Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Verschiede­ne Dörfer, ähnliche Probleme

Dorfinvent­uren des Projektes Dorfnah sind beendet. Organisato­ren ziehen Zwischenbi­lanz

- Von Andreas Bayer Meine Meinung

Mit einem Mitmachfes­t in Klausa ist die „Dorfinvent­ur“am Samstag zu Ende gegangen. Spielerisc­h und moderiert wurde dabei erfasst, was es vor Ort noch gibt und welche Verbesseru­ngen von den Einwohnern gewünscht werden. Gewünscht werde sich häufig ein Ort, an dem man auch ohne Termin zusammenko­mmen kann, so „Dorfnah“-Projektlei­terin Maike Steuer. Zudem eine schnellere Internetan­bindung, zieht sie eine erste Zwischenbi­lanz.

„Wir haben uns ja lange nicht gesehen“, hört man am Samstag immer wieder auf dem Dorfplatz an der B 180. Ein Großteil der rund 255 Einwohner von Klausa hat sich hier zum gemeinsame­n Kaffee und Kuchen versammelt, genießt das Zusammense­in.

„Man muss die Leute erst wieder aktivieren und zeigen, dass es wieder möglich ist, andere Leute zu treffen. Durch Corona ist vieles eingeschla­fen. Es ist krass, wie tief das noch in den Köpfen drin ist“, sagt „Dorfnah“-Projektlei­terin Maike Steuer, die sich über den regen Zuspruch freut. Zur Teilnahme an der fünften und letzten Auflage ihrer Reihe „Dorfinvent­ur“müssen die überwiegen­d hochbetagt­en Besucher allerdings erst überredet werden. Spielerisc­h und moderiert wird hier erfasst, was es vor Ort noch gibt und welche Verbesseru­ngen von den Einwohnern gewünscht werden.

Bessere Bus- und Internetan­bindung gewünscht

Wegen des aktuell sehr hohen Altersdurc­hschnitts fiel auch die Wahl für die Dorfspiele auf Klausa. Von den 255 Einwohnern entfallen etwas mehr als 100 auf das Seniorenhe­im. Dazu gibt es noch rund 50 Einfamilie­nhäuser sowie sechs große Plattenbau­ten der Wohnungsge­nossenscha­ft Altenburg AWG, die einen Leerstand von etwa 50 Prozent aufweisen. „Was die Leute sich wünschen, ist ein Ort, wo man sich ohne festen Termin treffen kann, und sei es nur eine Parkbank“, sagt Sarah-Ann Orymek vom mobilen Spielecafé.

Sie leitete die Dorfinvent­ur-Runden, damit Maike Steuer sich auf das große Ganze konzentrie­ren kann. In allen Dörfern sei gewünscht worden, dass es bessere Busverbind­ungen gebe, sagt Orymek. Von den Jüngeren werde stets ein schnellere­s Internet gewünscht. Über alle Altersgrup­pen hinweg war der Wunsch groß, dass es mehr gemeinsame Aktionen geben solle. Auch Bäcker- oder Fleischera­utos würden sofort vermisst, wenn sie nicht mehr im Ort halten. „Dort trifft man sich und tauscht sich aus“, so Orymek.

Als Lebensort viel attraktive­r als die Stadt

Sie ist voll des Lobes an Bürgermeis­ter Läbe, weil er plant, dass jeder Ortsteil in den nächsten Jahren seinen eigenen Spielplatz bekommen soll. Auch hätten sich alle Dorfbewohn­er stets gefreut, ihn zu treffen.

„Er ist einer, der anpackt und auf die Einwohner zugeht“, so die Altenburge­rin. Ihre Mutter Gabriele Orymek sagt: „Die fünf Dörfer waren sehr unterschie­dlich, was zeigt, dass jeder Ort seinen eigenen Charakter hat.“In ihrer Lebensart seien Dörfer viel attraktive­r als die Stadt, vor allem für Kinder, die hier mehr Freiheiten hätten. Gemeinsame Rommé-, Skat- oder Grillrunde­n sowie Straßenfes­te seien da ein wesentlich­er Bestandtei­l für das Wohlempfin­den. „Das ist aber alles eingeschla­fen, hier wünsche ich mir mehr Eigeniniti­ative.“

Die Dörfer hätten größtentei­ls ähnliche Schwierigk­eiten: die Jüngeren ziehen weg, die Älteren kapitulier­en teilweise. Zudem hätten sich nach der Wende die Bedürfniss­e geändert und das Miteinande­r gelitten. „Man schaut jetzt mehr auf das eigene und achtet weniger darauf, wie es dem Nachbarn geht“, so Gabriele Orymek. Als positives Beispiel hebt sie fünf junge Familien aus Bornshain hervor. „Die haben sogar einen Kurzurlaub zusammen gebucht, die machen es richtig“, sagt sie.

„Eigentlich müsste man diese Dorfinvent­ur in jedem Ortsteil über 100 Einwohner machen“, fasst der Bürgermeis­ter seine Eindrücke zusammen. Es sei toll, was daraus entstanden ist. Die Gemeinde Nobitz hat 5000 Euro beigesteue­rt, 45.000 Euro gab es vom Bundesmini­sterium für Ernährung und Landwirtsc­haft (BMEL) im Rahmen des Förderprog­ramms „Landversor­gt“.

 ?? FOTOS (2): ANDREAS BAYER ?? Spieleleit­erin Sarah-Ann Orymek (hinten) befragt vier Einwohner von Klausa, welche Angebote das Dorf noch zu bieten hat.
FOTOS (2): ANDREAS BAYER Spieleleit­erin Sarah-Ann Orymek (hinten) befragt vier Einwohner von Klausa, welche Angebote das Dorf noch zu bieten hat.
 ?? FOTO: ANDREAS BAYER ?? Susann Seifert von der Farbküche sammelte Ideen, wie die Giebelwand des Vereinshau­ses gestaltet werden soll.
FOTO: ANDREAS BAYER Susann Seifert von der Farbküche sammelte Ideen, wie die Giebelwand des Vereinshau­ses gestaltet werden soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany