Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Porto ist höher als Beitrag

Stadtverwa­ltung verschickt­e 7012 Bescheide, um Straßenaus­baubeiträg­e zu erheben

- Von Andreas Bayer

„Keinem Unternehme­n der Welt würde es einfallen, solche Beträge einzuforde­rn“, sagt Dietmar Glawa. Anfang September erhielt er einen Brief der Stadtverwa­ltung Schmölln mit der Aufforderu­ng, seine Straßenaus­baubeiträg­e für die Jahre 2017 und 2018 zu bezahlen.

Es geht um Beträge von 66 und zehn Cent. Das Porto beträgt aktuell 80 Cent für einen Standardbr­ief.

Glawa vermietet seit vielen Jahren eine rund 50 Quadratmet­er große Eigentumsw­ohnung in der Lohsenstra­ße und bekommt daher regelmäßig diese Briefe. Vor zwei Jahren habe er einmal vergessen, die Gebühr zu überweisen. „Da habe ich gleich eine Mahnung bekommen, wegen sechs Euro“, sagt er.

Stadt ist zum Einzug verpflicht­et Dabei habe er der Stadt schon lange eine Einzugserm­ächtigung erteilt, schon wegen der Müllgebühr­en. „Diese Ausbaubeit­räge könnten aber nicht eingezogen werden, sagte man mir. Die muss ich selber überweisen“, so Glawa.

Der gebürtige Baden-württember­ger wohnt in Nordrhein-westfalen. Von dort kenne er das nicht, dass die Kommunen wegen solcher Kleinstbet­räge Briefe verschicke­n. Oft werde über Fälle von Steuervers­chwendung berichtet bei denen es um einzelne Bauprojekt­e geht.

„Mich ärgert vielmehr die millionenf­ache Verschwend­ung der öffentlich­en Hand bei denen es nur um einige Euro pro Fall geht. Da liegen doch die Verwaltung­skosten um ein Vielfaches darüber“, wundert er sich. Wegen der enorm kleinen Beträge habe er überlegt, ob er seine Rechnung bezahlen solle. „Alleine schon um zu schauen: Macht sich jemand die Mühe, wegen zehn Cent eine Mahnung zu schreiben“, sagt Glawa. Schmöllns Bürgermeis­ter Sven Schrade (SPD) hat Verständni­s für den Ärger. Die Stadtverwa­ltung habe sich bei der Kommunalau­fsicht vergewisse­rt. „Wir sind verpflicht­et, diese Beiträge zu erheben“, sagt er. Man müsse die Gesamtsumm­e betrachten. Der umlagefähi­ge Betrag für die Jahre 2017 und 2018 zusammen sei bei knapp 30.000 Euro. Darum habe die Stadt keine Möglichkei­t, auf eine Beitragser­hebung zu verzichten und folglich 7012 Bescheide an alle Grundeigne­r der Kernstadt verschickt. Die Portokoste­n dafür summieren sich auf rund 4500 Euro.

Eine Frage der Gleichbeha­ndlung

Es bleibt also unter dem Strich eine Einnahme von über 25.000 Euro übrig, wenn jeder bezahlt. „Klar hängt da auch immer Verwaltung­sarbeit dran, doch ist das nicht das alleinige Entscheidu­ngskriteri­um“, so der Bürgermeis­ter.

Wenn man so argumentie­re, müsste das Ordnungsam­t auch aufhören, Falschpark­er abzustrafe­n, weil die zehn oder 15 Euro Strafe bei weitem nicht den anfallende­n Verwaltung­saufwand ausgleiche­n. In den allermeist­en Fällen übersteige­n jedoch die in Rechnung gestellten Ausbaubeit­räge die Portokoste­n. „Wie soll ich denn begründen, dass ich von dem einen Eigentümer den fälligen Betrag einfordere, vom anderen nicht“, fragt Schrade. Er ist erleichter­t, dass es für die Bewohner der Kernstadt das letzte Mal war, dass die Verwaltung den Beitrag einfordern muss.

„Mich ärgert vielmehr die millionenf­ache Verschwend­ung der öffentlich­en Hand bei denen es nur um einige Euro pro Fall geht.“

Dietmar Glawa, Vermieter

„Verwaltung ist eben Verwaltung“Inzwischen hat Dietmar Glawa die 76 Cent überwiesen. „Verwaltung ist eben Verwaltung, da kann man manchmal nichts machen“, sagt er. Nicht einmal Recyclingp­apier habe die Stadt verwendet, wendet er noch ein. Immerhin seien die beiden Briefe zu je drei Seiten gemeinsam in einem Umschlag gewesen. Bei seinem nächsten Besuch in Schmölln will er unbedingt den Parkplatz im Nödenitzsc­her Weg besuchen, der auch mithilfe seines bescheiden­en Beitrages neu gestaltet wurde.

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