Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
„Die AJS gehört allen in der Awo“
Katja Glybowskaja und Andreas Krauße bleiben länger an der Spitze, als sie selbst wollten
Ein Jahr wollten Katja Glybowskaja und Andreas Krauße an der Spitze der skandalumwitterten Arbeiterwohlfahrt-Tochter AJS bleiben. Beide sind immer noch damit beschäftigt, die Vergangenheit aufzuarbeiten.
Im Juni 2020 wurden Sie Interimsgeschäftsführer, jetzt sind Sie immer noch da. Wie kommt’s denn?
Krauße: Wir haben unterschätzt, wie sich der Wandlungsprozess bei der Awo AJS gestaltet. Manchmal wollten wir vielleicht zu schnell zu viel. Es hat sich aber gezeigt, dass sich nicht alle Baustellen in einem Jahr beräumen lassen. Der Aufsichtsrat hat uns deshalb gefragt, ob wir verlängern. Das Schiff ist, wenn man so will, zwar auf hoher See gewendet worden, aber es muss noch mal richtig Fahrt aufnehmen.
Was heißt das konkret?
Krauße: Der Awo-Kreisverband Saalfeld-Rudolstadt entsendet mich auf der Grundlage eines Geschäfts besorgungs vertrags noch bis zum 31. Dezember 2022 an die AJS.
Glybowskaja:Vo reinem Jahr steckte dieAwoAJS in einer unvergleichlichen Krise. Der erste Schritt war deshalb, dass zwei Vertreter aus starken Verbänden die Leitung übernehmen. Damals wusste aber keiner, wie sich das langfristig gestaltet. Funktioniert diese Idee? Bekommen wir von Aufsichtsrat, Gesellschaftern und Mitarbeitern den Zuspruch, den es für den Neuanfang braucht? Es hat sich gezeigt, dass es funktioniert hat. Deshalb haben auch wir beide gesagt: Wir würden diese Verantwortung gern weiter übernehmen. Bei mir ist es so, dass ich inzwischen aus dem AwoRegionalverband Mitte-West-Thüringen ausgeschieden und seit April als Landesgeschäftsführerin beim Awo-Landesverband angestellt bin. Der Awo-Landesverband hat mit der AJS einen unbefristeten Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen.
Damit haben Sie gleich zwei wichtige Spitzenämter bei der Awo inne. Mancher spricht deshalb schon davon, dass das System Glybowskaja das System Hack abgelöst hat…
Glybowskaja: Der Gedanke hinter der Zusammenführung beider Ämter ist, die AJS als Tochtergesellschaft wieder stärker an den Landesverband heranzuführen. Gleichzeitig verlangt der Awo-Governance-Kodex, dass es nicht zu Interessenkollisionen kommt. So ist in meinem Fall zum Beispiel vertraglich ausgeschlossen, als Landesgeschäftsführerin in die AJS hinein durchzuregieren und umgekehrt. Wir wollen wieder dahin kommen, dass die Awo Thüringen gemeinsam an einem Tisch sitzt, wenn es um die AJS geht. Vielleicht wird man später sagen: Gut, dass Glybowskaja da ist, weil sie gemeinsam mit anderen die Thüringer Awo wieder zusammengeführt hat.
Es war ja ein großer Kritikpunkt der Verbände, dass sich die AJS verselbstständigt hatte.
Krauße: Genau. Deshalb sind wir auch angetreten, in die Änderung der AJS-Satzung alle Gliederungen einzubeziehen. Das braucht aber Zeit, um es gut zu machen.
Glybowskaja: Bei einer Klausur haben alle Awo-Verbände ihre Erwartungen formuliert, die in einen ersten Satzungsentwurf flossen. Anschließend konnten sie dazu Stellung nehmen. Unser nächstes Treffen mit allen Gliederungen ist im September, dort stellen wir dann den überarbeiteten Satzungsentwurf vor.
Krauße: Ziel ist es, dass jeder Verband die AJS als seine Gesellschaft begreift und die AJS allen in der Thüringer Awo gehört. Glybowskaja: Ziel sollte eine Mitsprache der Gliederungen und keine Zerschlagung der AJS sein. Diese Sorge hatten sehr viele.
Es gab doch aber vereinzelt den Wunsch, Einrichtungen, die die AJS übernommen hat, an die Verbände zurückzugeben.
Glybowskaja: Solche Erwartungen gab es genauso wie die, dass die AJS die ehrenamtliche Tätigkeit der Verbände unterstützt.
Krauße: Wir haben deshalb in diesem Jahr im Wirtschaftsplan erstmals eine beträchtliche Summe für die Unterstützung gemeinnütziger Aufgaben eingestellt.
Wenn wir schon beim Geld sind: Wie ist es derzeit finanziell um die AJS bestellt?
Krauße: Deutlich besser als im vergangenen Jahr. Die Liquidität der AJS hat sich verbessert, weil wir einige Projekte, die noch unter der alten Geschäftsführung angeschoben wurden, nicht realisiert haben. Wir investieren stattdessen verstärkt in unsere Einrichtungen. Das Geschäftsjahr 2020 hat die AJS mit einem leichten Gewinn von 1,7 Millionen Euro abgeschlossen.
Haben Sie den Awo-GovernanceKodex in der AJS implementiert? Unter Ihren Vorgängern ist das nicht passiert.
Glybowskaja: Ja, das ist im ersten Quartal des laufenden Jahres passiert. Unser Ziel ist es auch, den Gremien bis zum 31. Dezember 2021 ein Compliance-Management-System vorzustellen, in dem sich unter anderem auch eine Dienstwagenrichtlinie findet.
Haben Sie den Ermittlungsbehörden den Revisionsbericht der externen Wirtschaftsprüfer zur Verfügung gestellt?
Glybowskaja: Ja, das haben wir. Wir haben transparent mit allen Prüfinstanzen zusammengearbeitet.