Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Vier Tote um Störtebeker
Sprödes Nordlicht ermittelt im Schauspieler- und Urlauber-milieu
Karsten Schwinka mag keine „Tatort“-krimis. Doch der Kriminalist, der von Rügen stammt und unmittelbar vor dem Fall auf die Insel zurückgekehrt ist, hätte das Zeug dazu, im Film zu ermitteln. Er ist ein Nordlicht mit so viel sprödem Charme und Menschenkenntnis, dass er Kultstatus erreichen könnte.
Doch vorerst stößt Schwinka im Buch „Die Toten von Ralswiek“auf einen Intrigen-, Liebes- und Leidenschaftsreigen hinter den Kulissen der „Störtebeker-festspiele“. In Vor-corona-zeiten, denn in dieser
Saison fällt das Spektakel aus. Als Strandlektüre bleibt dem Urlauber der Krimi, in dem drei Schauspieler und ein Hilfskoch ermordet werden. Damit fällt die Maske. Autor Jensuwe Berndt betont zwar, alles sei frei erfunden. Dennoch dürfte mancher Leser die Aufführungen und das Ensemble, wenn wieder möglich, nun mit anderen Augen sehen. Auch die Landschaft. Denn Berndt, hauptamtlich Lokalchef der Ostsee-zeitung in Bergen, schreibt darüber ohne Pathos und Tourischmus. Und gibt Impulse, zum Beispiel Binz, Putbus, Ralswiek, oder auch die Krimi-abstecher Stralsund, den Darß oder Trassenheide auf Usedom zu entdecken. Schwinka findet Urlauber zwar nervig, „aber ohne geht es auch nicht“.
Aufschlussreich ist zudem der Blick hinter die Kulissen der Polizei, auf das Hierarchie-gerangel, das dem der Schauspieler nicht nachsteht. Denn „Polizeiapparat und Staatsanwaltschaften scheinen instabile Persönlichkeiten geradezu anzuziehen“, sinniert Schwinka. Auch wenn es kein „Tatort“wird: Der Krimi schreit nach Fortsetzung. Nur zwei Gründe: Wie geht es wei- ter mit dem intriganten, korrupten Polizisten Michael Neumann? Und kann die Affäre mit Nadine Pollwitz den Fast-eisblock Schwinka doch noch auftauen?
Jens-uwe Berndt: Die Toten von Ralswiek. Hinstorff-verlag, Rostock,
400 Seiten. 12,99 Euro