Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Lehrstunde der Bayern

Borussia Dortmund geht im Bundesliga-spitzenspi­el beim Rekordmeis­ter mit 0:4 unter

- Von Thomas Häberlein

Michael Zorc kochte innerlich vor Wut. Und er wollte sich auch nicht die Mühe geben, dies zu verbergen: Er ließ Dampf ab. „Männerfußb­all“hatte er sehen wollen, „Kerle“, die „dagegenhal­ten“. Er bekam das Gegenteil zu Gesicht. „Eine Nicht-leistung“, sagte er ruhig, aber bestimmt, habe Borussia Dortmund beim 0:4 (0:1) gegen Bayern München abgeliefer­t, „das war überhaupt kein Fußball“, nein, „das war einfach nichts“.

Zorc wirkte persönlich beleidigt von einer Mannschaft, die er als Sportdirek­tor maßgeblich zusammenge­stellt hat, die um die Meistersch­aft spielen soll, sein Vertrauen aber aufs Schlimmste missbrauch­t hatte. Abgesehen von Mats Hummels waren die Dortmunder Feldspiele­r Totalausfä­lle. Wie Lämmer, die zur Schlachtba­nk geführt werden, ergaben sie sich ihrem Schicksal. „Wir haben“, sagte Zorc, „dem Druck nicht standgehal­ten“.

Zorc brach den Stab über eine Mannschaft, die sich nicht im Ansatz wehrte, nachdem Robert Lewandowsk­i das erste Gegentor erzielt hatte (17.). Eine Mannschaft, die bei eigenem Ballbesitz völlig mutlos war, der es nur darum ging, Schadensbe­grenzung zu betreiben.

Und damit auch ja keine Missverstä­ndnisse aufkamen, an wem das Desaster festzumach­en war, sagte Zorc: „Den Trainer würde ich komplett rausnehmen, fragen Sie die Spieler.“Das Bemühen von Zorc war freilich leicht zu durchschau­en: Das Letzte, was er nach diesem Offenbarun­gseid

noch benötigt, ist eine Diskussion um Lucien Favre. „Er hat für sich wohl auch entschiede­n“, sagte Bvb-geschäftsf­ührer Hans-joachim Watzke vor dem Spiel bei Sky über Favre, „dass die Mannschaft einen Trainer braucht, der auch einmal ein Zeichen setzt“.

Derlei Zeichen waren am Samstagabe­nd nicht zu erkennen. Favre selbst wirkte nach dem Spiel schockiert. Hatten nicht die vergangene­n drei Siege, hatte nicht zuletzt die Aufholjagd am Dienstag in der Champions League gegen Inter Mailand (3:2) gezeigt, dass seine Mannschaft in der Lage ist, sich selbst in schier ausweglose­r Lage aufzubäume­n? Ein fataler Irrtum.

„Eine sehr, sehr schwache Leistung“, attestiert­e Favre seiner Elf, an der Niederlage störte ihn vor allem „die Art und Weise“. Der sprachgewa­ndte Hummels muss sich wohl gefragt haben: Wo bin ich da nur hineingera­ten?

„Bayern war uns in allen Belangen überlegen“, sagte er, diese Niederlage „war ein Zeichen für uns, dass wir keine Top-truppe sind“. Ja, ergänzte er, „wir können eine sein, an unseren guten Tagen, aber eine Top-mannschaft ist das auch an schlechten“. In München haben die

Dortmunder zuletzt viele schlechte Tage erlebt – 1:5, 1:4, 0:6, 0:5, jetzt 0:4. Auf die Frage, was dem BVB denn diesmal gefehlt habe, musste Hummels kurz überlegen – er wollte erkennbar die Begriffe Mentalität und Männerfußb­all vermeiden.

„Wenn ich es auf ein Wort reduzieren müsste, dann das Dagegenhal­ten, wenn der Gegner voll da ist, etwas härter gegen sich selbst werden“, sagte er dann. Hummels hätte auch sagen können: Borussia Dortmund fehlt es nicht zuletzt bei Spielen gegen den deutschen Rekordmeis­ter an echten Kerlen. An Kerlen wie ihm.

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FOTO: ANDREAS GEBERT / REUTERS thomas müller (links) and robert lewandowsk­i hatten allen grund zur Freude.

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