Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Nostalgische Reise in die Musikgeschichte
Springsteen-Kumpan Little Steven begeistert mit fulminanter Show
Dass die Mannen von Bruce Springsteens E-StreetBand auch außerhalb des berühmten Bandgefüges gestandene Musiker sind, vergisst man ob der Strahlkraft des Frontmanns zuweilen. Allen voran Steven Van Zandt aka Little Steven, der seit 1999 zwar eine veritable Karriere als TV-Mafiosi („The Sopranos“, „Lilyhammer“) hinlegte, dessen musikalische Vita aber viel weiter zurückreicht.
Seine aktuelle Veröffentlichung dokumentiert die jüngste Tour mit seiner Begleitband Disciples of Soul, die ihn nebenbei bemerkt im August 2019 auch ins Haus des Handwerks nach Erfurt führte. „Summer of Sorcery – Live! At the Beacon Theatre” (auf Blu-Ray, CD und Vinyl) ist der Abschluss einer kreativen Phase. Die „drei künstlerisch produktivsten Jahre meines Lebens“, nennt sie Little Steven nach dem finalen Song. Fast zwanzig Jahre gibt es keine neue Musik vom Rock’n’Roll-Pirat (Markenzeichen: Kopftuch) bevor er 2017 das Album „Soulfire“veröffentlicht. Es folgen eine weitere Platte, zwei Tourneen und nun das dritte Live-Album.
Es ist eine nostalgische Reise durch die Musikstile von einer ohne Zweifel fantastischen Band. Sie spielen alle Songs des Albums „Summer of Sorcery“, diese magisch-verklärte Ode an den Sommer und die ersten Experimente der Jugend, die live noch druckvoller und eindrücklicher geraten. Es gibt Stücke aus Stevens Backkatalog wie „Camouflage of Righteousness“oder „Out of the Darkness“, die im kollektiven Gedächtnis der Achtzigerjahre nicht als Hits gelten, aber trotzdem so klingen.
Und Coverversionen etwa von Little Stevens Arbeiten für Southside Johnny and the Asbury Jukes, von The Animals oder Springsteens „Tucson Train“. Mit Peter Wolf singt er „Freeze Frame“der J Geils Band und den Protestsong „Sun City“. Die Bonustracks sind Auftritte mit Gästen wie Nils Lofgren, Garland Jeffreys oder Bruce Springsteen.
„Wir waren die geborenen Außenseiter“, schreibt Van Zandt im Begleittext. „Wir sind ins Musikgeschäft gegangen, weil niemand sonst uns haben wollte.“Der Rest ist Geschichte. Am Ende weiß man nicht, ob man als Zuschauer mehr gerührt ist oder Little Steven, der unter seinen Tüchern, Ohrringen und Ketten um Worte ringt.