Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Urlaub an der Rennstrecke
28.000 Zuschauer verfolgen die IDM-Rennen am Schleizer Dreieck. Lokalmatador springt aufs Podium
Eine Kreisstadt im Ausnahmezustand – wenn die Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft (IDM) in Schleiz gastiert, ist dies keine Übertreibung. Ein ganzes Wochenende dröhnten in acht Klassen die Motoren. Sechzehn Rennen Motorsport entlang von Seng und Buchhübel – und die Menschen kamen in Scharen.
Sie reisten mit Wohnwagen und Anhängern aus allen Regionen Deutschlands, aus Österreich, Frankreich, Luxemburg oder Dänemark an. Ebenso die 187 Starter aus 18 Nationen, mit Dino Iozzo ein Supersport-Fahrer aus Südafrika.
28.000 Zuschauer waren es zur 86. Veranstaltung an den vergangenen drei Tagen. Balsam für die Seele der Rennsportfans nach zwei Jahren Zwangspause. Das freute auch Achim Strauss vom veranstaltenden MSC Schleizer Dreieck: „Es ist ein bisschen wie früher, endlich wieder viele Gleichgesinnte auf einem Fleck, bei so einem Event.“Er und zirka 80 Vereinsmitglieder gehörten zu den knapp 400 Helfern, die im Dauereinsatz waren. „Wenn man am Ende des Tages nicht groggy ist, dann ist auch was verkehrt.“
Bereits bei der Anfahrt wird man mit dem Fieber Schleizer Dreieck angesteckt. Darian vom Jugendclub
Oberböhmsdorf hilft am Samstag und Sonntag, dass alle Anreisenden einen sicheren Stellplatz finden. „Ab 7 Uhr sind wir hier und weisen ein. Viele Stammbesucher kennen das Prozedere, sind entspannt. Schleizer Dreieck macht einfach Spaß“, sagt er. An seiner Seite Toni, bereits zum achten Mal als Einweiser dabei. „Samstagmittag waren es schon 12.000 Zuschauer, über 1000 Autos haben wir durchgelassen – pro Tag“, sagt er. Dreieckrennen in Schleiz bedeutet Charme und Nostalgie. Umfunktionierte Baracken, alte Toilettenhäuschen, Deutschlands älteste Naturrennstrecke, auf der heute die Motorräder und Montag wieder die LKW im Straßenverkehr
ihre Fahrten machen. Die Fans vor Ort lieben es. Sven und Frank Langschaedel kommen seit Jahrzehnten an die Strecke. Die Regensburger sind Seitenwagen-Enthusiasten. Hier in Schleiz hat Vater Frank einst seine erste Vita-Cola getrunken, Sohn Sven fuhr bis 2006 selbst noch mit. Sie treffen regelmäßig auf Uli Weise. Der 82-Jährige aus Gera besucht die Rennen seit 1959.
Das Wochenende könnte problemlos von alten Geschichten und Anekdoten gefüllt werden. Von denen hat auch Maico Gerster reichlich, war als Mechaniker viele Jahre an der Seite vom 14-maligen Rallye Paris-Dakar-Sieger Stéphane Peterhansel auf der ganzen Welt unterwegs. „Die Menschen in Schleiz sind sehr fachkundig und es geht herzlich zu. Es ist weit mehr als nur ein Rennen“, sagt der 59-jährige, bevor der Gruß über 20 Meter in Richtung Henry Limmer geht, dem letzten DDR-Tourenwagenmeister.
Superbike 1000-Pilot Julian Puffe auf den Plätzen vier und fünf
Sie alle wollen die neue Generation sehen, beispielsweise Superbike1000-Pilot Julian Puffe. Entspannt sitzt dieser im Fahrerlager, die Qualifyings liefen gut, am Rennsonntag reichte es für die Plätze fünf und vier. Zum modernen Rennsport gehört längst mehr als die Fahrt an sich. Die Teams präsentieren ihre blitzblanken Maschinen, Souvenirs liegen aus, Fahrer stehen bereit für Gespräche mit Fans und Sponsoren. Ein Schaulaufen um die Gunst der nächsten Jahre.
Die Fahrer genießen es, nirgends werden so viele Autogramme geschrieben wie hier. Nicht minder lebendig das Geschehen auf den beiden Campingplätzen, direkt an der Strecke, wo minütlich am Gasgriff gezogen wird, der Geruch von Benzin und abgeriebenen Reifen quasi nie verfliegt. Volksfestflair, Urlaub an der Rennstrecke, viele reisen Tage vorher an und schlagen die Zelte samt Bassboxen oder kleinem Pool auf. Willkommene Abkühlung bei über 30 Grad Celsius Außentemperatur an diesem Wochenende.
Sportlich konnte Lokalmatador Micky Winkler die Fans begeistern, wurde beim Doppelsieg von Dirk Geiger guter Zweiter und Vierter in der Supersport 300. Als Beifahrer im Seitenwagen war der Triebeser Luca Schmidt in beiden Läufen nicht zu schlagen. Die Königsdisziplin Supersport 1000 dominierten unterdessen Markus Reiterberger und Ilya Mikhalchik.
Egal welche Position – sie alle bekommen von den Zuschauern die wedelnden Mützen und Programmhefte als Zeichen der Anerkennung gezeigt. Das ist Schleizer Dreieckrennen. Endlich wieder.