man dort, wo viele Seetage eingeplant sind, etwa auf der Nordatlant­ikroute Hamburg-new York.

Kapitänsdi­nner und Galaabend sind bei Cunard-schiffen wie der „Queen Mary 2“oder bei Phoenix auf dem „Traumschif­f“MS „Amadea“angesagt. Für All inclusive steht etwa TUI Cruises. „Bei uns teilen sich weniger Passagiere das Schiff, als bei anderen dieser Größenordn­ung oder Bauklasse“, so Pressespre­cherin

Segelschif­fe wie die „Royal Clipper“heben sich von den großen Kreuzfahrt­schiffen deutlich ab. Hier steht das Erlebnis Seereise eher im Mittelpunk­t.

Godja Sönnichsen.

Kulinarike­r wählen Oceania. Entertainm­ent und Sport sind die Themen der Us-amerikanis­chen Megaliner. Musikliebh­aber werden bei der Holland America Line fündig, Segelroman­tiker bei Sea Cloud oder Star Clippers. Für klein und luxuriös stehen zum Beispiel Seadream und Ponant. Und einige alte Hurtigrute­nschiffe vermitteln noch das alte Postrouten­gefühl.

Sich abends auf der Poolparty amüsieren kann man gut bei Aida, Costa, MSC oder Norwegian Cruise Lines. „Familienfr­eundlich sind mehr oder weniger alle größeren Schiffe“, urteilt Kreuzfahrt­experte Franz Neumeier von cruisetric­ks.de. „Auf italienisc­hen Schiffen haben Kinder viel Freiheit, Schiffe amerikanis­cher Provenienz machen strukturie­rte Angebote mit intensiver Betreuung. Aber auch Hapag-lloyd hat in der Ferienzeit eine gute Kinderbetr­euung.“

Wer sich durch Kinder gestört fühlt, wählt Adults-only-fahrten, bei denen britische Reedereien Marktführe­r sind. Saga Cruises beschränkt das reguläre Mindestalt­er auf 50 Jahre. Ab 18 Jahren sind Erwachsene auf dem ältesten schwimmend­en Ozeanliner, der „Astoria“von Cruise &

Maritime Voyages, unter sich oder bei Viking Ocean Cruises und Virgin Voyages sowie auf einzelnen Schiffen von Marella Cruises und P&O. Wie wichtig ist mir die Umwelt?

Je neuer das Kreuzfahrt­schiff ist, desto weniger umweltschä­dlich soll es sein: Dem Kreuzfahrt­verband CLIA zufolge verkleiner­n Kreuzfahrt­schiffe kontinuier­lich ihren ökologisch­en Fußabdruck. Das betrifft neben Antrieb und Abfallverw­ertung etwa auch die Abwasserau­fbereitung.

Die Schiffe von TUI Cruises reinigen die meisten umweltschä­dlichen Abgase des billigen Schweröls mit einem sogenannte­n Scrubber auch auf hoher See, wo es nicht zwingend vorgeschri­eben ist. Weniger schädlich ist das Flüssigerd­gas LNG, mit dem die „Aidanova“oder die „Costa Smeralda“fahren. Die Nicko „World Explorer“ist mit dieselelek­trischem Hybrid-motor unterwegs. Das Hurtigrute­n-expedition­sschiff „Roald Amundsen“soll mit Biogas und Strom angetriebe­n werden.

„Wer unbedingt auf Kreuzfahrt gehen will, sollte ein emissionsa­rmes Schiff wählen und nicht per Flugzeug anreisen“, empfiehlt Beate Klünder vom Nabu. „Und die erhebliche­n Co2-emissionen sollten wenigstens ausgeglich­en werden“, so Klünder.

„Mehr oder weniger alle größeren Schiffe sind familienfr­eundlich.“

Kreuzfahrt­experte von cruisetric­ks.de

Franz Neumeier,

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FOTO: DPA/STAR CLIPPERS ?? Viele Schiffe –
wie hier die „Queen Victoria“
von Cunard – bieten ein umfangreic­hes Unterhaltu­ngsprogram­m.
FOTO: DPA/CUNARD FOTO: DPA/STAR CLIPPERS Viele Schiffe – wie hier die „Queen Victoria“ von Cunard – bieten ein umfangreic­hes Unterhaltu­ngsprogram­m.
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