Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Zu viel Druck schadet
Die Impfbereitschaft nimmt ab, und mit der Corona-Inzidenz steigt auch die Nervosität in der Politik. Doch neben vielen gut gemeinten Appellen zum Impfen, das als Schlüssel zur Pandemiebekämpfung gilt, schießt manche Forderung über das Ziel hinaus – und wirkt damit eher kontraproduktiv, mehr Menschen zum Impfen gegen Covid-19 zu bewegen.
Auf erheblichen Widerstand trifft Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) mit seiner Überlegung, bei einer verschärften Infektionslage selbst negativ getestete Nicht-Geimpfte mit weiteren Beschränkungen im Alltag zu belegen.
Mit diesem Vorstoß geht der studierte Mediziner einen Schritt zu weit. Bislang hat nicht nur die Bundesregierung sich gegen eine Impfpflicht ausgesprochen, sondern auch der Ethikrat und die Ständige Impfkommission. Impfen muss eine freiwillige Entscheidung bleiben, stellt sie doch einen Eingriff in den Körper dar. Nun aber versucht Braun, eine Impfpflicht durch die Hintertür einzuführen, indem er Nicht-Geimpften Nachteile im Alltag auferlegen möchte.
Warum sollten Menschen aber angesichts vermehrter Impfungen und Tests auf Freiheiten verzichten? Hier würden Rechte zu Unrecht beschnitten. Mit seinen Ideen spielt der Kanzleramtsminister zudem Verschwörungstheoretikern in die Hände, die seit langem vor einer Impfpflicht warnen. Statt Druck, der immer Gegenwehr erzeugt, wären überzeugende Argumente und positive Motivation die besten Mittel, Menschen zum Impfen zu bewegen. Schon dass eine Impfung zu 90 Prozent vor einem schweren Verlauf einer Covid-19Erkrankung schützt, kann nicht oft genug wiederholt werden. Wir sollten aber auch mit allen Zweiflern und Gegnern geduldig sein, um sie zu überzeugen. Und zwar mit positiven Argumenten zu ihrem eigenen Wohl statt mit Angstmache.