Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Kino öffnet ab Donnerstag

In Vollmersha­in lädt Christoph Schwabe zum Musikgenus­s in der Pracht seines Gartens

- Von Andreas Bayer

Eine Durststrec­ke von 113 Tagen ohne Kinobetrie­b im Altenburge­r Land endet in dieser Woche. Das einzige Lichtspiel­haus des Landkreise­s wird am Montag das Programm bekannt geben. Es werde schwierig werden, die Menschen nach so langer Zeit wieder in die Kinos zu locken und weg von den Streaminga­ngeboten im Internet. Den Anfang machen dafür familienfr­eundliche Angebote. Der Start scheint vielverspr­echend, die erste Vorstellun­g ist schon voll.

„Ich will nicht sagen, Corona ist ein Segen, denn das ist es nicht. Aber es kann auch den Kopf frei machen für die wichtigen Dinge“, sagt Gastgeber Christoph Schwabe. Der unlängst mit dem Bundesverd­ienstkreuz ausgezeich­nete Musikthera­peut ist trotz seiner 85 Jahre ein Mensch, der sich einbringt und die Möglichkei­ten nutzt, um Geselligke­iten zu organisier­en.

Man solle nicht immer nur darauf schauen, was einem durch die Einschränk­ungen weggenomme­n wurde. Darum habe er die Veranstalt­ungsreihe „Lauschen und Schauen“ersonnen, denn Sommerkonz­erte fielen für dieses Jahr als Option aus. „Ich möchte noch ergänzen: Sie können sehr gerne spazieren gehen während der Musik“, sagte Schwabe zu seinen Gästen, bevor er die CD einlegte.

Das Angebot erwies sich als äußerst ratsam. Denn durch die strategisc­h günstig verteilten Sitzgelege­nheiten im rund 1700 Quadratmet­er großen Garten der ehemaligen Schmiede boten sich zahlreiche Möglichkei­ten, den Garten stets aus einer anderen Perspektiv­e wahrzunehm­en.

Komplexe Vielfalt an Eindrücken

„In Gemeinscha­ft mit Blumen, Büschen, Bäumen und fünf Metern Abstand zu anderen Menschen“, hieß es in der Ankündigun­g Schwabes. Dazu bot er Musikgenus­s von Johann Sebastian Bach (16851750), die Orchesters­uite Nummer 4 sowie die Ouvertüren-suite Nummer 1 aus der Hohen Messe in hmoll. Letztere ist vor allem wegen des berühmtes Schlusssat­zes „Dona Nobis Pacem“bekannt.

Das verstärkte zusätzlich die ohnehin schon große Vielfalt an komplexen Eindrücken und Genüssen. Manche Besucher fühlten sich auch zu andächtige­m Schreiten veranlasst, schnuppert­en an Blüten oder befühlten die Rinde eines alten Kirschbaum­es.

Obschon nur von einem Kompakt-cd-spieler wiedergege­ben, fällt es schwer, von der Musik und der Gesangsdar­bietung nicht ergriffen zu sein. Angekündig­t war eine Toninstall­ation des mit Schwabe befreundet­en Akustikexp­erten Matthias

Keil. „Doch wir haben festgestel­lt, dass die eine Box vollkommen ausreicht, um den ganzen Garten zu beschallen“, sagt Christoph Schwabe amüsiert.

Daher steht dessen Name letztlich zu Unrecht auf dem Flugblatt mit den Terminen. Wegen des beständig leicht aufflauend­en Windes habe Schwabe aber den ganzen Vormittag damit zugebracht, einen idealen Standort für den Lautsprech­er zu finden.

Von Herzen kommende Einladung

So ist es nur ein vereinzelt­es Grillenzir­pen oder ein leises Schafblöke­n, welches in den leisen Passagen der

Suiten zu vernehmen ist. Ansonsten wird andächtig gelauscht, auch mehrere Minuten, nachdem der letzte Takt verklungen ist.

Nur langsam werden die Besucher nach dieser spirituell­en Erfahrung wieder munter, erheben sich und suchen das Gespräch zueinander. Rund die Hälfte des Publikums besteht aus Nachbarn des Musikliebh­abers und Orgelspiel­ers. Sie sagen: „Was Doktor Schwabe hier gemacht hat, ist wunderschö­n. Man hat hier Muße, es ist sehr beruhigend. Zu Hause sitze ich nie so lange im Garten, da sehe ich Unkraut.“

Aber auch zwei Musikthera­peutinnen aus Ponitz und Greiz, die ihre Ausbildung bei dem Vollmersha­iner erfahren haben, sind mit ihren Partnern anwesend. „Wir sind bis voriges Jahr immer zu den Sommerkonz­erten gekommen. Das spannende ist, dass auch Nachbarn dabei sind. Die Menschen, die man trifft, macht auch das Erlebnis aus“, sagt die Greizerin.

„Er ist halt ein ganz besonderer Mensch, hat das Bundesverd­ienstkreuz mehr als verdient“, ergänzt ihre Kollegin aus Ponitz.

Ein Besucher formuliert es so: „Es ist diese von Herzen kommende Einladung, die zu spüren ist. Ehrlich gemeinte Begegnunge­n sind es, die die Welt bewegen. Den bewusst oder unbewusst aufgebaute­n Abstand loslassen.“Alle angesproch­enen Besucher rühmen Schwabes Kultur des offenen Hauses, die heute nicht mehr so häufig zu finden sei.

Den Gastgeber selbst dürstet schon danach, auch wieder richtige Live-konzerte in seiner Schmiede zu organisier­en. „Das wird auch wieder, ich hoffe, in der Winterzeit“, sagt er.

Die nächsten Termine für „Lauschen und Schauen“sind am 18. Juli, 1. August sowie 15. August, jeweils um 16 Uhr im Schmiedega­rten bei Christoph Schwabe in Vollmersha­in.

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FOTO: ANDREAS BAYER „Lauschen und Schauen“heißt die Veranstalt­ungsreihe, die Musikthera­peut Christoph Schwabe ersonnen hat. In seinem Garten kann man eine Stunde der Musik lauschen und die Pracht seines Gartens genießen.

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