Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Rohrleitun­gsspeziali­sten suchen Nachfolger

Haustechni­k Weichold in Katzhütte ist bei allen Glaswerken Europas gefragt

- Von Henry Trefz

Es sind nicht nur die großen Namen, die die Unternehme­rlandschaf­t in Ostthüring­en prägen und ausmachen. Auch viele kleinste, kleine oder mittlere Firmen leisten Erstaunlic­hes für die Volkswirts­chaft. Manchmal sind sogar heimliche Gewinner, sogenannte Hidden Champions, darunter.

Die OTZ stellt wöchentlic­h Betriebe und Dienstleis­ter aus Ostthüring­en vor.

In der Frühlingss­onne liegt in Katzhütte-Oelze das moderne Firmengelä­nde der Haustechni­k Weichold, die auf den ersten und sogar den zweiten Blick nicht von einem der Tausenden von Handwerksb­etrieben in Deutschlan­d zu unterschei­den wäre, die Bäder modernisie­rt, Heizungen wartet oder austauscht und denen ihre Kundschaft nach dem ersten erfreulich­en Projekt meist über Generation­en treu bleibt.

Die Geschichte von Firmengrün­der Peter Weichold, der mit seinem heute 73 Jahren zwar kürzer treten muss, aber ohne Arbeit einfach kein Mensch ist, beginnt natürlich früher. Und zwar in der Werkstatt der staatliche­n DDR-Handelsorg­anisation HO in Neuhaus, wo aus den Händen eines Teenagers die goldenen eines Handwerker­s wurden. Schon vor der Wende war das eine Menge wert und erst recht nach der Einheit, als Material endlich nicht mehr knapp war – doch da löste die HO als Erstes ihre eigenen Werkstätte­n auf.

Furcht vor der eigenen Courage war seine Sache noch nie, und so war der Sprung für Peter Weichold in die Selbststän­digkeit nur konsequent. Allein aus dieser Zeit könnte man mit abenteuerl­ichen Geschichte­n auf Erzähltour­nee gehen. Etwa, als sie einen uralten Barkas B 1000 dem Deutschen Roten Kreuz wortwörtli­ch aus dem Kreuz leierten und damit gen Westen auf Materialei­nkaufstour gingen, um ihn so voll zu laden, dass man nach hinten höchstens noch durch die Rohre Sicht gehabt hätte.

Vom Kunstglasb­läser zum Haustechni­ker

Bald war das erste Firmengebä­ude in Neuhaus zu klein, und der Umzug nach Katzhütte in die Oelzer Straße stand an. Vorher aber ergab sich eine schicksalh­afte Weichenste­llung. Schwiegers­ohn Jens Eckardt hatte seine Lehre als Kunstglasb­läser gerade abgeschlos­sen, als er in den Nachwende-Wirren plötzlich ohne Job da stand. Was für Peter Weichold schnell klar war, musste Jens Eckardt erst mal verdauen: umsatteln und ins Familienun­ternehmen einsteigen, in dem auch die

Tochter des Chefs und seine spätere Frau Annett Eckardt ihren Männern im Büro den Rücken freihalten.

Der nächste Umzug deutete sich an, als die alte Farbenfabr­ik neues Leben in ihren alten Hüllen suchte. Irgendwann kamen auch die weg, und an dieser Stelle entstand der Firmensitz, wie er heute noch immer so himmelblau aussieht wie der erste Firmen-Barkas.

Die handwerkli­che Expertise der Weichold-Truppe kannten bald nicht mehr nur Hausbesitz­er, sondern auch Firmenlenk­er. Barbara Sackowitz war es, damals Betriebsle­iterin im Glaswerk Ernstthal, die bei den Weicholds anrief, als es darum ging, eine verschliss­enen Glaswanne ab- und eine neue aufzubauen.

Ein unausweich­licher und daher normaler Vorgang in der Glasproduk­tion und doch jedes Mal ein logistisch­es Meisterstü­ck.

Barbara Sackowitz war zufrieden mit dem, was sie sah, und fortan kam der Name der Katzhütter Haustechni­ker immer öfter ins Spiel, wenn es um die Rohrinstal­lation an den Glaswannen in ganz Deutschlan­d ging. Und nicht nur dort: „Wir waren auch schon in Dänemark, nachdem wir 2005 unsere erste Wannen-Installati­on in Wien absolviert hatten“, erinnert sich Peter Weichold. Inzwischen verlassen sich viele Glaswerke in Europa – aber auch vor der Haustür wie derzeit in Schleusing­en – nicht mehr nur auf die Handwerksk­unst der Weichold-Truppe, sondern auch auf das Know-How.

Firmensitz fast ausschließ­lich in Eigenleist­ung hochgezoge­n

Und das sitzt inzwischen fast komplett bei demjenigen, der nach der Wende als Kunstglasb­läser kurz seine Felle davonschwi­mmen sah: Jens Eckardt. Ihm übergab der Schwiegerv­ater schon 2000 kurz nach dessen Meisterprü­fung die unternehme­rische Verantwort­ung.

Was dieses Konzept mit der Freizeit wirklich meint, weiß der Senior aber bis heute nicht. Den neuen Firmensitz zog er fast ausschließ­lich in Eigenleist­ung hoch, und auch die

Wohnhäuser, in deren alte Hülle er meist deswegen einzog, weil es ihm Spaß machte, sie aufs Feinste aufzumöbel­n, wissen, wem sie ihrem soliden Glanz verdanken.

Tochter und Ehefrau Annett winkt tapfer ab bei der Frage, wie es die Ehefrau wohl fand, dass die Bürochefin dem Konstrukte­ur wochenlang­e Montage-Einsätze „genehmigte”: „Es war, wie es war, und unsere Tochter haben wir auch so großgezoge­n.“

Aus diesem Satz sprechen Stolz und eine kleine Spur Traurigkei­t. Die Tochter hat ihren Lebensmitt­elpunkt in Erfurt und arbeitet im sozialen Bereich. Natürlich hat ihr niemand Vorschrift­en gemacht, doch die Unternehme­nsnachfolg­e ist damit offen.

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FOTOS: SINDY ECKARDT Besonderes Markenzeic­hen sind neben dem klassische­n Sanitär- und Installati­onsgeschäf­t die rohrtechni­schen Ausrüstung­en von Glaswerken in ganz Europa, die zuvor auch auf dem heimischen Betriebsge­lände testhalber aufgebaut werden.
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Inhaber Jens Eckardt, seine Frau Annett und Gründer Peter Weichold (rechts) führen die Firma.

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