Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Politiker im Heimatcheck
1.
Im Januar 2013 hat die Bundesregierung den Deutschen Bundestag detailliert über ein Pandemie-szenario informiert, das maßgeblich das Robert-koch-institut ausgearbeitet hat. Wie erklären Sie sich, dass diese wegweisenden Informationen von den Abgeordneten des Bundestages vollständig ignoriert wurden?
Die Missachtung der Berichtsempfehlungen war ein großer Fehler. Ich bin seit Dezember 2019 im Bundestag und kann daher die Entscheidung nicht persönlich nachvollziehen. Risikoanalysen finden zu vielen Themenbereichen statt, ohne dass sie schlussendlich alle eintreten. Solche Maßnahmen sind teuer und müssen abgewogen werden. Hier wurde letzten Endes die Gefahr unterschätzt und es wurden offensichtlich falsche Schlüsse gezogen.
2.
Welches persönliche Schicksal hat Sie in der Corona-krise besonders berührt?
Seit einigen Jahren kümmere ich mich um einen Herren, der nach einem Schlaganfall im Pflegeheim lebt. Dass ich ihn in den letzten Monaten nicht besuchen konnte, hat mich bedrückt.
3.
Welche Lehren ziehen Sie für Ihre politische Arbeit und für Ihr Privatleben aus der Krise?
Eine Lehre aus der Corona-krise ist, der Wissenschaft zu vertrauen, nicht den Besserwissern und schon gar nicht Verschwörungstheoretikern. Damit sind wir in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut gefahren. Bei neuen lokalen Ausbrüchen müssen wir zielgerichtet und passgenau handeln. Einen flächendeckenden Lockdown hingegen halte ich nicht für hilfreich.
4.
Wie haben Sie sich ganz persönlich davor geschützt, sich mit Corona zu infizieren?
Händewaschen, Händewaschen, Händewaschen. In meinem Saalfelder Büro am Markt haben nur die nötigsten Termine stattgefunden. Daher konnte die offizielle Eröffnung noch nicht stattfinden. Wir haben die meisten Sitzungen, Ausschüsse und Telefonkonferenzen digital aus dem Homeoffice abhalten können. Das hat sicher auch geholfen, sich und andere zu schützen.
5.
Der Deutschen Urlaubsfreuden werden in diesem Jahr arg ausgebremst: Wie lautet Ihre ganz persönliche Empfehlung für einen Urlaub in Deutschland?
Mit meinem Thüringer Bundestags-parteikollegen Gerald Ullrich habe ich eine Social Media-aktion angestoßen, eine Challenge unter dem Hashtag #Urlaubzuhauseindeutschland. Dort konnte man sein Lieblingsausflugsziel in seiner Region per Foto empfehlen. Für mich sind das natürlich Thüringen und da insbesondere die Feengrotten, die man gesehen haben muss. Ich selbst werde in meiner Heimat Thüringen und in Mecklenburg-vorpommern, wo ich herstamme, urlauben.
6.
Das monatelange Ausbremsen des Alltagslebens hat dazu geführt, dass auch einige Projekte in Ostthüringen nicht vorangekommen sind. Was darf aus Ihrer Sicht keinesfalls aus den Augen geraten?
Die Digitalisierung der Schulen liegt mir am Herzen. Die Corona-krise hat ein Schlaglicht darauf geworfen, das für die Schulen noch nicht die Voraussetzungen geschaffen wurden, die nötig sind, um Schülern den Grad an Bildung professionell zu vermitteln, den sie verdienen. Im Sommer werde ich mir in einer Saalfelder Schule ein Bild vor Ort machen.
7.
Die Bekämpfung der Pandemie hat die Wirtschaft in Deutschland in die Knie gezwungen. Welchen Beitrag leisten Sie selbst, dass die Wirtschaft auch in Ostthüringen die Krise übersteht?
Als Mitglied im Tourismusausschuss setze ich mich für das Wiederbeleben des Tourismus in Thüringen ein. Die Initiative „Netzwerk Geoparkmuseum“finde ich sehr wichtig, da technische Denkmäler wie der Thüringer Staatsbruch eine starke touristische Anziehungskraft haben. Weiterhin setze ich mich für die Stiftung „Thüringer Schlösser und Gärten“ein, um den Standort Rudolstadt zu stärken. Die volle Inbetriebnahme der Feengrotten, inklusive des erweiterten Feenweltchens ist ein Herzensprojekt. Mit der Polizei in Saalfeld stehe ich im Austausch bezüglich Sicherheitskonzepten, damit in Thüringen auch in Corona-zeiten der Urlaub erholsam wird.
8.
Wie schätzen Sie das am 3. Juni verabschiedete Konjunkturpakt ein?
Die Bundesregierung hat eine Menge Geld in die Hand genommen und das ist gut so. Jedoch gilt für viele Maßnahmen: zu spät, gut gemeint, aber schlecht umgesetzt. Oder es werden ganze Branchen im Regen stehen gelassen. Gerade in meinen Themenbereichen Sport und Tourismus sind die Versäumnisse offenkundig. Im Sport hat man viel zu spät nachgebessert, im Tourismusbereich wirkt das Gutschein-desaster bis heute. * Reginald Hanke (FDP) rückte in den Bundestag nach, als der Thüringer Landeschef Thomas L. Kemmerich sein Mandat zurückgab, um als Fraktionschef in den Landtag zu ziehen. Er nimmt deshalb zum ersten Mal am Heimatcheck aller Ostthüringer Abgeordneten teil. Deren Zahl steigt damit auf neun.