Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Schuss ins Glück
Das Team mit der Jenaerin Michelle Kroppen gewinnt Bronze
Wäre es ein 100-Meter-Rennen, Michelle Kroppen hätte einen klassischen Fehlstart hingelegt. So aber war es vielleicht der Startschuss für die beiden Mannschaftskolleginnen, die Bronzemedaille zu sichern. „Yes“, schrie die 25 Jahre alte Bogenschützin aus Jena vor sich her, als sie gegen Belarus ihren letzten Pfeil abgefeuert und mit größtmöglicher Präzision in die Zehn gesteuert hatte. Dann: eine Acht von Charline Schwarz (20) und gar noch eine Zehn von Lisa Unruh (33). Die deutschen Frauen lagen sich in den Armen – Bronze!
„Ich wusste gar nicht, dass ich so laut sein kann“, sagte Kroppen ein paar Minuten später abseits der Schießanlage und lachte. Zuvor war es eine Hitze- und Nervenschlacht, draußen im Yumenoshima
Park. Bronze ist es geworden, Silber hätte es vielleicht sogar sein können. Im Halbfinale gegen das russische Team hätte Lisa Unruh mit dem letzten Pfeil eine Sechs zur 3:1-Führung genügt – ein Vorteil für den vielleicht danach schon entscheidenden Satz. Die Berliner löste den Schuss aus, doch mit jedem Meter driftete der Pfeil nach rechts ab, landete in der Zwei. Die Russinnen holten den Satz und schafften dann auch den Finaleinzug.
„Es kann mal etwas schief gehen. Das Entscheidende ist, dass man sich danach wieder fängt und an seine Stärken glaubt.“Was Bundestrainer Oliver Haidn über den missglückten Augenblick sagte, hatte Gültigkeit für das ganze Jahr. Viel zeitlicher, aber auch enormer monetärer Aufwand waren nötig, um sich bestmöglich vorzubereiten.
Der 6:2-Auftakt gegen Chinesisch Taipeh war eine Befreiung. „Dann hatten wir Kraft und Zuversicht, die kurzfristig auf Eis gelegt war“, sagte der Bundestrainer. Durch das 6:2 über Mexiko im Viertelfinale war das Trio im Medaillenrennen, das 1:5 gegen die Russinnen bedeutete ein Duell mit Belarus um Bronze.
Am Ende war es ein souveräner 5:1-Erfolg – besiegelt von Lisa Unruh mit einer Zehn. Feiern wollten sie den Erfolg eher ruhig: „Das Deutsche Haus ist immer schön. Dass es hier fehlt, ist genauso richtig und schade zugleich, dass hier keine Zuschauer waren“, sagte Michelle Kroppen. Mit Blick auf das Einzel am Freitag sagte Lisa Unruh zwinkernd: „Wir gönnen uns heute richtig was und spielen Karten.“