Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Verschiedene Dörfer, ähnliche Probleme
Dorfinventuren des Projektes Dorfnah sind beendet. Organisatoren ziehen Zwischenbilanz
Mit einem Mitmachfest in Klausa ist die „Dorfinventur“am Samstag zu Ende gegangen. Spielerisch und moderiert wurde dabei erfasst, was es vor Ort noch gibt und welche Verbesserungen von den Einwohnern gewünscht werden. Gewünscht werde sich häufig ein Ort, an dem man auch ohne Termin zusammenkommen kann, so „Dorfnah“-Projektleiterin Maike Steuer. Zudem eine schnellere Internetanbindung, zieht sie eine erste Zwischenbilanz.
„Wir haben uns ja lange nicht gesehen“, hört man am Samstag immer wieder auf dem Dorfplatz an der B 180. Ein Großteil der rund 255 Einwohner von Klausa hat sich hier zum gemeinsamen Kaffee und Kuchen versammelt, genießt das Zusammensein.
„Man muss die Leute erst wieder aktivieren und zeigen, dass es wieder möglich ist, andere Leute zu treffen. Durch Corona ist vieles eingeschlafen. Es ist krass, wie tief das noch in den Köpfen drin ist“, sagt „Dorfnah“-Projektleiterin Maike Steuer, die sich über den regen Zuspruch freut. Zur Teilnahme an der fünften und letzten Auflage ihrer Reihe „Dorfinventur“müssen die überwiegend hochbetagten Besucher allerdings erst überredet werden. Spielerisch und moderiert wird hier erfasst, was es vor Ort noch gibt und welche Verbesserungen von den Einwohnern gewünscht werden.
Bessere Bus- und Internetanbindung gewünscht
Wegen des aktuell sehr hohen Altersdurchschnitts fiel auch die Wahl für die Dorfspiele auf Klausa. Von den 255 Einwohnern entfallen etwas mehr als 100 auf das Seniorenheim. Dazu gibt es noch rund 50 Einfamilienhäuser sowie sechs große Plattenbauten der Wohnungsgenossenschaft Altenburg AWG, die einen Leerstand von etwa 50 Prozent aufweisen. „Was die Leute sich wünschen, ist ein Ort, wo man sich ohne festen Termin treffen kann, und sei es nur eine Parkbank“, sagt Sarah-Ann Orymek vom mobilen Spielecafé.
Sie leitete die Dorfinventur-Runden, damit Maike Steuer sich auf das große Ganze konzentrieren kann. In allen Dörfern sei gewünscht worden, dass es bessere Busverbindungen gebe, sagt Orymek. Von den Jüngeren werde stets ein schnelleres Internet gewünscht. Über alle Altersgruppen hinweg war der Wunsch groß, dass es mehr gemeinsame Aktionen geben solle. Auch Bäcker- oder Fleischerautos würden sofort vermisst, wenn sie nicht mehr im Ort halten. „Dort trifft man sich und tauscht sich aus“, so Orymek.
Als Lebensort viel attraktiver als die Stadt
Sie ist voll des Lobes an Bürgermeister Läbe, weil er plant, dass jeder Ortsteil in den nächsten Jahren seinen eigenen Spielplatz bekommen soll. Auch hätten sich alle Dorfbewohner stets gefreut, ihn zu treffen.
„Er ist einer, der anpackt und auf die Einwohner zugeht“, so die Altenburgerin. Ihre Mutter Gabriele Orymek sagt: „Die fünf Dörfer waren sehr unterschiedlich, was zeigt, dass jeder Ort seinen eigenen Charakter hat.“In ihrer Lebensart seien Dörfer viel attraktiver als die Stadt, vor allem für Kinder, die hier mehr Freiheiten hätten. Gemeinsame Rommé-, Skat- oder Grillrunden sowie Straßenfeste seien da ein wesentlicher Bestandteil für das Wohlempfinden. „Das ist aber alles eingeschlafen, hier wünsche ich mir mehr Eigeninitiative.“
Die Dörfer hätten größtenteils ähnliche Schwierigkeiten: die Jüngeren ziehen weg, die Älteren kapitulieren teilweise. Zudem hätten sich nach der Wende die Bedürfnisse geändert und das Miteinander gelitten. „Man schaut jetzt mehr auf das eigene und achtet weniger darauf, wie es dem Nachbarn geht“, so Gabriele Orymek. Als positives Beispiel hebt sie fünf junge Familien aus Bornshain hervor. „Die haben sogar einen Kurzurlaub zusammen gebucht, die machen es richtig“, sagt sie.
„Eigentlich müsste man diese Dorfinventur in jedem Ortsteil über 100 Einwohner machen“, fasst der Bürgermeister seine Eindrücke zusammen. Es sei toll, was daraus entstanden ist. Die Gemeinde Nobitz hat 5000 Euro beigesteuert, 45.000 Euro gab es vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen des Förderprogramms „Landversorgt“.