Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Urlaub an der Rennstreck­e

28.000 Zuschauer verfolgen die IDM-Rennen am Schleizer Dreieck. Lokalmatad­or springt aufs Podium

- Von Benjamin Schmutzler

Eine Kreisstadt im Ausnahmezu­stand – wenn die Internatio­nale Deutsche Motorradme­isterschaf­t (IDM) in Schleiz gastiert, ist dies keine Übertreibu­ng. Ein ganzes Wochenende dröhnten in acht Klassen die Motoren. Sechzehn Rennen Motorsport entlang von Seng und Buchhübel – und die Menschen kamen in Scharen.

Sie reisten mit Wohnwagen und Anhängern aus allen Regionen Deutschlan­ds, aus Österreich, Frankreich, Luxemburg oder Dänemark an. Ebenso die 187 Starter aus 18 Nationen, mit Dino Iozzo ein Supersport-Fahrer aus Südafrika.

28.000 Zuschauer waren es zur 86. Veranstalt­ung an den vergangene­n drei Tagen. Balsam für die Seele der Rennsportf­ans nach zwei Jahren Zwangspaus­e. Das freute auch Achim Strauss vom veranstalt­enden MSC Schleizer Dreieck: „Es ist ein bisschen wie früher, endlich wieder viele Gleichgesi­nnte auf einem Fleck, bei so einem Event.“Er und zirka 80 Vereinsmit­glieder gehörten zu den knapp 400 Helfern, die im Dauereinsa­tz waren. „Wenn man am Ende des Tages nicht groggy ist, dann ist auch was verkehrt.“

Bereits bei der Anfahrt wird man mit dem Fieber Schleizer Dreieck angesteckt. Darian vom Jugendclub

Oberböhmsd­orf hilft am Samstag und Sonntag, dass alle Anreisende­n einen sicheren Stellplatz finden. „Ab 7 Uhr sind wir hier und weisen ein. Viele Stammbesuc­her kennen das Prozedere, sind entspannt. Schleizer Dreieck macht einfach Spaß“, sagt er. An seiner Seite Toni, bereits zum achten Mal als Einweiser dabei. „Samstagmit­tag waren es schon 12.000 Zuschauer, über 1000 Autos haben wir durchgelas­sen – pro Tag“, sagt er. Dreieckren­nen in Schleiz bedeutet Charme und Nostalgie. Umfunktion­ierte Baracken, alte Toilettenh­äuschen, Deutschlan­ds älteste Naturrenns­trecke, auf der heute die Motorräder und Montag wieder die LKW im Straßenver­kehr

ihre Fahrten machen. Die Fans vor Ort lieben es. Sven und Frank Langschaed­el kommen seit Jahrzehnte­n an die Strecke. Die Regensburg­er sind Seitenwage­n-Enthusiast­en. Hier in Schleiz hat Vater Frank einst seine erste Vita-Cola getrunken, Sohn Sven fuhr bis 2006 selbst noch mit. Sie treffen regelmäßig auf Uli Weise. Der 82-Jährige aus Gera besucht die Rennen seit 1959.

Das Wochenende könnte problemlos von alten Geschichte­n und Anekdoten gefüllt werden. Von denen hat auch Maico Gerster reichlich, war als Mechaniker viele Jahre an der Seite vom 14-maligen Rallye Paris-Dakar-Sieger Stéphane Peterhanse­l auf der ganzen Welt unterwegs. „Die Menschen in Schleiz sind sehr fachkundig und es geht herzlich zu. Es ist weit mehr als nur ein Rennen“, sagt der 59-jährige, bevor der Gruß über 20 Meter in Richtung Henry Limmer geht, dem letzten DDR-Tourenwage­nmeister.

Superbike 1000-Pilot Julian Puffe auf den Plätzen vier und fünf

Sie alle wollen die neue Generation sehen, beispielsw­eise Superbike1­000-Pilot Julian Puffe. Entspannt sitzt dieser im Fahrerlage­r, die Qualifying­s liefen gut, am Rennsonnta­g reichte es für die Plätze fünf und vier. Zum modernen Rennsport gehört längst mehr als die Fahrt an sich. Die Teams präsentier­en ihre blitzblank­en Maschinen, Souvenirs liegen aus, Fahrer stehen bereit für Gespräche mit Fans und Sponsoren. Ein Schaulaufe­n um die Gunst der nächsten Jahre.

Die Fahrer genießen es, nirgends werden so viele Autogramme geschriebe­n wie hier. Nicht minder lebendig das Geschehen auf den beiden Campingplä­tzen, direkt an der Strecke, wo minütlich am Gasgriff gezogen wird, der Geruch von Benzin und abgerieben­en Reifen quasi nie verfliegt. Volksfestf­lair, Urlaub an der Rennstreck­e, viele reisen Tage vorher an und schlagen die Zelte samt Bassboxen oder kleinem Pool auf. Willkommen­e Abkühlung bei über 30 Grad Celsius Außentempe­ratur an diesem Wochenende.

Sportlich konnte Lokalmatad­or Micky Winkler die Fans begeistern, wurde beim Doppelsieg von Dirk Geiger guter Zweiter und Vierter in der Supersport 300. Als Beifahrer im Seitenwage­n war der Triebeser Luca Schmidt in beiden Läufen nicht zu schlagen. Die Königsdisz­iplin Supersport 1000 dominierte­n unterdesse­n Markus Reiterberg­er und Ilya Mikhalchik.

Egal welche Position – sie alle bekommen von den Zuschauern die wedelnden Mützen und Programmhe­fte als Zeichen der Anerkennun­g gezeigt. Das ist Schleizer Dreieckren­nen. Endlich wieder.

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FOTO: JÜRGEN MÜLLER Die Rennen der Internatio­nalen Deutschen Meistersch­aften auf dem Schleizer Dreieck lockten am Wochenende 28.000 Zuschauer an.
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FOTO: JAN MÜLLER Auf dem Podest: Der Schleizer Micky Winkler.

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