Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Vier Tote um Störtebeke­r

Sprödes Nordlicht ermittelt im Schauspiel­er- und Urlauber-milieu

- Von Michael Voß

Karsten Schwinka mag keine „Tatort“-krimis. Doch der Kriminalis­t, der von Rügen stammt und unmittelba­r vor dem Fall auf die Insel zurückgeke­hrt ist, hätte das Zeug dazu, im Film zu ermitteln. Er ist ein Nordlicht mit so viel sprödem Charme und Menschenke­nntnis, dass er Kultstatus erreichen könnte.

Doch vorerst stößt Schwinka im Buch „Die Toten von Ralswiek“auf einen Intrigen-, Liebes- und Leidenscha­ftsreigen hinter den Kulissen der „Störtebeke­r-festspiele“. In Vor-corona-zeiten, denn in dieser

Saison fällt das Spektakel aus. Als Strandlekt­üre bleibt dem Urlauber der Krimi, in dem drei Schauspiel­er und ein Hilfskoch ermordet werden. Damit fällt die Maske. Autor Jensuwe Berndt betont zwar, alles sei frei erfunden. Dennoch dürfte mancher Leser die Aufführung­en und das Ensemble, wenn wieder möglich, nun mit anderen Augen sehen. Auch die Landschaft. Denn Berndt, hauptamtli­ch Lokalchef der Ostsee-zeitung in Bergen, schreibt darüber ohne Pathos und Tourischmu­s. Und gibt Impulse, zum Beispiel Binz, Putbus, Ralswiek, oder auch die Krimi-abstecher Stralsund, den Darß oder Trassenhei­de auf Usedom zu entdecken. Schwinka findet Urlauber zwar nervig, „aber ohne geht es auch nicht“.

Aufschluss­reich ist zudem der Blick hinter die Kulissen der Polizei, auf das Hierarchie-gerangel, das dem der Schauspiel­er nicht nachsteht. Denn „Polizeiapp­arat und Staatsanwa­ltschaften scheinen instabile Persönlich­keiten geradezu anzuziehen“, sinniert Schwinka. Auch wenn es kein „Tatort“wird: Der Krimi schreit nach Fortsetzun­g. Nur zwei Gründe: Wie geht es wei- ter mit dem intrigante­n, korrupten Polizisten Michael Neumann? Und kann die Affäre mit Nadine Pollwitz den Fast-eisblock Schwinka doch noch auftauen?

Jens-uwe Berndt: Die Toten von Ralswiek. Hinstorff-verlag, Rostock,

400 Seiten. 12,99 Euro

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany