Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Waschbären mit Staupeviru­s infiziert

Vermehrt verhaltens­auffällige Waschbären in der Region beobachtet. Veterinära­mt musste Tötungen veranlasse­n

- Von Jana Borath

Das Veterinära­mt des Altenburge­r Landes warnt, dass im Landkreis die Staupe bei Wildtieren im Vormarsch ist. Das Phänomen nimmt man laut Veterinära­mt bereits seit Anfang dieses Jahres wahr. In den vergangene­n Monaten, so heißt es in der Mitteilung weiter, mussten bereits mehrfach kranke Füchse und Waschbären eingeschlä­fert werden. „Wie Untersuchu­ngen ergaben, litten die Tiere an der Staupe, mit der sich auch Hunde infizieren können“, so Jörg Reuter, Sprecher der Kreisverwa­ltung.

Auch in Schmölln kam es bereits zu mehreren Vorfällen. „Erst am Donnerstag dieser Woche mussten zwei Waschbären mit auffällige­n Symptomen erlegt werden“, berichtet Schmöllns Bürgermeis­ter Sven Schrade (SPD) auf Nachfrage dieser Zeitung. Die beiden Tiere waren direkt im Stadtgebie­t unterwegs. Die Stadtverwa­ltung wird auf Grund der aktuellen Situation im nächsten Amtsblatt darüber informiere­n. Schon jetzt geht der Hinweis Schrades an alle Hundebesit­zer: „Aktuell ist es nötig, Hunde zwingend an der Leine zu führen.“

Auch das Tierheim in der Sommeritze­r Straße in Schmölln sind die Fälle bekannt. Man sei gewarnt, sagt Leiterin Bettina Krötzsch. „Mit unseren Hunden sind wir aber auf der sicheren Seite, denn alle sind gegen Staupe geimpft.“

Ungefährli­ch für Menschen und Katzen

Für den Menschen wie auch für Katzen ist die Viruskrank­heit zwar anders als Tollwut ungefährli­ch, doch weil Symptome beider Erkrankung­en ähnlich sind, ist Vorsicht geboten, verdeutlic­ht das Landratsam­t. Bestand Kontakt mit verhaltens­auffällige­n oder toten Tieren oder wurden Menschen verletzt, ist eine diagnostis­che Abklärung der Erkrankung des betreffend­en Tieres sinnvoll, so der Ratschlag. Verendete oder getötete Waschbären, Füchse oder Marder können im Fachdienst Veterinärw­esen in Altenburg zur diagnostis­chen Untersuchu­ng abgegeben werden.

„Seit etwa Jahresbegi­nn haben Bürger immer wieder Sichtungen verstörter, verhaltens­auffällige­r kranker Waschbären gemeldet“, informiert der Amtstierar­zt des Altenburge­r Landes, Matthias Thurau, und bezieht auch Füchse mit ein. Er beschreibt Verhaltens­auffälligk­eiten: Die offensicht­lich kranken Tiere haben ihre Scheu vor dem Menschen verloren, irren durch Gärten und Wohngebiet­e oder sitzen reglos an für sie ungewöhnli­chen Orten. „Höchstwahr­scheinlich sind diese Tiere an Staupe erkrankt, einer weder anzeigepfl­ichtigen noch meldepflic­htigen Tierkrankh­eit“, so Thurau.

Staupeviru­s inzwischen nachgewies­en

Bei Routineunt­ersuchunge­n von verendeten und erlegten Waschbären wurde das Staupeviru­s inzwischen nachgewies­en. Rund ein halbes Dutzend Tiere mussten bis jetzt allein durch Mitarbeite­r des Landratsam­tes getötet werden. „Das hat es vorher so noch nie gegeben. Wir mussten davor noch keine Waschbären einschläfe­rn“, erklärt Grit Thurau, die wie ihr Mann im Veterinära­mt des Altenburge­r Landes arbeitet und dort für Tierschutz und die Seuchenbek­ämpfung zuständig ist.

Die Staupe ist eine Virusinfek­tion, die durch das Canine Staupeviru­s ausgelöst wird und bei Hunden, Mardern, Bären, Kleinbären wie Waschbären und einigen anderen Tierarten auftreten kann. Für den Menschen ist das Virus aber ungefährli­ch. Auch Hauskatzen erkranken nicht an Staupe, so Thurau.

Typisch für die Staupe ist, dass sie bei den erkrankten Tieren völlig unterschie­dlich verlaufen kann. Je nachdem, welche Organe besonders befallen sind, äußert sich die Erkrankung in Durchfälle­n, mit Erbrechen, Husten, mit Atemnotsta­nd und Nasenausfl­uss. Sobald sich im Verlauf Symptome wie Sehstörung­en, Bewegungss­törungen, Lähmungen, Muskelzitt­ern, epileptisc­he Anfälle und ähnliches dazu gesellen, verläuft die Krankheit meist tödlich.

Kaum Überlebens­chancen haben in der Regel Waschbären, Nerze und Marder. „Eine tierärztli­che Behandlung der erkrankten Tiere ist nur symptomati­sch möglich“so Thurau. Um einer Staupeerkr­ankung bei Hunden vorzubeuge­n, sei eine Impfung unbedingt zu empfehlen. Hierzu sind eine Grundimmun­isierung und regelmäßig­e Nachimpfun­gen durch den Haustierar­zt notwendig.

Waschbären nichts anbieten

Streunt ein Waschbär durch den Garten, kann gegebenenf­alls bei der unteren Naturschut­zbehörde eine von zwei Lebendfall­en geliehen werden. Längst haben Waschbären auch Städte und Dörfer im Landkreis für sich entdeckt. Doch so possierlic­h die Tiere auch erscheinen mögen, sie zählen zu den invasiven Arten. Als invasiv werden Arten bezeichnet, die ihr natürliche­s Vorkommen nicht in Deutschlan­d haben. Das Einbürgern solcher Tiere oder Pflanzen wird als eine der größten Gefährdung­en für die bestehende Biodiversi­tät angesehen.

Deshalb sollte den Waschbären eine Ansiedlung möglichst ungemütlic­h gestaltet werden. Hilfreich dabei ist es, erstens Essensrest­e in fest verschloss­enen Mülltonnen – am besten mit Spanngurte­n gesichert – zu entsorgen und Gelbe Säcke erst kurz vor Abholung herauszust­ellen. Außerdem sollten Katzenfutt­er und andere Tiernahrun­g nicht auf der Terrasse stehen. Sinnvoll ist es zudem, Katzen- beziehungs­weise Hundeklapp­en zu verschließ­en.

Auf Fassadenbe­grünung und Rankpflanz­en an Häuserwänd­en sollte verzichtet werden und Regenrinne­n oder Fallrohre mit Blechmansc­hetten ausgestatt­et sein, damit die Tiere nicht in die Wohnhäuser einsteigen können. Draußen auf dem Grundstück sollten sie auch keine Verstecke finden.

„Seit etwa Jahresbegi­nn haben Bürger immer wieder Sichtungen verstörter, verhaltens­auffällige­r kranker Waschbären gemeldet.“Matthias Thurau, Amtstierar­zt des Altenburge­r Landes

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Längst haben Waschbären auch Städte und Dörfer im Landkreis für sich entdeckt.
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