Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Gefrierfach oder Teekessel
Es braut sich was zusammen über Japan. Nicht, weil die deutschen Athleten am Auftaktwochenende medaillenlos ins Olympische Dorf zurückgefahren wären. Nach dem ersten Edelmetall können sie aber von dort aus, schick in der Bucht von Tokio gelegen, das Unheil auf sich zukommen sehen: Über den Pazifik rauscht ein Taifun heran und droht in den kommenden Tagen einiges durcheinander zu wirbeln.
Zumindest mal die Luft. Wobei die dann vermutlich immer noch stickig-heiß bleibt, nur eben wild herumgepustet. Ansonsten steht die Luft wie ein Schwergewichtsboxer, vor dem ein Fünfjähriger eine Leiter hochklettert und den der Kleine mit einem Wangentätscheln zu Fall bringen möchte. Zum Glück sind alle japanischen Gebäude klimatisiert, manchmal sogar wie ein Kühlfach und nicht bloß wie ein Kühlschrank. Hinter den Türen nach draußen wartet jedoch überall: heiß-nasser Dampf wie aus dem Teekessel.
Auf die klimatischen Bedingungen in Tokio hat sich Oliver Zeidler optimal vorbereitet. Deutschlands Ruderhoffnung hat sich in der Vorbereitung im Münchner Elternhaus eine Hitzekammer gebaut. Die Temperatur-Tortur auf dem Ergometer sah dann so aus: Sauna an, Dusche aufdrehen, alle Schlitze an Fenstern und Türen mit Folie zudecken – und schwitzen wie ein künftiger Olympiasieger.
Dafür genügen mir bereits die paar Meter zwischen dem Bus (überwiegend Modell Gefrierfach) und den sonnenschirmlosen Arbeitsplätzen beim Bogenschießen (Bereich Teekessel, Sie wissen schon). Zurück davon im Medienzentrum, meine ich inzwischen auch beobachten zu können, wie die Gesichter einiger Kollegen bereits schmaler werden – viel Hitze bedeutet weniger Hunger. Ich werde auch am Abschlusstag noch nicht dahingeschmolzen sein…