Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Porto ist höher als Beitrag
Stadtverwaltung verschickte 7012 Bescheide, um Straßenausbaubeiträge zu erheben
„Keinem Unternehmen der Welt würde es einfallen, solche Beträge einzufordern“, sagt Dietmar Glawa. Anfang September erhielt er einen Brief der Stadtverwaltung Schmölln mit der Aufforderung, seine Straßenausbaubeiträge für die Jahre 2017 und 2018 zu bezahlen.
Es geht um Beträge von 66 und zehn Cent. Das Porto beträgt aktuell 80 Cent für einen Standardbrief.
Glawa vermietet seit vielen Jahren eine rund 50 Quadratmeter große Eigentumswohnung in der Lohsenstraße und bekommt daher regelmäßig diese Briefe. Vor zwei Jahren habe er einmal vergessen, die Gebühr zu überweisen. „Da habe ich gleich eine Mahnung bekommen, wegen sechs Euro“, sagt er.
Stadt ist zum Einzug verpflichtet Dabei habe er der Stadt schon lange eine Einzugsermächtigung erteilt, schon wegen der Müllgebühren. „Diese Ausbaubeiträge könnten aber nicht eingezogen werden, sagte man mir. Die muss ich selber überweisen“, so Glawa.
Der gebürtige Baden-württemberger wohnt in Nordrhein-westfalen. Von dort kenne er das nicht, dass die Kommunen wegen solcher Kleinstbeträge Briefe verschicken. Oft werde über Fälle von Steuerverschwendung berichtet bei denen es um einzelne Bauprojekte geht.
„Mich ärgert vielmehr die millionenfache Verschwendung der öffentlichen Hand bei denen es nur um einige Euro pro Fall geht. Da liegen doch die Verwaltungskosten um ein Vielfaches darüber“, wundert er sich. Wegen der enorm kleinen Beträge habe er überlegt, ob er seine Rechnung bezahlen solle. „Alleine schon um zu schauen: Macht sich jemand die Mühe, wegen zehn Cent eine Mahnung zu schreiben“, sagt Glawa. Schmöllns Bürgermeister Sven Schrade (SPD) hat Verständnis für den Ärger. Die Stadtverwaltung habe sich bei der Kommunalaufsicht vergewissert. „Wir sind verpflichtet, diese Beiträge zu erheben“, sagt er. Man müsse die Gesamtsumme betrachten. Der umlagefähige Betrag für die Jahre 2017 und 2018 zusammen sei bei knapp 30.000 Euro. Darum habe die Stadt keine Möglichkeit, auf eine Beitragserhebung zu verzichten und folglich 7012 Bescheide an alle Grundeigner der Kernstadt verschickt. Die Portokosten dafür summieren sich auf rund 4500 Euro.
Eine Frage der Gleichbehandlung
Es bleibt also unter dem Strich eine Einnahme von über 25.000 Euro übrig, wenn jeder bezahlt. „Klar hängt da auch immer Verwaltungsarbeit dran, doch ist das nicht das alleinige Entscheidungskriterium“, so der Bürgermeister.
Wenn man so argumentiere, müsste das Ordnungsamt auch aufhören, Falschparker abzustrafen, weil die zehn oder 15 Euro Strafe bei weitem nicht den anfallenden Verwaltungsaufwand ausgleichen. In den allermeisten Fällen übersteigen jedoch die in Rechnung gestellten Ausbaubeiträge die Portokosten. „Wie soll ich denn begründen, dass ich von dem einen Eigentümer den fälligen Betrag einfordere, vom anderen nicht“, fragt Schrade. Er ist erleichtert, dass es für die Bewohner der Kernstadt das letzte Mal war, dass die Verwaltung den Beitrag einfordern muss.
„Mich ärgert vielmehr die millionenfache Verschwendung der öffentlichen Hand bei denen es nur um einige Euro pro Fall geht.“
Dietmar Glawa, Vermieter
„Verwaltung ist eben Verwaltung“Inzwischen hat Dietmar Glawa die 76 Cent überwiesen. „Verwaltung ist eben Verwaltung, da kann man manchmal nichts machen“, sagt er. Nicht einmal Recyclingpapier habe die Stadt verwendet, wendet er noch ein. Immerhin seien die beiden Briefe zu je drei Seiten gemeinsam in einem Umschlag gewesen. Bei seinem nächsten Besuch in Schmölln will er unbedingt den Parkplatz im Nödenitzscher Weg besuchen, der auch mithilfe seines bescheidenen Beitrages neu gestaltet wurde.